Essen. Wo Michel Friedman und der streitbare Berliner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky über Asylpolitik diskutieren, müssten doch eigentlich die Fetzen fliegen, oder? Nein, die Maischberger-Runde am Dienstagabend war sich ermüdend einig. Nur ein Schweizer störte das friedliche Geplänkel.

Wenn eine Talkshow gut sein will, muss sie ein Thema behandeln, das die Menschen bewegt, über das man sich empören kann. Keine Frage, diesbezüglich hat Sandra Maischberger am Dienstag alles richtig gemacht. „Wut auf Asylbewerber: Sind wir Ausländerfeinde?“ hieß das Thema, das zweifellos polarisiert. Die Proteste am am neueröffneten Flüchtlingsheim in Berlin-Hellersdorf und die Eskalation an einem Roma bewohnten Haus in Duisburg sind Beweis genug.

Auch bei der Gästeliste hatte Maischbergers Redaktion gute Arbeit geleistet. Michel Friedman, ehemals stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats der Juden und selbst Talkmaster, ist als scharfzüngiger Kritiker der Politik bekannt. Auch Heinz Buschkowsky, Bürgermeister des Berliner Problembezirks Neukölln, ist ein streitbarer Geist, der sich mit der Problematik auskennt. Im vergangenen Jahr verhinderte er die Eröffnung einer Asylbewerberunterkunft in seinem Bezirk.

ARD-Journalistin lebte undercover im Asylbewerberheim

Dazu die ARD-Journalistin Caroline Walter, die zu Recherchezwecken vier Wochen lang in einem Asylbewerberheim lebte, und die Moderatorin Khadra Sufi, die als Kind aus Somalia kam und am eigenen Leib erlebte, wie es ist, Asylbewerber in Deutschland zu sein. Der stellvertretende Chefredakteur der Schweizer „Weltwoche“, Philipp Gut, komplettierte die Runde.

Und die war sich in vielen Punkten sehr schnell sehr einig: Asylbewerber werden als Kriminelle stigmatisiert. Die Lebensbedingungen in vielen Flüchtlingsheimen sind nicht menschenwürdig. Die Politik ist schuld, weil sie das Problem lieber aussitzt, als es anzugehen. Das mag alles nicht falsch sein – der Diskussion war diese Einhelligkeit jedoch sehr abträglich.

Zu viel Einigkeit lähmte die Diskussion bei Maischberger

Was fehlte, war ein Antagonist, ein Gegenspieler. Offenbar hatte die Redaktion versucht, Anwohner aus Berlin-Hellersdorf zu überzeugen, ihren Standpunkt in der Sendung zu vertreten – ohne Erfolg.So blieb es Philipp Gut von der konservativen „Weltwoche“ überlassen, den Teufelsanwalt zu spielen.

Genussvoll wies er auf Erhebungen hin, wonach die Kriminalität in der Nachbarschaft von Flüchtlingsheimen sehr wohl zunehme, und betonte den hohen Anteil an abgelehnten Asylanträgen. Das erregte zwar kurzfristig die Gemüter, sorgte aber nicht für eine anhaltende Diskussion.

Khadra Sufi kam als Asylbewerberin nach Deutschland

In Ermangelung an Debattenstoff ließ Sandra Maischberger deshalb auch Khadra Sufi viel Zeit, um ausführlich über ihre Kindheit im Bürgerkriegsland Somalia und die Flucht nach Deutschland zu erzählen.

Das war bewegend, brachte den Zuschauer, der sich eine Meinung über die deutsche Asylpolitik und die Proteste vor den Flüchtlingsheimen bilden wollte, aber nicht wirklich weiter. Wer sich bislang nicht mit dem Asyl-Problem auseinandergesetzt hat, sieht nach dieser Sendung auch keine Veranlassung dazu.

Proteste vor Flüchtlingsheim

Bei mehreren Demonstrationen gegen ein ...
Bei mehreren Demonstrationen gegen ein ... © dpa
... neu eröffnetes Flüchtlingsheim im Berliner Stadtteil Hellersdorf ...
... neu eröffnetes Flüchtlingsheim im Berliner Stadtteil Hellersdorf ... © dpa
... sind 25 Demonstranten festgenommen ...
... sind 25 Demonstranten festgenommen ... © dpa
... und 34 Ermittlungsverfahren eingeleitet worden.
... und 34 Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. © dpa
Die ersten der 200 Frauen, Männer und Kinder haben seit Montag die Notunterkunft bezogen. Viele von ihnen stammen aus Krisenländern wie Syrien und Afghanistan.
Die ersten der 200 Frauen, Männer und Kinder haben seit Montag die Notunterkunft bezogen. Viele von ihnen stammen aus Krisenländern wie Syrien und Afghanistan. © dpa
Den rechten Demonstranten ...
Den rechten Demonstranten ... © dpa
... standen rund 400 Gegendemonstranten ...
... standen rund 400 Gegendemonstranten ... © dpa
... gegenüber.
... gegenüber. "Trotz der konsequenten Trennung beider Lager" hätten ... © dpa
... die Gegendemonstranten
... die Gegendemonstranten "vereinzelt Eier, Holzlatten und Holzpflöcke in Richtung der anderen Kundgebung" geworfen, erklärte die Polizei. © dpa
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