Essen. . Nach dem von Protesten begleiteten Einzug erster Flüchtlinge in ein Asylbewerberheim in Berlin bleibt die Lage angespannt. Die Situation erinnert fatal an Lichtenhagen. Fakt ist: Es gibt kein Asylbewerberproblem. Die Flüchtlinge bedrohen weder die Sicherheit noch den Wohlstand in Deutschland.

Sie werden beschimpft, ausgebuht, auf sie werden Flaschen geworfen. Sie müssen Spießruten laufen, bevor sie sich in Sicherheit wiegen können. Es gibt Rufe wie „Zuwanderung stoppen“. Was den Asylbewerbern vor ihrer Notunterkunft in Berlin-Hellersdorf gerade widerfährt, erinnert fatal an Lichtenhagen. Vor 21 Jahren mischten sich dort angereiste rechtsextreme Randalierer unter die Anwohner des Rostocker Stadtteils, zündeten die Aufnahmestelle für Asylbewerber mit Molotowcocktails an, beließen die vom Feuer eingeschlossenen Vietnamesen hilflos in ihrer Todesangst und blockierten sogar noch den Weg der anrückenden Feuerwehr.

Doch es sind nicht nur die Bilder, die einen Vergleich zulassen. Damals wie heute wenden die rechtsextremen Trupps dieselbe Taktik an: Sie geben sich bürgerlich, um Volkes Stimmung in der Schlussphase eines themenarmen Bundestagswahlkampfes anzuheizen. Gleichzeitig können sie ihre Feigheit gut in der Masse verstecken.

43 000 Asylerstanträge in diesem Jahr

Es gibt kein Asylbewerberproblem in Deutschland. In diesem Jahr hat es 43 000 Asylerstanträge gegeben. Ja, das ist ein starker Anstieg gegenüber 2012. Aber es ist aber ein Zehntel der Zahl der Asylbewerber, die in den 90er-Jahren, nach der Einheit und den Umbrüchen in Europa, in unser Land kamen. Wer heute mit der Zuwanderung Wahlkampf zu machen glaubt, der liegt wirklich erbärmlich daneben.

In Hellersdorf sind es Iraker, Afghanen, Syrer, die in der Bundesrepublik Unterschlupf suchen. Sie kommen aus Ländern, wo ihre Sicherheit im Augenblick keineswegs garantiert ist.

Anderswo erreichen uns derzeit viele Tschetschenen. Offiziell weiß die Bundesregierung wenig, warum das so ist. Es gibt Hinweise, dass Schlepper in den Kaukasusregionen der Russischen Föderation die vom Bundesverfassungsgericht angeordnete Heraufsetzung der Leistungen an Asylbewerber nutzen, um dort unwahre Gerüchte über ein hohes „deutsches Begrüßungsgeld“ zu streuen.

Ist dies so, müsste die Bundesregierung wirksam für Aufklärung vor Ort sorgen. Doch auch so bedroht die verstärkte Einreise in keinem Fall Sicherheit und Wohlstand in Deutschland.

Im Gegenteil: Dieses Land, das überaltert. Es braucht Menschen. Nur eine gewagte, schöne Idee: Vielleicht sind unter den Ankömmlingen von heute, mögen sie aus Not oder Angst um ihr Leben ums grundgesetzlich garantierte Asyl bitten, einige wenige, die morgen helfen, den Wohlstand in diesem reichen Land aufrecht zu erhalten.