Essen. Beim Polit-Talk “Absolute Mehrheit“ bei ProSieben geht es Moderator Stefan Raab nicht nur um Politik. Das bewies er auch am Sonntagabend und ließ seine Gäste kurzerhand erstmal über Fußball diskutieren. Der Linke-Spitzenkandidat Klaus Ernst überzeugte zwar die Zuschauer, ein Gewinner war er am Ende aber nicht.
Zum fünften Mal führte Moderator Stefan Raab durch seinen Polit-Talk „Absolute Mehrheit – Meinung muss sich wieder lohnen“ und konnte erneut auf prominente Gäste zählen. Linken-Spitzenkandidat Klaus Ernst war dabei sicherlich der interessanteste, aber auch Fußball-Kommentator Wolff-Christoph Fuss und NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) versprachen Spannung.
Zudem waren Piraten-Spitzenkandidatin Cornelia Otto und der Vorsitzende der Jungen Liberalen Lasse Becker zu Gast. Was sich hochkarätig anhörte, entpuppte sich aber erneut als größtenteils uninspirierter und oberflächlicher Talk, der streckenweise gar nichts mit Politik zu tun hatte.
Trotzdem oder gerade deswegen gelingt es Raab aber in letzter Zeit wie keinem anderen, das junge Publikum vor die Bildschirme zu holen. Im Wahljahr ist das für die Politik von großem Interesse, entsprechend schicken die Parteien immer öfter bekannte Gesichter in die Show.
Stefan Raab diskutiert bei „Absolute Mehrheit“ Fußball statt Politik
Die Themenauswahl erwies sich als dankbar auch für diejenigen Gäste, die inhaltlich eher wenig beizutragen hatten. „Erfolgsmodell deutscher Fußball. Der Triumph in Wembley: Was kann die Politik vom Fußball lernen?“ war das erste Thema. Dass dabei keine neuen Erkenntnisse herumkommen würden, war von vornherein klar. Aber hat die gezielte Jugendförderung und die geglückte Integration von Sportlern mit Migrationshintergrund Vorbildcharakter für die Politik?
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Daraus hätte eine interessante Diskussion entstehen können, wenn nicht erst einmal ausführlich das Champions-League-Finale besprochen worden wäre. Wer den Sonntag nicht völlig abgeschottet von der Außenwelt verbracht hat, hatte am Abend allerdings schon genug Nachberichte des Bayern-Triumphs gesehen, um das noch spannend zu finden.
Wer das Spiel wo und mit wem geguckt hatte, das waren die brennenden Fragen der ersten halben Stunde. Mit Polit-Talk hatte das wenig zu tun. FDP-Politiker Lasse Becker hoffte, dass Kanzlerin Angela Merkel nicht wieder in die Umkleiden gegangen war. Raab warf die wichtige Frage ein, ob Merkel denn überhaupt ein wirklicher Fußball-Fan sei oder das Stadion nur wegen der schönen Bilder besuche.
Klaus Ernst eröffnet die Diskussion über Fußballergehälter
Gar eine „besondere Nähe“ zu Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm wurde ihr von Co-Moderator Robin Alexander unterstellt. Unklar blieb glücklicherweise, inwiefern sich diese Nähe äußert. Ob die Politik nun vom Fußball lernen könne, konnte nicht abschließend beurteilt werden. „Sehr schwierig zu vergleichen“, fand Piraten-Spitzenkandidatin Cornelia Otto, die zum ersten Mal an einer Talkshow teilnahm und sich dementsprechend im Hintergrund hielt. „Eigentlich habe ich auch gar nicht wirklich Ahnung von Fußball“, so ihr entwaffnendes Geständnis.
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Der Linke Klaus Ernst, Bayern-Fan aus München, lobte den Teamgeist der Mannschaften. „Die haben alle ein gemeinsames Ziel, da können sich die Parteien noch etwas abschauen.“ Dann kam er zum eigentlichen Anliegen seiner Partei. „Es kann nicht richtig sein, dass die Krankenschwester im Gegensatz zum Fußballer so viel weniger verdient.“ Sicherlich wahr, aber wenig zielführend.
Ebenso so wenig durchdacht kam die Forderung der Piraten nach einem bedingungslosen Grundeinkommen für alle Deutschen daher. Dieses zweite Thema erwies sich als Desaster für Piraten-Politikerin Cornelia Otto. „Leute, die ungefähr 1000 Euro im Monat vom Staat erhalten, sind dann kreativer, als wenn sie kein Geld bekommen“, so ihre steile These.
Ernst verpasst die "Absolute Mehrheit" bei den Zuschauern
Für FDP-Politiker Lasse Becker war das ein gefundenes Fressen. „Der Staat muss nicht dafür sorgen, dass jeder Geld geschenkt bekommt.“ Und Raab hakte nach, ob das Geld dann auch an den Rentner in seinem Feriendomizil im thailändischen Paradise Beach überwiesen werden könne.
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NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin fürchtete eine Entwertung der Arbeit. „Ich bin für den Mindestlohn, aber nicht für einen Pauschalbetrag an jeden.“ Ernst sah das ähnlich. „Es ist sinnlos, jeden Monat Geld an Menschen zu zahlen, die das Geld nicht brauchen. Man muss die Sozialleistungen für diejenigen erhöhen, die es am nötigsten haben.“
Auch beim Thema Politikverdrossenheit gab's wenig Erhellendes. Nach 90 Minuten eher unfruchtbarer Diskussion stimmte die Mehrheit der Zuschauer für Klaus Ernst, der jedoch nicht die "Absolute Mehrheit" erreichte und die 200.000 Euro aus dem Topf nicht mit nach Hause nehmen konnte. Nach der Sommerpause sind im September nun 300.000 Euro zu gewinnen. Weil die Bundestagswahl dann direkt vor der Türe steht, sind auch in der nächsten Show hochrangige Politiker zu erwarten.