Essen. Mittwoch beginnt der Prozess gegen Beate Zschäpe, die als Teil der Terrorzelle NSU für die Mittäterschaft bei zehn Morden angeklagt ist. Wie das Verhältnis von Zschäpe und ihren beiden Lebenspartnern, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, war und wie sie ihnen bei den Morden geholfen haben soll, beleuchtet eine Dokumentation der ARD.

Vom koketten Teenager zur Terroristin, das war der Weg von NSU-Mitglied Beate Zschäpe. Gemeinsam mit ihren Lebenspartnern Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt soll sie zehn Morde geplant und durchgeführt haben. Nur den Abzug, den hat sie nicht gedrückt. Zschäpes Lebensweg und ihre Bedeutung für die Terrorgruppe erläutert eine Dokumentation aus der ARD-Reihe „Die Story: Der Zschäpe-Prozess. Brauner Terror vor Gericht“.

Die ARD zeigt hier viele Videoaufnahmen aus der Zeit, bevor die NSU in den Untergrund gegangen ist, etwa von einem Neonazi-Fußballturnier, bei dem Uwe Böhnhardt in Springerstiefeln als Schiedsrichter auftritt. Auch Weggefährten und Familienmitglieder Beate Zschäpes kommen zu Wort. Beispielsweise ihr Cousin Stefan A., der für Zschäpe wie ein Bruder gewesen sein soll. Er erinnert sich an eine unauffällige, fröhliche junge Frau. Auch ein Zellengenosse von Uwe Böhnhardt hat Zschäpe in Erinnerung als einen kumpelhaften Typ: „Sie war gut integriert, nicht die Frau hinterm Herd“. Für Mundlos und Böhnhardt soll sie dann aber genau das gewesen sein: Diejenige, die die Fassade eines normalen Lebens aufrecht hielt. Die perfekte Organisatorin im Hintergrund.

Organisatorin im Hintergrund

So soll sie für die Logistik des Trios verantwortlich gewesen sein. Sie habe, so die Anklage, das Geld verwaltet, das ihre Lebensgefährten bei ihren Raubüberfällen erbeuteten. Damit habe sie Waffen gekauft, gefälschte Pässe und habe das Leben im Untergrund finanziert. Gleichzeitig gab Beate Zschäpe der Gruppe nach außen hin den Anschein von Normalität. Sie ist den Nachbarn in Zwickau, wo die drei von 2003 bis 2008 lebten, als nette, aufgeschlossene Frau in Erinnerung geblieben.

Der erste Hinweis darauf, dass Zschäpe mehr war als bloß die Begleiterin von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, hatte der Verfassungsschutz bereits, als das Trio damit begann, in einer Garage Bomben zu bauen. Die Garage war von Zschäpe angemietet worden. Mario Melzer, damals Ermittler beim Staatsschutz Thüringen, erinnert sich in der ARD-Dokumentation an die fatalen Ermittlungspannen zu dieser Zeit. Der Zugriff auf die drei Bombenbauer sei nur deshalb gescheitert, weil man einen Spitzel in Neonazi-Kreisen haben schützen wollen.

In der Garage war auch eine Adressliste gefunden worden, die aber nicht zur Fahndung herangezogen wurde. Freunde des Trios in Chemnitz wurden zwar observiert, Uwe Böhnhardt wurde währenddessen sogar fotografiert, erkannt oder gar gefasst hat ihn aber niemand. Sogar Zschäpes Cousin wundert sich, wie die Polizei so blind habe sein können. Dass Beate Freunde in Chemnitz hatte, sei bekannt gewesen. Dass niemand dort fahndete unverständlich.

Zschäpe droht eine lebenslange Haftstrafe

Im Prozess gegen Beate Zschäpe, das letzte lebende Mitglied der NSU-Terrorzelle, werden diese Ermittlungspannen wohl nicht ergründet werden, vermutet ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam: „Behördenversagen ist nicht das Hauptthema dieses Prozesses.“

Zu Wort kommt in dieser Dokumentation auch die Witwe eines Opfers, Yvonne Boulgarides. Ihr Mann Theo wurde von der NSU in seinem Geschäft erschossen. Seine Familie hofft nun, dass der Prozess zur Aufklärung des Mordes beiträgt, denn bisher hat sich Beate Zschäpe noch zu keiner Tat geäußert.

Wie Beate Zschäpe zur Terroristin wurde, kann wohl nur sie selber erklären. Angeblich will sie aber weiter schweigen. Wird sie in dem jetzt beginnenden Prozess wegen Mittäterschaft verurteilt, droht ihr eine lebenslange Haftstrafe.