Essen. Nach dem Streit um die Vergabe der Presseplätze an ausländische Medien hat das Oberlandesgericht München den Beginn des NSU-Prozesses nun vom 17. April auf den 6. Mai verschoben. Eine Blamage für das Oberlandesgericht München, meint unser Kommentator Walter Bau.
Der Prozess um die NSU-Mordserie wird um knapp drei Wochen verschoben – das ist eine Blamage für das Oberlandesgericht München. Eine Blamage, die sich die Verantwortlichen leicht hätten ersparen können. Hätten sie die Kritik an ihrem Vergabeverfahren für die Presseplätze frühzeitig ernst genommen, statt sich stur und arrogant hinter ihrer einmal getroffenen Entscheidung zu verschanzen. Dass deshalb das Bundesverfassungsgericht als oberste juristische Instanz der Republik eingeschaltet werden musste, um die Münchner Entscheidung zu korrigieren, ist beinahe lächerlich.
Damit setzt sich die Serie von Pannen, Fehlern und Versäumnissen, die den „Fall NSU“ von Anfang an begleitet hat, auch in der juristischen Aufarbeitung vor Gericht fürs Erste fort. Am Anfang stand das Versagen der Geheimdienste, die jahrelang nicht mitbekamen, dass eine Bande Rechtsradikaler mordend durch die Republik zog. Nach dem Nagelbombenanschlag von Köln verkündete zudem der Bundesinnenminister voreilig, es gebe keinen rechtsradikalen Hintergrund – was sich als falsch herausstellte. Als der NSU schließlich aufflog, wurden in den Verfassungsschutzämtern eiligst die Aktenschreddermaschinen angeworfen und reichlich Dokumente über die Fahndung in der rechten Szene vernichtet. Es folgten reihenweise Rücktritte.
Nun also die Prozessverschiebung. Das ist noch kein Debakel, aber eine unnötige Peinlichkeit. Der NSU-Prozess steht auch außerhalb Deutschlands unter Beobachtung der Öffentlichkeit. Es ist zu hoffen, dass das Oberlandesgericht in München das Mammut-Verfahren, das sich über mindestens zwei Jahre ziehen dürfte, souveräner und mit mehr Fingerspitzengefühl führt als es das Vorgehen bei der Platzvergabe befürchten lässt.