Essen. In Umfragen hat Stefan Raab die absolute Mehrheit gegen sich. 61 Prozent der Deutschen wollen ihn nicht als Moderator des Kanzlerduells sehen. Dass sie richtig liegen, zeigte die zweite Ausgabe seiner Polit-Gameshow “Absolute Mehrheit“ auf ProSieben.
So richtig trauen sie ihm immer noch nicht. Auch in der zweiten Ausgabe von „Absolute Mehrheit“ schickten die großen Parteien nur die zweite Garde in Stefan Raabs Polit-Talk. Und das wenige Tage, nachdem Edmund Stoiber den ProSieben-Mann als Wunschmoderator für das Kanzlerduell ins Gespräch gebracht hatte. Immerhin war mit Dorothee Bär (CSU), Katja Dörner (Bündnis 90/Die Grünen), Linda Teuteberg (FDP) und Yvonne Ploetz (Die Linke) die Frauenquote erfüllt. Hinzu kam Musiker und Comedian Olli Schulz – als Mann aus dem Volk, vermutlich.
Die Zurückhaltung der Parteien ist berechtigt. Laut einer Emnid-Umfrage wollen 61 Prozent der Deutschen Raab nicht im Talk mit Merkel und Steinbrück sehen. Selbst in der angeblich Raab-affinen Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen sind knappe 51 Prozent dagegen. Vielleicht wäre auch Peer Steinbrück besser bei seiner ursprünglichen Ablehnung geblieben. Als geeigneter Polit-Talker empfahl sich Raab in der zweiten Folge von „Absolute Mehrheit“ wieder nicht.
Stefan Raab scheitert an der eigenen Lustlosigkeit
Das Problem war weniger mangelnde Kompetenz als Lustlosigkeit. Nach der 550. TV-Total-Wok-WM-Turmspring-Stockcar-Poker-Box-Sendung hat man den Eindruck, Raab wisse selbst nicht mehr so recht, in welcher seiner trostlosen Fließbandshows er eigentlich steckt. Mit starrem Teleprompterblick werden die Namen der Kandidatinnen abgelesen, dann dreht er sich gleich zu Beginn zur falschen Politikerin – ein kleiner, aber bezeichnender Patzer.
So ähnlich geht es weiter. „Ich hab mal ein bisschen rumgegoogelt“ sagt Raab und lehnt sich in seinem Sofa zurück. Es geht um Quoten, um Kitas, Statistiken und frauenfreundliche Unternehmen in Norwegen. Keine einfache Materie. Es sei denn, man hat vor der Sendung knallhart rumgegoogelt.
Schlechte Witze sollen „Absolute Mehrheit“ auflockern
Selbst die Witze, die „Absolute Mehrheit“ von den vermeintlich staubigen Talkshows des öffentlich-rechtlichen Fernsehen unterscheiden sollen, wirken wie zusammenhangslose Überbleibsel aus dem Gag-Ordner von TV Total: „Mit den 200.000 Euro, die es heute Abend zu gewinnen gibt, können Sie machen, was Sie wollen“, erzählt Raab. „Sie können zum Beispiel 100.000 Portionen Lasagne kaufen. Die sind gerade billig.“ Pause. „Erst wollte ich diesen Witz nicht machen – ich hatte Angst, mich zu vergaloppieren.“ Puh, ja.
Kein Vergleich allerdings zu den Zwischensequenzen, bei denen sich wohl selbst Mario Barth wegdrehen würde. „Absolute Mehrheit“-O-Ton zum Thema „Moral und Politik“: „Ein ordentlicher Politiker kriegte früher einen Schlaganfall im Puff, ging mit Dikatoren auf Safari und schwängerte beim Sommerfest die Sekretärin. Und heute: alles aalglatte Langweiler.“ Einblendung: drei Aale im Anzug. Apropos „Moral und Politik“: Bei Guttenberg, findet Raab, sei das Plagiat nicht das Problem gewesen. „Dass der eine Brille trug, obwohl er keine brauchte, das hat mich wirklich schockiert!“
Aus den Politikerinnen holt Stefan Raab bei „Absolute Mehrheit“ wenig heraus, was man nicht ahnte. Linda Teuteberg von der FDP ist für freien Wettbewerb, Yvonne Ploetz von der Linken mag keinen Mietwucher und Katja Dörner (Die Grünen) beklagt die Chauvis in der Politik. Immerhin überrascht CSU-Vize-Generalsekretärin Dorothee Bär mit einem Bekenntnis zur Frauenquote. Olli Schulz ist auch dafür, weil er zu viele Männer im Tourbus hat. Oder so.