Köln. . Mit Comedy und feinsinnigen Musikbeiträgen statt Herrenwitzchen und Kalauern trimmt Stefan Raab in seiner großen TV Total Prunksitzung den Karneval auf jugendlich - und es gelingt. Irgendwie kennt man das zwar alles: Es wird geschunkelt, gelacht und gesungen. Trotzdem wirkt Raabs Show weniger peinlich als der sonstige Fernsehfasching.
Stefan Raab ist ein Tausendsassa. Er erfindet Sportarten, Showformate und schafft es, abgeschmackte Konzepte wieder für die jungen Zuschauern interessant zu machen. Jetzt versuchte er es auch mit dem Karneval. Und er schaffte es mit der „großen TV Total Prunksitzung“, die Tradition, die mit kleinen Abwandlungen fast im ganzen Land verbreitet ist, aus ihrer Verstaubtheit zu heben.
Das lag vor allem an den geladenen Gästen. Die kamen nicht aus dem typischen jecken Metier, sondern aus dem Bereich Comedy. Carolin Kebekus, Mundstuhl, Helge Schneider und Dave Davis alias Motombo Umbokko – sie sorgten dafür, dass sich trotz der Klischee-Kulisse die Beruflustigkeit nicht einstellte.
Die TV Total Hausband „Heavytones“ zeigte wieder einmal, dass ihnen keine Musikrichtung Schwierigkeiten bereitet. Alles saß: der Tusch genauso wie die Karawane und der Dom in Kölle.
Motto: Alaaf und Helau
Stefan Raab, als echter kölsche Jung, fühlte sich sichtlich wohl als Moderator auf der Bühne, als Karnevals-Präsident und als Redner in der Bütt. Unter dem, je nach Sicht verwirrenden oder vereinenden Motto „Alaaf und Helau“ wurde es närrisch. Bei den Rufen aus dem Publikum auf Kommando lief dann auch das „Helau“ fröhlich mit dem „Alaaf“ durcheinander. Völkerverständigung der besonderen Art.
Es waren wohl auch vor allem die kleinen Bezüge zu TV Total. Denn seinen ersten großen Auftritt garnierte Stefan Raab mit Einspielern der bekannten TV Total-Zitate. So reimte er gemeinsam mit Angela Merkel, Philipp „Fipsi“ Rösler und Originalen aus historischen Talkshows. Zum Abschluss zitierte er die Kandidatin einer RTL-Kuppelshow: „Unser tägliches Brot gib uns heute, wie auch immer. Amen.“ Tätäää.
Auch der Elferrat war hochkarätig besetzt. Keine karnevalistischen Größen, sondern TV Total-Inventar wie Ingrid und Klaus und Elton, Carolin Kebekus der Rapper Cro, der mit seiner Panda-Maske selten so wenig auffiel, die Ludolfs und Rainer Calmund klatschten und schunkelten fleißig im Takt. Überraschendes Mitglied im Elferrat war auch Moderatorin Charlotte Roche. Im Rio-Karnevals-Outfit feierte sie mit den Narren.
Comedian Carolin Kebekus gab mit ihrem Auftritt noch das, was am nächsten an einer traditionellen Prunksitzung lag. Witze über das aktuelle Geschehen, Sticheleien in Richtung Politik und Gesellschaft.
Wolfgang und Anneliese haben sich verirrt
Den ironischen Blick richteten Anke Engelke und Bastian Pastewka als Wolfgang und Anneliese nach Köln. Die beiden bayerischen Schunkel-Moderatoren verschmähten den kölsche Karneval und lobpreisten den bayerischen. Im Interview mit Stefan Raab, der sie auf Kölsch ansprach, versuchten sie dann auf English zu antworten.
Dass Karneval, aber auch gute Comedy nicht unbedingt aus Duisburg kommt, zeigte der Auftritt von Markus Krebs. Müde Performance, alte Witze, vereinzelte Lacher.Besser war da Martin Klempnow. Der Darsteller, bekannt aus der ProSieben-Sendung Switch, gab den Selfmade-Millionär Robert Geiss und erntete jede Menge „Rooobert“-Rufe aus dem Publikum.
Bei den Auftritten der Bands De Höhner und Brings war der Karneval dann aber auch wieder ganz bei sich, ganz in Kölle. Der Dialekt war außerhalb der jecken Grenze sicherlich schwer verständlich. Abhilfe schaffte das allseits bekannte „Viva Colonia“. Da konnte dann auch jeder wieder mitschunkeln und johlen.
Ottmar Zittlau ist auch wieder da
Ein überaschendes Wiedersehen gab es mit Ottmar Zittlau. Bekannt aus der Wochenshow half der Trainingsanzugträger mit leichtem W-Sprachfehler den Zuschauern dabei, die Wochentage zu lernen. Das Publikum hatte den Charakter vermisst. Schon sein Schweigen sorgte für schallendes Gelächter.
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Mit gewohnter Albernheit kam Helge Schneider daher. Er rupfte auf den Gitarrensaiten einen Flamenco, erzählte Witze und sang mit dem versammelten Publikum sein „Fitze, Fitze, Fatze“.
Den schön-schunkelnden Abschluss machte Karnevals-Präsident Stefan Raab gemeinsam mit den Höhnern. Sie sangen Raabs eigens komponiertes Lied über die Liebe zur Stadt Köln. Im Lametta- und Konfettiregen freute sich der Moderator über die feiernden Zuschauer. Völlig zu Recht. Raab ist der Dolmetscher des Karnevals, er machte die häufig steife Prunksitzung massen- und vor allem jugendtauglich.