Essen. Eine Studie schreibt dem ZDF ins Stammbuch: Der Sender wird nicht mehr als Kanal für die ganze Familie, sondern vorwiegend als Senioren-Programm wahrgenommen. Für ZDF-Chef Thomas Bellut gibt es viel zu tun.

Der „Spiegel“ schlug, wie so oft, Alarm. Eine Zuschauerbefragung des ZDF habe dem Sender „ein verheerendes Zeugnis“ ausgestellt. Das Zweite, so heißt es, sei vom Kanal für die ganze Familie zum Senioren-Fernsehen geworden. Die Fakten stimmen. Und dennoch: Neu sind sie nicht, und, mehr noch, der neue Intendant Thomas Bellut arbeitet bereits an Lösungen.

Der Reihe nach. Der Sender habe, wie ZDF-Sprecher Jörg Berendsmeier der WAZ-Mediengruppe sagte, mehrere Studien in Auftragung gegeben. Die vom „Spiegel“ zitierte Image-Studie liste Stärken und Schwächen des Senders auf.

Stamm-Zuschauer kamen zu Wort – und auch die Jungen

Sie beruht auf einer Zuschauer-Befragung. Die Mainzelmänner ließen Stamm-Zuschauer zu Wort kommen. Sie werden in der Untersuchung als „sterbende“ Gruppe bezeichnet. Zugleich aber bat das ZDF auch Jüngere um ihre Meinung.

Während das ZDF beim Gesamtpublikum ab drei Jahren, in dem die Älteren stark vertreten sind, in der aktuellen Jahresbilanz des Fernsehmarktes den zweiten Platz belegt, meiden junge Leute das Zweite. Der Sender ist zwar geringfügig stärker als die ARD. Alarmierend aber ist, dass selbst Kleinsender wie Vox einen besseren Marktanteil beim Publikum unter 50 verbuchen.

Publikum unter 50 fühlt sich ausgegrenzt

Gerade die TV-Jugend nimmt das ZDF nicht mehr als Sender für die ganze Familie wahr. Vielmehr sehen sie laut „Spiegel“ das Zweite als „Sender für alte Zuschauer“. Unter 50-Jährige fühlen sich „über weite Strecken ausgegrenzt“. Das Informationsangebot wird als „zu weit weg vom Zuschauer“ sowie als „steif, trocken, künstlich“ bezeichnet. Die Machart von Filmen und Serien empfinden Zuschauer unter 50 als unmodern. Und das ist noch nicht alles.

Bevor RTL in den 90ern angriff, galt das ZDF als Unterhaltungsdampfer. Egal ob „Wetten, dass..?“ oder „Die Pyramide“, „Dalli, Dalli“ oder „Der große Preis“ – auf dem Mainzer Lerchenberg war die Abteilung Lustig des deutschen Fernsehens.

ZDF-Shows gelten als braver Durchschnitt

Vorbei. Laut Studie gelten die ZDF-Shows als braver Durchschnitt. Selbst die Top-Moderatoren erhalten keine Bestnoten. Der Nacht-Talk von Markus Lanz erreicht eine zu kleine Öffentlichkeit. Die Shows von Jörg Pilawa werden noch nicht als „Highlight“ wahrgenommen.

Allerdings vermittelt die Analyse auch frohe Botschaften. Positiv bewertet werden Comedy-Sendungen wie die „heute-show“, ebenso die sonntägliche Doku-Reihe „Terra X“. Selbst der „Fernsehgarten“ gilt als bunter Klecks im als grau wahrgenommenen ZDF-Programm. Zudem werden Marken, Köpfe und Formate als stark wahrgenommen, auch Glaubwürdigkeit hält das Publikum dem gebührenfinanzierten Sender zu gute. Dennoch bleibt die Frage: Was tun?

Die Hoffnungen ruhen auf Joko & Klaas

Die Studie warnt laut „Spiegel“ davor, sich nur aufs Gesamtpublikum zu konzentrieren. Das funktioniere bestenfalls mittelfristig. Langfristig jedoch verliere das ZDF Zuschauer, weil dem Sender schlicht die junge Publikumsgeneration fehle. Genau das weiß auch Senderchef Bellut. Er hat schon reagiert – unmittelbar nach seiner Wahl.

Traumduo Joko und Klaas

Die beiden Jung-Moderatoren Klaas Heufer-Umlauf (28) und Joko Winterscheidt (32) begannen...
Die beiden Jung-Moderatoren Klaas Heufer-Umlauf (28) und Joko Winterscheidt (32) begannen... © Getty Images
...ihre Karriere bei den Musiksendern Viva und MTV. Dort machten sie sich besonders mit frechen Sprüchen und schrägen Interviews beim jungen Publikum beliebt. Begonnen hat die berufliche Laufbahn von...
...ihre Karriere bei den Musiksendern Viva und MTV. Dort machten sie sich besonders mit frechen Sprüchen und schrägen Interviews beim jungen Publikum beliebt. Begonnen hat die berufliche Laufbahn von... © Getty Images
...Joko Winterscheidt ist in Mönchengladbach geboren. Nach dem Abitur und einer abgebrochenen Ausbildung zum Werbekaufmann fand er seine berufliche Zukunft als Moderator bei MTV. Zusammen mit Klaas Heufer-Umlauf....
...Joko Winterscheidt ist in Mönchengladbach geboren. Nach dem Abitur und einer abgebrochenen Ausbildung zum Werbekaufmann fand er seine berufliche Zukunft als Moderator bei MTV. Zusammen mit Klaas Heufer-Umlauf.... © imago stock&people
....moderierte er schließlich von 2009  bis März 2011 die Sendung
....moderierte er schließlich von 2009 bis März 2011 die Sendung "MTV Home", in der viele Musiker und Stars zu Gast waren. Bereits... © Getty Images
...2007 erheiterte Joko Winterscheidt gewohnt schlagfertig sowohl die prominenten Gäste auf dem MTV-Sofa...
...2007 erheiterte Joko Winterscheidt gewohnt schlagfertig sowohl die prominenten Gäste auf dem MTV-Sofa... © Getty Images
...Klaas Heufer-Umlauf überzeugte vor der Kamera mit Witz und derben Charme. 2007 moderierte er zusammen mit seiner VIVA-Kollegin Gülcan die Preisverleihung
...Klaas Heufer-Umlauf überzeugte vor der Kamera mit Witz und derben Charme. 2007 moderierte er zusammen mit seiner VIVA-Kollegin Gülcan die Preisverleihung "Comet". Zwei Jahre später... © Getty Images
...berichtete Joko Winterscheidt von den
...berichtete Joko Winterscheidt von den "MTV Europe Music Awards" in Berlin. Nach ihrer Zeit bei den Musiksendern wurden die großen Fernsehanstalten auf die Jung-Moderatoren aufmerksam. Das war... © Getty Images
...ist die Primetime-Show
...ist die Primetime-Show "Joko & Klaas: Die Rechnung geht auf uns!?". Im Moment sind die dynamischen Moderatoren auf ZDFneo in der Sendung "neoParadise" zu sehen. © Getty Images
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Als Bellut am 16. März in die Bütt stieg, kam er schnell zur Sache. Seine Hauptbotschaft lautete: Derzeit liegt der Altersschnitt des ZDF-Publikums bei 61. Innerhalb von drei Jahren will er es jüngere Programm-Angebote senken. Er weiß, selbst eine kleine Senkung – etwa um ein halbes Jahr – ist das Ergebnis großer Anstrengung. Bellut setzt den jungen Kanal ZDFneo als Talentschuppen. Aktuell ruhen seine Hoffnungen auf dem Show-Gespann Joko & Klaas, die auf dem Weg ins Hauptprogramm sind.

Im Hinblick auf die Studie sagte ZDF-Sprecher Berendsmeier: „Die Ergebnisse fließen in die redaktionelle und planerische Arbeit ein.“