Usedom/Berlin. ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz hat die Kritik an der EM-Berichterstattung von der Ostseeinsel Usedom zurückgewiesen. Viele Medien hatten über das Sendeformat kübelweise Spott und Hohn ausgeschüttet. Viele Kritiker wähnten sich beim Zusehen nicht bei der EM 2012, sondern beim “ZDF Fernsehgarten“.
Mit großem Unverständnis hat das ZDF auf die Kritik an seiner Fußball-EM-Bühne vor der Ostseeinsel Usedom reagiert. Mehrere Zeitungen hatten dem Sender vorgeworfen, den falschen Ort für seine Übertragungen ausgesucht zu haben und zu viel Urlaubsstimmung zu verbreiten.
„Das ist nicht die Wahrnehmung, die wir haben. Der Start war vielleicht etwas holprig, doch das besondere Ambiente der Bühne kommt bei den Zuschauern sehr gut an“, sagte ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz dem Sport-Informations-Dienst (SID).
ZDF hebt gute Einschaltquoten hervor
Als weiteres Argument nannte Gruschwitz die guten Einschaltquoten beim Spiel Deutschland gegen die Niederlande (2:1). „Im Schnitt verfolgten 27 Millionen Zuschauer die Partie. Den Nachlauf mit vielen Bildern von der Bühne wollten bis Sendungsende über elf Millionen Zuschauer sehen. So falsch kann unser Konzept nicht sein.“
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ZDF-Chefredakteur Peter Frey erklärte nochmals die Wahl der Location: „Wir sind auf Usedom, weil die Grenze zu Polen so nah ist, es ist eine gemeinsame Insel −
polnisch und deutsch. Neben dem Strand- und Urlaubsfeeling, das uns natürlich wichtig ist, geht es hier auch um eine politische Botschaft: Europa wächst zusammen, und das wird an dieser Nahtstelle besonders deutlich.“
Zuvor wurde kritisiert, die Moderatoren Katrin Müller-Hohenstein und Oliver Kahn seien zu weit vom Geschehen der EM entfernt. Die Bilder von der Urlaubsstimmung an der Ostsee hätten zu wenig mit Fußball zu tun. Die Frankfurter Rundschau verglich die Moderatoren mit einer „Touri-Suse von Sonnenschein-TV, die den Strandkorbverleiher von Boltenhagen interviewt.“
Kahn nahm kein Blatt vor den Mund
Ob angestachelt oder nicht - Experte Kahn nahm am Mittwoch in seinen Urteilen kein Blatt mehr vor den Mund. Nachdem ARD-Konkurrent Mehmet Scholl durch seine Gomez-Kritik viel Wirbel entfacht hatte, legte der einstige „Torwart-Titan“ nach. Erst meckerte er über Cristiano Ronaldo („Ich erinnere mich nicht, wann ich Ronaldo jemals in so schlechter Verfassung gesehen habe.“), dann sagte er voller Mitleid über Arjen Robben: „Er hat den Glauben an sich verloren. Er ist jetzt ganz unten.“
Im Kampf der TV-Experten wird es in den kommenden Tagen sicher weitere Attacken auch von der Bühne in Usedom geben. Nachdem das ZDF zur EM 2008 für seine Bodensee-Show in Bregenz viel Lob eingehemist hatte, entschied sich der Sender erst nach einem gründlichen Auswahlverfahren für die Ostsee. Von dort werden auch Sendungen wie „Lafer! Lichter! Lecker“ oder Andrea Kiewels Fernsehgarten präsentiert. Bei Großaufnahmen umflutet der Wellengang die Moderatoren. Möwen fliegen durchs Bild, im Hintergrund schippert ein Ausflugsdampfer am Horizont entlang.
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Müller-Hohenstein mit Kahn im Strandkorb
Bislang spielte das Wetter mit. Als es vor dem Deutschland-Spiel am Mittwoch zu windig wurde, verkrochen sich Müller-Hohenstein und Kahn kurzerhand in einen Strandkorb. Bei Regen soll aus einer Kabine auf der Seebrücke moderiert werden. Die Ton-Probleme, die es zu Beginn der Übertragungen gab, sollen nicht mehr auftreten.
Rund 1000 Zuschauer finden in den Liegestühlen im Sandstrand Platz und verfolgen die Spiele auf einer 50 Quadratmeter großen LED-Videowand, die im seichten Wasser steht. Zu EM-Beginn meckerten einige Touristen ohne Fußballherz über die Absperrung des großen Areals. Auch die Gemeinde knurrte, nachdem die Zusatzkosten für Sicherheits- und Reinigungspersonal in die Höhe schossen. Für Gruschwitz kein Grund zur Sorge: „Dafür ist die TV-Übertragung beste Werbung für die Insel.“ (sid)