Köln. Im Halbfinale von DSDS ging es für Jesse, Luca und Daniele um alles. Und auch für die größtenteils weiblichen Fans, die schon Stunden vor Beginn der Show auf den Auftritt ihrer Idole warten, scheint einiges auf dem Spiel zu stehen. Jeder Kandidat hat einen lautstarken Fanclub – doch auf das Ergebnis hat das Publikum vor Ort keinen Einfluss. In der nächsten Woche werden hier Luca und Daniele im DSDS-Finale stehen. Jesse ist, nach einem extrem knappen Voting, rausgeflogen.

Im Halbfinale von DSDS ging es für die drei letzten Kandidaten um alles. Auch für die größtenteils weiblichen Fans, die schon Stunden vor Beginn der RTL-Show "Deutschland sucht den Superstar" auf den Auftritt ihrer Idole warten, scheint einiges auf dem Spiel zu stehen. In Outfits, die eigentlich nur für die Großraumdiskothek gedacht sind, bewaffnet mit Plakaten und unfassbar kräftigen Stimmen, stehen sie in langen Schlangen vor dem Eingang im Kölner Gewerbegebiet Butzweilerhof. Dass die drei Halbfinalisten bei Dieter Bohlen männlich sind, überrascht bei diesem Anblick keinen.

Ein kurzer Abstecher über die Presselounge, wo Ex-DSDS-Kandidat Joey, der als Bravo-Reporter die Seiten gewechselt hat, ein bisschen verloren in einem der großen Sofas herumsitzt und über die Starallüren der verbliebenen DSDS-Kandidaten spricht, zeigt, wer sich für die RTL-Show interessiert. Es sind auch hier vor allem junge Frauen, die von der Castingshow berichten. „Irgendwas mit Stars“ zu machen, das ist der Traum, den man sich hier erfüllt.

Der Warm-Upper übt gleich ein paar Appläuse zum Reinschneiden für das DSDS-Halbfinale

Als es dann losgeht ins DSDS-Studio, sind sie – anders als die Fans – nicht aufgeregt, sondern routiniert. Denn das was jetzt kommt, ist jede Woche gleich. Warm-Upper René tanzt, rappt und springt auf der Bühne herum. Zwischen gut gelaunten, aber wie eine der Reporterinnen bestätigt, immer exakt gleichen Motivationsrufen, zeichnet er mit dem Publikum noch ein paar „Appläuse“ auf – zum Reinschneiden für die Sonntagswiederholung.

Jesse Ritch, Daniele Negroni und Luca Hänni lächeln währenddessen von riesigen Leinwänden. Als die drei Kandidaten mit „Relight my fire“ und einer spektakulären Show mit echtem Feuer in den Abend starten, springt der ganze Saal von den Sitzen. Bunte Knicklichter, extra von RTL auf den Sitzen ausgelegt, kommen zum Einsatz. Die Teams bringen ihre Sprechchöre in Stellung.

Daniele startet DSDS-Halbfinale mit „Begging you“, Jesse singt eine Ballade

Jeder Kandidat darf drei Lieder singen, Daniele macht den Anfang. Mit „Beggin‘“ liefert er eine schnelle, unterhaltsame Performance ab. Die Hintergrundtänzerinnen, die sich, halbnackt in einem Glaskasten, mit Farbbeuteln bewerfen, wirken von den Studiositzen aus nicht ganz so befremdlich. Die nahen Kamerafahrten, die DSDS am Fernseher ausmachen, sind hier nicht zu erkennen.

Auch als Jesse mit „Die erste Träne“ eine relativ unbekannte Ballade zum Besten gibt, ist von den Details (Jesse trägt einen Anzug voller Tränen und tritt vor einem Tränenmeer auf) fast nichts zu sehen. Sylvia und Ines sind dennoch begeistert. Die 41-jährige Lehrerin und die gleichalte Krankenschwester haben sich über einen Jesse-Fanclub kennengelernt, wochenlang versucht, Tickets zu bekommen und weite Fahrten aus Stuttgart und Leer auf sich genommen – alles um einmal bei DSDS dabei zu sein. Im Kampf mit den anderen Fans brüllen sie „Jesse“, wann immer ein Jurymitglied zum Sprechen ansetzt.

Die DSDS-Jury ist an diesem Abend eher nebensächlich

Doch die Kommentare der Jury sind an diesem Abend sowieso kaum von Belang, die Fernseh-Zuschauer entscheiden und im Saal hört niemand zu. Außerdem haben Natalie Horler, Bruce Darnell und DSDS-Chef Dieter Bohlen sich ohnehin längst entschieden, alle Kandidaten toll zu finden. Skandale und schiefe Töne, die DSDS sonst ausmachen, haben im Halbfinale scheinbar nichts mehr verloren. Die Einspieler zeigen die drei Kandidaten auf „Heimaturlaub“, wie sie Muttis Lasagne oder Papas Käsefondue essen.

Das wiederum gibt Moderator Marco Schreyl Steilvorlagen für seltsame Interviews, die ins Nirgendwo führen („Wie oft haben Sie diese Lasagne wohl schon für Daniele gemacht?“ fragt er dessen Mutter). Außerdem dürfen Jesse Ritch, Daniele Negroni und Luca Hänni ihre ersten eigenen Auftritte geben – auf dem Dorfplatz, in der alten Schulaula oder in einer kleinen Gymnastikhalle singen die drei vor kreischenden, zum Teil weinenden Mädchen ein paar Coversongs, die sie bereits aus den Liveshows kennen. Dann schwärmen sie minutenlang von ihren Fans, die, natürlich, das Größte sind.

Jesse Ritch zeigt sich ausgiebig mit seiner Freundin – ein Fehler?

Jesse Ritch jedoch macht in seiner „Homestory“ einen Fehler, der sich als fatal erweisen wird. Minutenlang zeigt er sich küssend und kuschelnd mit seiner Freundin. Die Zuschauer erfahren, wie nah beide am Wasser gebaut sind, wie doll sie einander lieb haben und dass sie nun schon seit drei Jahren ein Paar sind. Wenn die Mädchen im Saal eines nicht mögen, dann das.

Dass Jesse mit „Every breathe you take“ die Jury, Sylvia und Ines begeistert, ist keine Überraschung. Die jüngeren Zuschauer dagegen schmelzen bei Luca dahin. Ganz gleich, ob er mit „Ma chérie“ schnelle Dance-Music oder deutsche Schnulzen („Das Beste“ von Silbermond) singt – es wird gekreischt. Gestandene Männer im Karohemd brüllen mit voller Kraft „Daniele“, wann immer sich die Gelegenheit bietet, gehört zu werden. Die älteren, frecheren Mädchen rufen „Luca, du geile Sau“. Warm-Upper René hüpft dazu auf und ab – schließlich soll geklatscht werden.

Es gibt ein Kopf-an-Kopf-Rennen – Luca, Daniele und Jesse haben laut RTL fast gleich viele Anrufe

Während der Werbepausen und Einspieler rennen aufgeregte Männer mit Headsets umher. Wann immer jemand das Studio verlässt, muss sofort für Ersatz gesorgt werden – nichts ist im Fernsehen schlimmer als leere Sitze. Dieter Bohlen macht sich unterdessen Sorgen um Daniele. Der Junge raucht und achtet auch sonst nicht auf seine Gesundheit. Das interessiert nun wirklich keinen, außer Ines und Sylvia, die besorgt nicken.

Zum Schluss werden die beiden Frauen enttäuscht – in einem Kopf-an-Kopf-Rennen unterliegt Jesse ganz knapp. Luca und Daniele, die um die Zeit schon neben der Bühne stehen müssen, freuen sich – auch wenn Jesse wohl der Wunschgegner von beiden gewesen wäre. Der 20-jährige Schweizer gilt bei allen Kandidaten als lieb und umgänglich. Seine Niederlage bei DSDS nimmt Jesse Ritch gefasst hin, spricht im Interview sachlich über das, was passiert ist.

Jesse fliegt raus – „es geht nicht um die Stimme“ meinen seine Fans enttäuscht

Nur seine Freundin steht fassungslos neben der Bühne und weint. Auch Ines und Sylvia sind traurig – „es geht bei DSDS einfach nicht um die Stimme“ beschwert sich die Grundschullehrerin. So als sei das bei diesem inszenierten Zirkus aus Feuerwerk, Warm-Up-Clown und Teenie-Freakshow tatsächlich eine Überraschung

Dieter Bohlens Sprüche

Die besten Sprüche von Dieter Bohlen aus der aktuellen DSDS-Staffel auf RTL:

"Für mich bist du im Finale - so im finalen Endstadium."

"Man merkt, dass du Musik liebst. Aber das ist eine einseitige Liebe."

"Das war eigentlich fast perfekt, wenn der Gesang nicht wäre." (zu Kandidat Christian Schöne)

"Wenn ich jetzt ein 18-jähriger Junge gewesen wäre, hätte ich mich jetzt verliebt." (zu Kandidatin Fabienne Rothe)

"Ich finde schon, dass du besonders bist irgendwie. Also, gesanglich besonders schlecht."

"Ganz viele können nicht singen, deshalb finde ich auch, ihr solltet nicht traurig sein. Ich hab ganz viele Eichhörnchen im Garten - keins von denen kann singen."

"Du bist ein Lichtblick für die Augen, aber für die Ohren das Grauen."

"Wir beide sind die Dinosaurier von DSDS." (zum jährlichen Dauergast Menderes Bagci)

"Du gehörst zu der Abteilung musikalischer Bildschirmschoner. Da passiert nix."

"Bist du eine Qualle im Baldriantee, die um ihr Leben quaddelt?"

"Der Poptitan ist oben in der Stratosphäre." (Bohlens Antwort auf die Frage, wo er selbst musikalisch steht)

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