Essen. Favoritensterben am „Abend der Herzen“ bei DSDS: Für Vanessa Krasniqi ist nach der dritten Mottoshow überraschend Schluss. Weiter sind dafür Daniele und Kristof, deren Streit um schwulenfeindliche Äußerungen zum handfesten Skandal aufgeblasen wurde. Am Ende war sogar Moderator Marco Schreyl zum Heulen zumute.

Deutschlands größte Castingshow steckt in der Krise. Nie waren die Quoten so niedrig wie im mittlerweile neunten lauwarmen Aufguss von DSDS. Vielleicht wegen der Konkurrenz von „The Voice of Germany“ und „Unser Star für Baku“. Vielleicht auch wegen der weichgespülten und teils talentfreien Kandidaten. Da hilft RTL nur eins: ein handfester Skandal. Zumindest wurde der Streit zwischen Daniele und Kristof wegen schwulenfeindlicher Äußerungen zu einem solchen aufgeblasen.

Dabei hatte Moderator Marco Schreyl doch zu Beginn den „Abend der Herzen“ ausgerufen. Die „Herzenssongs“ der verbliebenen acht Kandidaten sollten im Mittelpunkt der dritten DSDS-Mottoshow stehen. Und alle widmeten sie brav ihren Eltern, Freunden oder Geschwistern. Wer allerdings Schmusesongs und Schmachtfetzen erwartete, wurde enttäuscht. Die Titelauswahl manches Pop-Sternchens in spe passte ebenso wenig zum Thema wie das orangefarbene Kleid von Jury-Quotenfrau Natalie Horler zum roten Sakko von „Poptitan“ Dieter Bohlen.

RTL schlachtet den ersten Mini-Skandal bei DSDS aus

Gleich zu Beginn sorgte Daniele Negroni für Aufsehen – nicht nur mit seinen knallrot gefärbten Haaren, die Jurymitglied Bruce Darnell zu der Frage veranlassten, ob er in einen Farbeimer gefallen sei. Auf der Bühne ließ es der 16-Jährige mit seiner durchaus gelungenen Interpretation von Jan Delays „Oh Jonny“ krachen. Krach gab es aber schon zuvor in der DSDS-Villa: Der selbst ernannte Ex-Rebell Daniele und der schwule Schlagerfan Kristof gerieten dort aneinander. Schimpfwörter wie „Scheiß Schwuchtel“ sollen noch zu den harmloseren gehört haben.

Für RTL ein gefundenes Fressen, das vor und nach Danieles Auftritt genüsslich ausgeschlachtet wurde. Endlich der erste echte Mini-Skandal in einer bislang ziemlich harmlosen Staffel. DSDS-Moderator Marco Schreyl bestrafte Daniele mit Liebesentzug, bestand auf Buße und erhob verbal den Zeigefinger: „Ich würde mir solche Sprüche im Jahr 2012 gut überlegen.“

RTL-Zuschauer wählten Kristof zum dritten Mal zum "Flop der Woche"

Allerdings lagen sich Daniele und Kristof schon nach dessen Auftritt (Peter Maffay – So bist Du), den er seinem 31 Jahre älteren Freund widmete, wieder in den Armen, ebenso am Ende der Show. Skandal beendet. Doch das interessierte da niemanden mehr. Denn nicht etwa Kristof, zuvor zum dritten Mal in Folge im Internet von den RTL-Zuschauern zum „Flop der Woche“ gekürt, musste die Show verlassen, sondern Vanessa. Als die beiden zum Schluss übrig blieben, war sogar der 23-jährige Kristof davon überzeugt, trotz oder wegen seines Streits mit Daniele rauszufliegen.

Doch es traf das gesanglich mit Abstand größte Talent der aktuellen Staffel: die 17-jährige Vanessa Krasniqi, die sich von Woche zu Woche größte Mühe gab, bloß nicht arrogant zu wirken. Genützt hat es wenig, Frauen haben es beim DSDS-Zuschauer 2012 offenbar schwer. Die 16-jährige Fabienne Rothe ist nun die letzte weibliche Kandidatin. Mit Duffys „Mercy“ und einem kunterbunten Auftritt als niedliches und unschuldiges blondes Mädchen schaffte sie es in die Top 7.

"Deutschland sucht den Superstar" knüpft an "Nur die Liebe zählt an"

Nicht nur für Vanessa, auch für die Jury war die Entscheidung ein Schock. Dabei konnte man der Iserlohnerin wenig vorwerfen. Selbst ihr Song „Bleeding Love“ von Leona Lewis, souverän vorgetragen im blutroten Kleid und untermalt von Blutströmen an der Videowand hinter ihr, passte zum Motto „Herzenssongs“. Vanessa hatte sich gar ein Stacheldraht-Tattoo auf den rechten Oberarm sprühen lassen. Chefjuror Dieter Bohlen vermisste aber noch mehr Herzblut: „Ich will euch auf der Bühne halb sterben sehen“, forderte der 58-Jährige mehr Engagement und Gefühl von seinen Kandidaten.

Für Emotionen im Überfluss musste RTL schließlich selbst sorgen. Nach dem Auftritt des Deutsch-Iraners Hamed (Maroon 5 – Moves like Jagger) bewarb sich Marco Schreyl um die Nachfolge von Kai Pflaume. In bester „Nur die Liebe zählt“-Manier führte er Familie Anousheh zusammen. Zehn Jahre lang hatten sich Hamed und seine Mutter nicht gesehen. Das Wiedersehen rührte nicht nur Cascada-Frontfrau Natalie Horler zu Tränen. Auch Marco Schreyl teilte dem Zuschauer – ob der es wissen wollte oder nicht – mit: „Oh mein Gott, hier heulen alle. Ich muss auch flennen.“

Joey Heindle sorgt mit Grönemeyers "Der Weg" für Ohrenschmerz

Wirklich zum Weinen war einem aber vielmehr nach dem anschließenden Auftritt von Joey Heindle zumute. Der „liebenswerte Chaot“, wie er auf der RTL-Homepage beschrieben wird, versuchte sich an Herbert Grönemeyers „Der Weg“ – und scheiterte kläglich. Ohren- statt Herzschmerz war angesagt. Grönemeyer war für den 18-Jährigen DSDS-Kandidaten mehrere Nummern zu groß – und wahrscheinlich nicht nur für ihn. Doch Joey ist bei den Zuschauern beliebt und schaffte es trotzdem in die nächste Runde. Ebenso wie Teenieschwarm Luca Hänni (Kings of Leon – Use somebody) und Krankenpfleger Jesse Ritch (Bruno Mars – Just the way you are).

Die beiden Schweizer haben im Gegensatz zu Vanessa also auch am nächsten Samstag die Chance, ihrem Ziel, der neunte DSDS-Gewinner zu werden, ein Stück näher zu kommen. Wie das Motto bei "Deutschland sucht den Superstar" dann lauten wird, ist noch nicht bekannt. Als sicher darf aber gelten, dass sich bis dahin noch das eine oder andere Skandälchen in der Kandidaten-Villa ereignet. Ganz im Sinne der Quote.