Köln. Sehr bescheiden, fast schon schüchtern gab sich Roman Lob nach dem Gewinn von “Unser Star für Baku“. Der gebürtige Düsseldorfer könnte man “Standing Still“ einen Platz unter den Top Ten beim Eurovision Song Contest schaffen. Die Fußstapfen von Lena Meyer-Landrut empfindet er als sehr groß.

Auf den ersten Blick ist alles so wie immer am Ende einer Casting-Show. Menschen nehmen sich in die Arme, Glitter regnet vom Studiohimmel und der Gewinner – wieder einmal ist es ein Mann – singt noch einmal sein Lied. Doch während der Siegerauftritt in ähnlichen Sendungen manchmal schon der Anfang vom Ende ist, ist er bei "Unser Star für Baku" nur das Ende vom Anfang, ein Zwischenstation auf dem Weg zum Finale des Eurovision Song Contest (ESC). Roman Lob heißt der junge Mann und er muss dafür nach Baku. Was die Sache nicht unbedingt einfacher macht.

Weit nach Mitternacht ist es, da tritt der 21-jährige in das Blitzlichtgewitter der wartenden Fotografen. Die Hand hebt er zur Begrüßung, verneigt sich kurz und lächelt so freundlich, wie er immer gelächelt hat in der Show, die den Star für Baku suchte und in der er schon seit Wochen als Favorit galt. Sehr bescheiden, fast schon ein wenig schüchtern. Ein netter Junge von nebenan, der auf die Bühne kommt, wie er auch zu Hause auf dem Sofa sitzt.

Mädchentyp Roman Lob ist nicht der Traum jeder Schwiegermutter

In Jeans und Sneakern, mit T-Shirt und kariertem Holzfällerhemd darüber. Ein Mädchentyp, wenn auch nicht unbedingt der Traum jeder Schwiegermutter. Einer, der Hersteller von Rasierklingen an den Rand des Ruins treibt und dessen Brust einen guten Überblick über den derzeitigen Leistungsstand deutscher Tätowierer gibt. „Ein ganz normaler Mensch“, wie ihn Bandkumpel Dejan Stankovic nennt. Aber einer, der verdammt gut singen kann.

Jetzt aber fehlen Lob ein wenig die Worte. „Alles Wahnsinn“, findet er und nennt seine Gefühle „unbeschreiblich“. Doch solche Aussagen reichen vielleicht nach dem DSDS-Finale, aber nicht wenn jemand die deutschen Farben beim ESC vertritt. Ob Roman denn was sagen könne, über die politische Situation in Aserbaidschan fragt jemand. Was in diesem Augenblick ungefähr so fair ist, als verlange man von Frau Merkel unmittelbar nach der Bundestagswahl eine Einschätzung über das jüngste Album der Foo Fighters.

"Unser Star für Baku"-Gewinner will als Künstler nach Aserbaidschan reisen

Doch Roman Lob weiß Bescheid, zumindest grob. „Menschenrechtlich nicht so gut“, sagt er und hofft, „dass sich die Lage durch den Eurovision Song Contest bessert.“ Politische Forderungen auf T-Shirts will er aber nicht durch Baku tragen. „Ich komme, um als Künstler aufzutreten.“

Schon das ist schwierig genug im Jahr eins nach Lena. „Die Fußstapfen, in die ich trete sind groß“, fürchtet der gelernte Industriemechaniker aus Neustadt/Wied. Nicht musikalisch. Da ist der gebürtige Düsseldorfer, den sie bereits „Romantic Roman“ nennen, seiner Vorgängerin eindeutig überlegen. Was bisher fehlt, ist der Hype, den „Unser Star Für Oslo“ 2010 in Deutschland auslöste. Weil das Konzept neu war und die Siegerin schön überdreht.

Weichgespülte Jury machte "Unser Star für Baku" zum Langweiler

Zwei Jahre später dagegen stößt die Kandidatensuche für den ESC in Deutschland auf wenig Interesse, obwohl ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber immer wieder beteuert. „Das Prinzip der Sendung ist gut.“ Das Prinzip vielleicht, die Präsentation nicht. Eine weichgespülte Jury mit Thomas D, Stefan Raab und "Frida Gold"-Sängerin Alina Süggeler und den Moderatoren Sandra Rieß und Steven Gätjen, die viel reden ohne etwas zu sagen, machten die Show über weite Strecken zu einem Langeweiler. So schalteten selbst zum Finale gerade einmal 2,19 Millionen Zuschauer ein. Ohne Stefan Raabs umstrittenes Echtzeit-Voting samt Blitztabelle wären es wahrscheinlich noch weniger gewesen.

Dennoch ist nicht alles verloren für Roman Lob in Baku. Für einen Sieg dürften Sänger und Song zu „normal“ sein in einem Wettbewerb, den Raab gestern „Kasperle-Theater auf hohem Niveau“ nannte. Für einen Platz unter den ersten zehn aber könnte „Standing Still“, aus der Feder des englischen Songwriters Jamie Cullum, reichen. Noch vor drei Jahren wäre man damit sehr zufrieden gewesen.