Köln. „Unser Star für Baku“ heißt Roman Lob. Mit Charme und Coolness setzte sich der 21-Jährige in einem knappen Finale gegen Ornella de Santis durch. Die Zuschauer-Quote war auch beim Finale desaströs. „Unser Star für Baku“ wird am 26. Mai beim ESC mit dem Lied „Standing Still“ antreten.
Topfavorit Roman Lob ist „Unser Star für Baku“. Der Gewinner des Vorentscheids für den Eurovision Song Contest (ESC) wird am 26. Mai in Aserbaidschan mit dem Lied „Standing Still“ für Deutschland antreten. Im Finale des Castings-Formats „Unser Star für Baku“ (USFB) setzte sich Roman Lob knapp gegen Ornella de Santis durch. Der 21-Jährige aus Neustadt/Wied kam in der Blitztabelle auf 50,7 Prozent der Zuschauer-Stimmen.
USFB-Blitztabelle konnte Roman Lob nicht stoppen
Und wie viel Lena steckt in Roman Lob? Der „Unser Star für Baku“-Gewinner schwomm seit der ersten Live-Show auf einer Sympathie-Welle. Schon nach der Vorstellungsrunde lag er regelmäßig auf Platz 1. Meist konnten ihm auch die psychologischen Auswirkungen der Blitztabelle auf die Zuschauer nichts anhaben, und er zog souverän als erster in die nächste Runde ein. Auch Lena Meyer-Landrut hatte seit ihrer Premiere bei „Unser Star für Oslo“ die Deutschen als neues Fräuleinwunder fasziniert.
Während man bei Lena allerdings nur ahnen konnte, dass sie die Nase vorn haben könnte, hatte Roman Lob dank der Transparenz der Blitztabelle von Anfang an den Favoritenstatus inne. Doch während die Siegerin des Eurovision Song Contest 2010 in Oslo mit ihrer frechen Unbekümmertheit die Massen verzauberte, profitierte der zurückhaltende Roman Lob bei „Unser Star für Baku“ auch von der Schwäche der Konkurrenz.
"Unser Star für Baku"-Gewinner ist der klassische Mädchenschwarm
Roman Lob ist der klassische Typ Mädchenschwarm. Er ist charmant und bescheiden, aber wirkt mit seinen Ohrsteckern und dem Tattoo auf der Brust, wovon er ab und zu einen Teil aufblitzen ließ, auch cool und geheimnisvoll. Da er mit einer guten Stimme und der nötigen Ernsthaftigkeit gesegnet wurde, hatte es die Konkurrenz bei „Unser Star für Baku“ schwer gegen den 21-Jährigen.
Da mussten die anderen Kandidatinnen schon über sich hinaus wachsen. Yana Gercke galt lange als einzige Konkurrentin, die Roman Lob gefährlich werden konnte. Doch sie scheiterte im Halbfinale an Ornella de Santis. Die 27-Jährige aus Offenburg hat mit einer starken Performance etwas überraschend den Sprung ins Finale von „Unser Star für Baku“ geschafft.
Ornella de Santis setzte mit "Quietly" ein Ausrufezeichen im Finale
Mit diesem gewonnenen Selbstbewusstsein startete Ornella de Santis am Donnerstagabend ins Finale und setzte mit dem Song „Quietly“ ein Ausrufezeichen. Die Ballade könnte auch aus einem Musical stammen. Da sie nur von wenigen Klavier-Akkorden untermalt wurde, ließ sie dem Klang der schönen, aber manchmal etwas dünnen Stimme von Ornella de Santis viel Freiraum zur Entfaltung.
Für ihre Fans war klar, dass dieses Lied perfekt zu der Finalistin passte. Die anderen beiden Songs „Alone“ und „Standing Still“ fielen durch. 70 Prozent stimmten dafür, dass Ornella de Santis mit „Quietly“ gegen Roman Lob antrat.
"Standing Still" als perfekter Song für Roman Lob
Bei ihrem Konkurrenten fiel das Votum der Zuschauer noch eindeutiger aus. 76,8 Prozent der Zuschaueranrufe wurden für die Roman-Lob-Version von „Standing Still“ des Songwriters Jamie Cullum gezählt. Die Rock-Pop-Nummer passt perfekt zu Roman Lob. Sie ist im Stil der Musik komponiert, wie sie Roman Lob mit Vorliebe in den bisherigen „Unser Star für Baku“-Liveshows ausgewählt hatte. „Ich liebe diesen Song, und ich liebe diesen Typen“, war Jurypräsident Thomas D ganz außer sich.
Doch welche Chancen haben die Kombination "Unser Star für Baku" Roman Lob und „Standing Still“ schließlich beim „Eurovision Song Contest“? Bei Lena Meyer-Landrut hieß es anfangs „Satellite“ sei zu banal, doch dann entwickelte sich das Lied zu einem Ohrwurm. Und mit einem Blick auf die Sieger in den vergangenen Jahren, war der ESC doch immer für eine Überraschung gut. „Das ist ein Kasperle-Theater auf hohem Niveau“, sagte Jury-Mitglied Stefan Raab.
"Frida Gold"-Sängerin Alina Süggeler zeigt bei "Unser Star für Baku", wie es geht
Etwas Ernüchterung haben vier spezielle Minuten im Finale von „Unser Star für Baku“ gebracht, die in ihrer Aussagekraft nicht zu unterschätzen sind. Jurymitglied und „Frida-Gold“-Sängerin Alina Süggeler präsentierte kurz vor der Entscheidung eine neue Version ihres Sommerhits „Wovon sollen wir träumen“. Mit diesem Auftritt war die ARD allerdings schlecht beraten. Zu deutlich wurde, was Roman Lob noch an Bühnen-Präsenz im Vergleich zu einem etablierten Star wie Alina Süggeler fehlt.
Und zu deutlich wurde, dass es sich bei „Unser Star für Baku“ tatsächlich „nur“ um eine Castingshow handelt. Die hat nun zwar ihren Star gefunden. Aber Roman Lob muss bis Baku noch mächtig zulegen, um die weltweit 120 Millionen Fernsehzuschauer davon zu überzeugen, ihr Geld für den smarten Industriemechaniker zu investieren.
"Unser Star für Baku"-Jury enttäuschte
Damit der Vorentscheid für den Eurovision Song Contest im nächsten Jahr aus dem desaströsen Quotentief kommt, muss es bei ARD und ProSieben nach dem Finale von „Unser Star für Baku" eine schonungslose Manöverkritik geben. Mit einigen Neuerungen haben Stefan Raab und Co. ordentlich Schiffbruch erlitten. Gab es früher noch wechselnde Jury-Mitglieder, so wurde es in der aktuellen Besetzung schon bald langweilig.
Jurypräsident Thomas D hat im Finale selbst erkannt, dass er sich zum „Weichei“ entwickelt hat, das nur hoffen kann, von seiner Gruppe „Die Fantastischen Vier“ überhaupt zurück genommen zu werden. Hatte er bei der Premiere noch mit lustigen Sprüchen geglänzt, so reihte sich in den folgenden Shows eine Schönwetter-Phrase an die andere.
Stefan Raab spielte Dr. Ton
„Frida Gold“-Sängerin Alina Süggeler glänzte mehr mit ihrer Fast-Glatze und ausgefallenen Outfits als mit originellen Kommentaren. Ihre stärksten Minuten hatte sie bei ihrem Live-Auftritt im Finale von „Unser Star für Baku“.
Stefan Raab kann froh sein, dass er diesmal nur Beisitzer in der Jury ist. Ihm merkte man zumindest teilweise an, dass er von dem Niveau der Kandidaten etwas enttäuscht war. Als einziger setzte er in Einzelfällen zu härterer Kritik an. Doch meist drückte er sich um klare Stellungnahmen und philosophierte lieber über die Intonation der Sängerinnen und Sänger.
Goldgrube Blitztabelle verhinderte Quotenflop von "Unser Star für Baku" nicht
Insgesamt fuhr die Jury einen Kuschelkurs in ihrer Kritik, die in keiner Relation zu manchen Leistungen der 20 Kandidaten stand. Stattdessen klammerten sich alle Hoffnungen an das spektakuläre Voting-System mit transparenter Blitztabelle. Diese entwickelte sich bei „Unser Star für Baku“ zu einer Goldgrube für ARD und ProSieben. Allerdings war die umstrittene Blitztabelle auch bei vielen Fernsehzuschauern als billige Abzocke verschrien. Und den Quotensturz konnte sie auch nicht verhindern.
Das Finale sahen am Donnerstag nur 2,19 Millionen Zuschauer - das war ein Marktanteil 6,9%. Bei den 14- bis 49-Jährigen waren es nur 8,9 Prozent (1,13 Millionen Zuschauer). Wie katastrophal die Zahlen sind, zeigt der Vergleich mit "Unser Star für Oslo" vor zwei Jahren. Das Finale mit Gewinnerin Lena Meyer-Landrut sahen 4,55 Millionen Zuschauer, darunter 2,53 Mio. 14- bis 49-Jährige.
Die ARD hat das umstrittene Konzept für den Grand-Prix-Vorentscheid verteidigt. "Das Prinzip dieser Sendung ist gut", sagte der ARD-Koordinator Unterhaltung, Thomas Schreiber, am Freitag im Anschluss an das Finale der Castingshow "Unser Star für Baku" in Köln. Er sei sehr zufrieden. "Wir werden die Zahlen abwarten und bewerten", sagte er.
Stefan Raab frotzelt bei "Unser Star für Baku" über das ARD-Publikum
Stefan Raab hatte das Finale bei seinem neuen Stiefsender und dessen Stammpublikum noch einmal genossen: „Chipstüten und Bier im Feinripp-Shirt – wir sind doch hier bei der ARD oder?“, frotzelte Raab. Ob und in welcher Form es eine Fortsetzung der Reihe „Unser Star für …“ gibt, wird sich noch zeigen. Viel wird davon abhängen, wie Roman Lob in Baku abschneidet. Ein Rückfall in die alte Null-Punkte-Ära würde „Unser Star für Baku“ endgültig zu einem Flop machen.