Essen. Top-Favorit Roman Lob ist als erster im Halbfinale von „Unser Star für Baku“. Katja Petri fehlten am Ende beim Voting weniger als 0,1 Prozent zum Weiterkommen. Trotzdem schien der Ausgang des Viertelfinales im Ersten für Publikum und Jury schon vor der Sendung festzustehen.
Sie haben sich wohl für das Viertelfinale im Ersten viele neue Zuschauer erhofft, die Macher von „Unser Star für Baku“. Bevor die fünf Kandidaten ans Mikro durften, wurde erstmal der Eurovision Song Contest, die kandidatenfolternde Blitztabelle mit Einfrierfunktion und die „Glatzen-Jury“ - wie sie eine Twitterin bezeichnete - noch einmal vorgestellt. Entscheidende Fragen, die nicht nur neue Zuschauer haben könnten, wurden nicht beantwortet.
Warum gibt es diese blutleere Jury mit dem lustlos wirkenden Stefan Raab, dem Schmuse-Teddy mit Sprachfunktion Thomas D. und der kühlen Alina Süggeler? Nicht die Jury, sondern der Zuschauer entscheidet doch, wer weiterkommt. Mit seinem Geld zahlt er via SMS oder Telefonanruf für das Weiterkommen seines Wunschkandidaten. Vor allem: Wieso spart man sich nicht Telefon- und Rundfunkgebühren und schickt Roman Lob direkt nach Baku?
Roman Lob „muss sich keine Sorgen machen“
Publikum und Jury sind sich bei „Unser Star für Baku“ wohl nicht erst seit dem Viertelfinalauftritt des Industriemechanikers darüber einig, was Moderatorin Sandra Rieß offen ausspricht: „Er muss sich keine Sorgen machen.“ Worüber? Ums Weiterkommen natürlich. Künstlerisch lagen zwischen Roman Lob und den vier anderen Kandidaten Welten. Dafür aber am Ende nur wenige Prozentpunkte. Vor den Schluss-Countdowns waren tatsächlich alle fünf Kandidaten fast gleich auf bei rund 22 Prozent Votinganteil.
Das ist schon wirklich spannend und eindrucksvoll, dass fast eine halbe Stunde lang für alle Kandidaten gleich viele Zuschauer anrufen oder eine SMS schreiben. Wie sonst ließe sich dieses Kopf-an-Kopf-Rennen um die Prozentpunkte in der Blitztabelle sonst erklären? Selbst bei den 60-Sekunden-Schluss-Votings war der Abstand zwischen dem ersten und fünften Platz selten größer als ein halbes Prozent. Die ausgeschiedene Katja Petri war sogar am Ende mit der viertplatzierten Shelly Phillips prozentgleich bei 23,1 Prozent. Der Abspann lief bereits als Moderator Steven Gätjen den Zuschauern erklärte, warum Katja trotz Gleichstands ausgeschieden war. Es gebe da ja noch weitere Stellen hinter dem Komma, die die Zuschauer nicht zu Gesicht bekommen.
Erstmalig sang jeder Kandidat bei „Unser Star für Baku“ zwei Songs
Die knappen 20 Prozent am Ende musste sich jeder „Unser Star für Baku“-Kandidat jedoch vorher erst verdienen. Erstmalig musste jeder zwei, statt wie bisher nur einen Titel vortragen.
Katja musste wieder einmal anfangen, da sie beim Startvoting nur 7,6 Prozent erhielt – Top-Favorit Roman Lob durfte dank 28,4 Prozent als Letzter auf die Bühne.
Katja ließ sich vom mäßigen Zuspruch der Zuschauer nicht einschüchtern und schritt mit überzeugendem Lächeln auf die Bühne. Sie war die einzige der vier Kandidatinnen, die auf der Bühne einen souveränen Auftritt ablieferte. Eigentlich passte alles bereits beim ersten Song bei ihr: eine angenehme Stimme zu einem schönen Cover von Michelle Branch. Nur: Mitreißend oder, um Thomas D.'s Lieblingsvokabel „wegblasend“ zu gebrauchen, war die 24-Jährige nicht.
Ornella de Santis fehlte bei „I'll be there“ die Kraft in der Stimme
Als nächste war Ornella de Santis an. Schon im Beitrag vor ihrem Auftritt kündigte sie an, dass man ja nicht immer pefekt singen müsse. So wurde der Zuschauer schon mal eingestimmt, dass Ornellas Auftritt insgesamt nicht perfekt war. Die 27-Jährige hatte sich dann auch noch mit „I'll be there“ von den Jackson Five eine zu hohe Messlatte gesetzt. Für die Soul-Ballade fehlte ihr einfach die nötige Kraft in der Stimme.
Moderator Steven Gätjen deutete den neuen Zuschauern an, dass es bei den vorherigen Ausgaben von„Unser Star für Baku“ nicht anders war: „Stefan, fehlt immer noch etwas bei Ornella?“, fragte er Jury-Mitglied Raab.
Jury-Mitglied Thomas D. verteilte wahllose Schmeicheleien an die Kandidaten
Wo sonst Stefan Raab bei TV-Total seine Knöpfe hat, die ihm immer wieder den gleichen TV-Ausschnitt abspielen, hat er bei „Unser Star für Baku“ Thomas D. neben sich sitzen. Für jeden Kandidaten hatte dieser frei austauschbare Schmeicheleien parat. Wem noch ein schmalziges Liebesgeständnis für eine Valentinskarte fehlt: Thomas D. kann da sicher aushelfen.
Nur nach der von Shelly Phillips gesanglich misslungenen und mit halbherziger Beatbox beendeten Version von „Can't take my eyes off on you“ schmierte das Fanta-Vier-Mitglied mal nicht den Mund der Kandidatin mit Honig voll: „Man merkt, du hattest Probleme mit dem Song“, musste da selbst der Jurypräsident feststellen.
Yana Gerckes starkes Pink-Cover verblasste hinter ihrer steifen Performance
Aber Nachfolgerin Yana Gercke bewies, dass auch eine gesanglich gute Leistung bei einer schlechten Performance verblasst. Steif und schüchtern stand die 20-Jährige auf der Bühne. Wenn sie bei ihrem Auftreten nur halb so kraftvoll wäre wie ihre Stimme, hätte Yana Gercke mit ihrem Pink-Cover Publikum und Jury überzeugt.
Dann, nach fast einer Stunde öffentlich-rechtlicher Sendezeit kam endlich der Star: Roman Lob. Ginge es nach Jury und Publikum im Saal, hätte der 21-Jährige schon jetzt ein Flugticket nach Baku. Aber der Applaus im Saal oder die liebevollen Kurzkritiken der Glatzen-Jury zählen nicht, sondern die Anrufe und SMS der Zuschauer. Mit seiner Version von James Morrisons „You give me something“ war Roman nach der ersten Runde der musikalische Gewinner.
Stefan Raab findet Roman Lobs eigenen Song „total geil“
Doch im zweiten Singen legten die anderen Kandidaten nach. Katja kam beim Hurts Cover „Stay“ wesentlich einfühlsamer und offener rüber. Ornellas Interpretation von „Love the way you lie“ war für Stefan Raab sogar ein „Samenzieher-Song“. Die genaue Bedeutung dieser Bewertung ließ Raab zum Glück offen.
Aber Roman bewies im zweiten Durchgang, dass er das nötige Selbstvertrauen für die Reise zum Eurovision Song Contest mitbringt. Als Einziger wählte er als zweiten Titel kein Schmuse-Cover, sondern mit „Day by day“ einen Rock-Song aus der eigenen Feder seiner Band Rooftop Kingdom. Raab fand das dann auch „total geil“, Thomas D. wie immer auch, nur Alina Süggeler hätte dann doch lieber eine Schmuse-Nummer gehabt.
Für Katja Petri ist „Unser Star für Baku“ beendet
Am Ende ging es dann so aus, wie es vor „Unser Star für Baku“ alle erwartet hatten: Roman ist als erster weiter und Katja ausgeschieden. Wenn die Zuschauer auch in den nächsten beiden Sendungen ihr Geld wieder für Roman anlegen, fliegt wirklich der Kandidat nach Baku, der unser Star werden könnte.