Duisburg. Der WDR hat den ehemaligen Oberbürgermeister Duisburgs für die Reportage „Der Fall Adolf Sauerland“ mehr als ein Jahr lang bis zu seiner Abwahl begleitet. Eine Dokumentation über einen Politiker und Menschen, der weder für sich und seine Familie, noch für seine Stadt bereit war, moralische Verantwortung zu übernehmen.

Wollte Adolf Sauerland abgewählt werden? Wollte der Mensch Sauerland, dass die öffentlichen Auftritte mit Buh-Rufen, Beleidigungen, Ketchup-Attacken, die Drohungen gegen ihn und seine Familie endlich aufhören? Die WDR-Dokumentation „Der Fall Adolf Sauerland“ zeigte am Abend nach dem Abwahlverfahren, dass es zwei Adolf Sauerlands gibt, mit jeweils unterschiedlicher Antwort auf diese Fragen. Über ein Jahr lang hat der WDR Adolf Sauerland mit der Kamera begleitet. Der Fernsehbeitrag zeigt einen Menschen und Politiker, dessen Persönlichkeit seit der Loveparade-Katastrophe am 24. Juli 2010 gespalten ist. Auf der Pressekonferenz am Tag nach der Katastrophe, da habe er versucht, keine juristischen Fehler zu machen. „Aus Angst vor den juristischen Konsequenzen, habe ich die moralische Verantwortung vergessen“, sagt Sauerland. Bis zu seiner Stellungnahme am Abend der Abwahl, scheint sich daran nichts geändert zu haben.

Adolf Sauerland und seine Familie erhielten Morddrohungen

Moralische Verantwortung, die hatte Sauerland auch für sich und seine Familie. Morddrohungen haben Sauerland und seine Familie laut eigener Aussage erhalten. In ihr Ferienhaus ist die Familie Sauerland vorübergehend geflüchtet – eine Flucht vor der eigenen Stadt, vor den Bürgern, die Adolf Sauerland gewählt haben.

Der Beitrag zeigt die Anfeindungen, die Verschmähungen und wie der Oberbürgermeister diese immer wieder mit großen hilfesuchenden Augen übersteht. Trotz dieser für den Zuschauer sichtbaren Qualen hat Sauerland offenbar nie an einen Rücktritt gedacht, nie die juristische Ebene verlassen und die moralische Verantwortung für die Loveparade-Katastrophe und seine ganz persönliche Katastrophe übernommen.

Adolf Sauerland blieb bis zur Abwahl unbeirrbar

Doch selbst als im September 2011 mehr als 70000 Unterschriften für das Abwahlverfahren gesammelt waren, wollte Sauerland nicht aufgeben. „Ich glaube nicht, dass es 70000 Leute sind“, sagt er mit der gleichen Überzeugung, mit der er eine persönliche Verantwortung der Loveparade-Katastrophe auf der Pressekonferenz am Tag nach der Loveparade verneinte.

War Sauerland wirklich so verblendet und unbeirrbar, und hat er das alles aus persönlicher Überzeugung durchgestanden? Acht Wochen nach der Loveparade sagt Adolf Sauerland dem WDR: „Ich kann zurzeit nicht so sein, wie ich bin“.

Die Abwahl könnte den Menschen Adolf Sauerland nun wieder auf die moralische Ebene zurückgebracht haben. Nach der Bekanntgabe des eindeutigen Abwahlergebnisses war Sauerlands erster Schritt der Griff zum Handy und ein Anruf bei seiner Familie, um diese zu erlösen: „Sag der Oma, dass ich jetzt öfter frühstücken komme“, sagt Adolf Sauerland.