Duisburg. . Am Sonntag haben Duisburgs Bürger Adolf Sauerland aus seinem Amt verjagt. Für Theo Steegmann, dessen Bürgerinitiative das Abwahlverfahren gegen den Oberbürgermeister ins Rollen brachte, ist das aber noch lange kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen. Der 55-Jährige sagt: Die Initiative macht auf jeden Fall weiter, wir haben richtig Spaß an Kommunalpolitik bekommen.“

Auch Helden sind mal müde, und möglicherweise hat der Abwahlkampf noch eine weitere Furche in sein Gesicht gegraben. Treffen will Theo Steegmann am Nachmittag jedenfalls niemanden mehr, den Sieg seiner Bürgerinitiative über Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland genießt der 55-Jährige nun daheim in seinem Haus in Rheinhausen. „Ich war bis um zwei Uhr früh unterwegs und morgens um fünf schon wieder im ARD-Morgenmagazin“, dröhnt er mit kraftvollem Bass in den Telefonhörer. Geschlafen habe er nicht, „ich glaub’, ich hab’ noch die La-Ola-Welle im Bett gemacht“, entfährt es ihm.

Der Mann des Tages sozusagen. Oder, wie es „Focus“ zuletzt zart überhöhte: für viele im Pott schon jetzt ein Unsterblicher, der Duisburg seine Seele zurückgebe. Steegmann lacht, die Leitung knackt: „Das wird trotzdem nicht verhindern, dass ich irgendwann in die Kiste springe.“

"Ich wollte hilfreich sein"

Steegmann ist kein Protzer, aber auch nicht peinlich bemüht, seine Rolle kleiner zu reden als sie ist. Das Wegducken des Oberbürgermeisters nach der Loveparade-Katastrophe, „diese Strategie des Aussitzens“, das habe ihn in Rage gebracht, dagegen habe man etwas tun müssen. Er wollte „hilfreich sein“ und habe sein „bisschen lokale Berühmtheit mit in die Waagschale geworfen“. Eine Initiative dürfe kein zerstrittener Haufen sein, sie lebe vielmehr von Leitfiguren, die andere mitreißen, sagt er.

Das weiß er nur zu genau. 1987 stritt er an vorderster Front im Namen von mehr als 6000 Malochern gegen die Schließung des Kruppwerks in Rheinhausen. Ein legendärer Arbeitskampf, der den Ruf des gelernten Stahlkochers als Kämpfertyp zementierte. Steegmann ist einer, dem sie heute noch anerkennend auf die Schulter klopfen, ein kräftiger Anpacker, ein Redner, der den Raum zum Vibrieren bringt, wenn er erst einmal loslegt. Als er nach dem Triumph am Sonntagabend vom Rathaus in ein benachbartes Café ging, tobte der Saal.

Steegmann – ein Oberbürgermeister also?

„Nä“, sagt er nach kurzer Überlegung, „das ist für mich nicht der richtige Job.“ Natürlich sei es eine große Wertschätzung, dass er darauf angesprochen worden sei und dass man ihm das zutraue, denn „wir sind ja alle eitel“. Aber er wolle seine Glaubwürdigkeit nicht aufs Spiel setzen. Ihn habe ja nicht der Ehrgeiz getrieben, sich für irgendetwas zu bewerben. „Ich brauch das alles nicht mehr, in meinem Leben ist genug passiert.“ Das stimmt.

Die Initiative macht weiter

Und nicht immer ging es so gut aus wie Sonntagabend. Das Werk in Rheinhausen wurde 1993 dichtgemacht, und als Leiter der Weiterbildung bei ThyssenKrupp Nirosta musste Steegmann erst in diesen Tagen erleben, „dass unser ganzes Know-how an die Finnen verkauft wurde.“ Eine bittere Entscheidung, wie er findet.

Aus der Politik wird sich Theo Steegmann allerdings nicht verabschieden. „Die Initiative macht auf jeden Fall weiter, wir haben richtig Spaß an Kommunalpolitik bekommen“, sagt er, und es klingt beinahe wie eine Drohung für die etablierte Parteienlandschaft. Zumal Steegmann gleich das schmerzhafte Bild vom Stachel im Fleisch zitiert. Er wolle die Bürger zum Mitmachen bewegen, zeigen, dass man in einer Stadt nicht alles hinnehmen müsse.

Der Blick auf den Verlierer

In der Stunde des Sieges gilt sein Blick aber auch dem Verlierer. „Ich hoffe, dass Adolf Sauerland da menschlich durchkommt, dass ihn jemand aus dem Loch holt“, sagt Steegmann. Vielleicht falle ja nun eine Last von ihm ab. Man müsse ihm gute Freunde wünschen, denn die habe er in der CDU nicht gehabt: „Die haben ihn zu einem Kampf gedrängt, der der ganzen Stadt geschadet hat.“ Von Sauerlands Nachfolger müsse ein Aufbruchsignal ausgehen. Sonst bekommt er es womöglich mit Theo Steegmann zu tun.

Duisburger zur Sauerland-Abwahl

Laura Ueckermann: „Ich finde es gut. Sauerland konnte Duisburg nicht mehr vertreten.“
Laura Ueckermann: „Ich finde es gut. Sauerland konnte Duisburg nicht mehr vertreten.“ © Lars Fröhlich / WAZ FotoPool
Elke Wittgenhagen: „Ich wohne in Mülheim, aber freue mich sehr für die Duisburger.“
Elke Wittgenhagen: „Ich wohne in Mülheim, aber freue mich sehr für die Duisburger.“ © Lars Fröhlich / WAZ FotoPool
Marlon Jopp: „Das ist die richtige Konsequenz. Sein Krisenmanagement war schlecht.“
Marlon Jopp: „Das ist die richtige Konsequenz. Sein Krisenmanagement war schlecht.“ © Lars Fröhlich / WAZ FotoPool
Christina Demtröder: „Ich will mir kein Urteil erlauben, aber es ist wohl besser für die Stadt.“
Christina Demtröder: „Ich will mir kein Urteil erlauben, aber es ist wohl besser für die Stadt.“ © Lars Fröhlich / WAZ FotoPool
Christiane Demtröder: „Ich finde es schlimm, dass nicht vorher Verantwortung übernommen wurde.“
Christiane Demtröder: „Ich finde es schlimm, dass nicht vorher Verantwortung übernommen wurde.“ © Lars Fröhlich / WAZ FotoPool
Sevgi Kavka: „Das wurde auch Zeit. Die Abwahl Sauerlands ist das Richtige.“
Sevgi Kavka: „Das wurde auch Zeit. Die Abwahl Sauerlands ist das Richtige.“ © Fabian Strauch / WAZ FotoPool
Michael Heise: „Mir ist das schnuppe. Nun wird eben ein Politiker durch den nächsten ersetzt.“
Michael Heise: „Mir ist das schnuppe. Nun wird eben ein Politiker durch den nächsten ersetzt.“ © Fabian Strauch / WAZ FotoPool
Heike Susen: „Ich glaube, das ist ok. Sauerland klebte zu sehr an seinem Stuhl.“
Heike Susen: „Ich glaube, das ist ok. Sauerland klebte zu sehr an seinem Stuhl.“ © Lars Fröhlich / WAZ FotoPool
Andreas Susen: „Ich finde es suspekt, wenn Menschen so ihrem Posten festhalten.“
Andreas Susen: „Ich finde es suspekt, wenn Menschen so ihrem Posten festhalten.“ © Lars Fröhlich / WAZ FotoPool
Birgit Eickholt: „Ich finde es gut, weil die Mehrheit der Bürger nicht hinter ihm steht.“
Birgit Eickholt: „Ich finde es gut, weil die Mehrheit der Bürger nicht hinter ihm steht.“ © Lars Fröhlich / WAZ FotoPool
Birgit Pannenbäcker: „Beide Daumen hoch. Ich finde es super, dass er endlich weg ist.“
Birgit Pannenbäcker: „Beide Daumen hoch. Ich finde es super, dass er endlich weg ist.“ © Lars Fröhlich / WAZ FotoPool
Theo Syben: „Fast 130.000 Stimmen – das drückt deutlich die Peinlichkeit seiner Person aus.“
Theo Syben: „Fast 130.000 Stimmen – das drückt deutlich die Peinlichkeit seiner Person aus.“ © Lars Fröhlich / WAZ FotoPool
Am Sonntag, den 1Mathias Raab: „Ich weiß nicht, ob er der Hauptschuldige ist. Ich denke, es trifft den Falschen.“
Am Sonntag, den 1Mathias Raab: „Ich weiß nicht, ob er der Hauptschuldige ist. Ich denke, es trifft den Falschen.“ © Fabian Strauch / WAZ FotoPool
Adelheid Hoffmann: „Das ist eine gute Nachricht, auf die ich sehr gespannt gewartet habe.“
Adelheid Hoffmann: „Das ist eine gute Nachricht, auf die ich sehr gespannt gewartet habe.“ © Fabian Strauch / WAZ FotoPool
Nicol Antrecht: „Ich find’s gut. Ich hab die Abwahl komplett per Radio und Facebook verfolgt.“
Nicol Antrecht: „Ich find’s gut. Ich hab die Abwahl komplett per Radio und Facebook verfolgt.“ © Fabian Strauch / WAZ FotoPool
Lars Neveling: „Ich war nicht wählen, weil ich das als einseitige Hetzjagd empfunden habe.“
Lars Neveling: „Ich war nicht wählen, weil ich das als einseitige Hetzjagd empfunden habe.“ © Fabian Strauch / WAZ FotoPool
Kevin Renner: „Meiner Meinung nach ist die Abwahl das Beste, was passieren konnte.“
Kevin Renner: „Meiner Meinung nach ist die Abwahl das Beste, was passieren konnte.“ © Fabian Strauch / WAZ FotoPool
Martin Steinert: „Ich bin froh, dass der Oberbürgermeister abgewählt wurde.“
Martin Steinert: „Ich bin froh, dass der Oberbürgermeister abgewählt wurde.“ © Fabian Strauch / WAZ FotoPool
Sascha Zimmer: „Ich finde das einfach gut. Mehr kann ich dazu eigentlich gar nicht sagen.“
Sascha Zimmer: „Ich finde das einfach gut. Mehr kann ich dazu eigentlich gar nicht sagen.“ © Fabian Strauch / WAZ FotoPool
Jaqueline Lamm: „Ich sehe das gespalten. Es gibt eben viel mehr Schuldige beim Loveparade-Unglück.“
Jaqueline Lamm: „Ich sehe das gespalten. Es gibt eben viel mehr Schuldige beim Loveparade-Unglück.“ © Fabian Strauch / WAZ FotoPool
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