Neuss. . Shakespeares Geburtstag jährt sich 2014 zum 450 Mal. Da ist der 24. von Neuss’ Shakespeare Festival eine Kleinigkeit. Aber für Fans ist das vierwöchige Theaterfest im Zeichen des Dramen-Titanen längst eine feste Adresse. An diesem Donnerstag, 19. Juni, geht es los, über 90 Prozent der Karten sind schon jetzt verkauft.

Wie machen die das bloß am Niederrhein? Da ist 2014 noch kein einziges „Sein oder Nichtsein“ über die Bühne geraunt worden, hat noch keine einzige Julia die vermeintliche Nachtigall für eine Lerche erklärt – und doch sind stolze 93 Prozent der Karten für das an diesem Donnerstag beginnende Shakespeare Festival im Neusser Globe schon weg!

Und das ist nicht einmal dem 450. Geburtstag Shakespeares geschuldet. Die vier Theaterwochen rund um den Globe, Nachbau eines elisabethanischen Theaters, sind schon lange eine Erfolgskon­stante europäischer Festivals. Es geht ins 24. Jahr mit dem Aufführungsreigen im Zeichen der dramatischen Weltmacht Shakespeare. Ermüdungserscheinungen? Fehlanzeige.

Spannende Gegenwartsdeutungen

Es geht den Festivalmachern rund um Rainer Wiertz, ihren Taufpaten und künstlerischen Leiter (seit Beginn) das Pulver nicht aus. „Das verdanken wir Shakespeare“, sagt Wiertz bescheiden, obwohl es doch auch sein Näschen ist, das europaweit (und manchmal noch weiter) treffsicher spannende Gegenwartsdeutungen findet, herholt und vom Publikum feiern lässt.

Es geht häufig heutig zu

Und so sehr der Theaterbau auf der Neusser Rennbahn historische Kulisse suggeriert, so heutig geht es häufig zu. Auch hierfür dankt der Theaterchef dem Theatertitanen: „Wenn es um Heinrich V. geht“, sagt Wiertz, „dann ist es die Leistung Shakespeares, dass es auch für einen Zuschauer aus Duisburg deutlich mehr ist als eine Geschichte vom englischen Königshaus.“ Und schon kommt Wiertz ins Schwärmen, wie der junge Regisseur Csaba Polgar mit seinem Budapester Gastspiel in diesem Jahr vom römischen Feldherrn „Coriolan“ (5. Juli) erzählt. Packend aktuell sei das, auch weil dieser Shakespeare von Figuren erzählt, die Ungarn noch recht gut präsent hat: „Alte Eliten, die ihre Stühle nicht freigeben wollen“.

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Wiertz, des Globe-Festivals unumstrittener König, ist ein Mann mit Humor. Der macht vor Shakespeare nicht Halt. „Die Deutschen halten ihn für den wichtigsten deutschen Schriftsteller“, lacht der Neusser Kulturreferent und spielt an darauf, dass der Brite bis heute vor Goethe, Schiller, Kleist auf unseren Bühnen präsent ist.

Magnet, auch der Originalsprache wegen

Aber warum ist Neuss zum Magneten geworden? Es sei ganz sicher auch die Lust, Shakespeare im Original zu hören. Immer seien es die Aufführungen in englischer Sprache, die als erste ausverkauft sind. „When shall we three meet again?“, beschwört Wiertz schmunzelnd die Hexen des Macbeth und ist sich sicher: „Im Original ein ,to be or not to be’ zu hören, das ist für viele Besucher etwas ganz Besonderes.“

Katharina Thalbach kommt

Pfund zwei: der Ort. Genauer: Das Gebäude. Das Zwölfeck, einst nach einer Landesgartenschau bei Gütersloh kurz vor der Verschrottung, fand am Niederrhein eine neue Heimat. Natürlich, sagt Rainer Wiertz, ist fast alles in diesem Nachbau des „echten“ Globe nur ein „Als ob“. Kein Zuschauer stehe mehr (wie bei Shakespeare) und „zum Glück wirft auch keiner mehr mit Tomaten oder faulen Eiern“. Aber das Faszinosum aus „dramaturgischer Kraft und Enge“ (niemand sitzt weiter als zehn Meter vom Schauspiel entfernt) ist ungebrochen. Einen theatralischen „Dampfkochtopf“ nennt Wiertz das Haus, das auch 2014 ein bewährter Mix aus Prominenz und Avantgarde füllt.

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Zu den Prominenten zählt Katharina Thalbach, die über Shakespeare spricht, „Wie er uns gefällt“. Der Starflötist Stefan Temmingh reist samt „Gentleman’s Band“ in die Zeit alter Liebeslieder. Ungarische und spanische, britische und deutsche Bühnen durchmessen in ihren Inszenierungen vom, „Sturm“ bis „Richard III.“, von „Pericles“ bis zu „Viel Lärm um Nichts“, Shakespeares ruhelose Welt. Und Zeitgenossen von einst schauen auch vorbei und gratulieren. Gleich zwei Stücke von Lope de Vega zählen zum Reigen der 13 Stücke, die 2014 zu sehen sind.

Picknickkorb fürs Vergnügen davor

Falls Sie noch nie da waren: Immer öfter ist das Shakespeare-Festival eine Bleibe für mehr als die zwei, drei Stunden, also doch nicht nur Dampfkochtopf. Fürs längere Vergnügen im Freien davor und danach kann man in Neuss sogar einen Picknickkorb buchen. Er kostet exakt 15,64 €. Und Rainer Wiertz sagt ganz unschuldig: „Raten Sie mal, warum!“

Infos zum Shakeaspeare Festival in Neuss 

Vom 19. Juni bis 19. Juli dauert 2014 das 24. Shakespeare Festival im Globe Neuss.

Neben vielen Inszenierungen, die von den berühmten Komödien („Sommernachtstraum“, 24. bis 27.6, Propeller Company) bis zu „Richard III.“ der Bremer Shakespeare Company (7./8.7.) reichen, ergänzen Lesungen, Konzerte und die Kult-“Lectures“ des Shakespeare-Kenners Patrick Spottiswoode das Programm.

Karten und Programm: Tel. 02181-211670 und www.shakespeare-festival.de