Neuss. Senta Berger, die große Dame des deutschen Films und Fernsehens, eröffnete das 23. Shakespeare-Festival im Neusser Globe Theater mit den Sonetten des großen Dramatikers. Bis zum 13. Juli folgen noch zwölf Stücke, inszeniert von internationalen Kompanien aus England, Georgien, China und Deutschland.

Verliebt in Shakespeare? Senta Berger lächelt. „Nein, aber er ist mir nah’, ich bewundere ihn. Er war Schauspieler, Theaterleiter in einem Haus ohne Dach, vormittags Proben, von 14 bis 18 Uhr Vorstellung und nachts hat er ein kluges Stück nach dem anderen geschrieben.“ Wo blieb da die Zeit zu lieben? „Das kriegen wir alle immer unter, wenn wir das wollen!“ ist die Frau mit Hollywood-Karriere, die in mehr als 100 Kinofilmen, auf der Bühne und im Fernsehen ihr Profil entwickelte, sicher.

Mit Charme, Spott und sichtlichem Vergnügen

Mit Shakespeares begehrlichen Sonetten an jene geheimnisvolle „Dark Lady“ hat die ebenso prominente wie beliebte Schauspielerin soeben das 23. Shakespeare Festival im Neusser Globe Theater eröffnet: „With Shakespeare in Love“. Im schwarzen Hosenanzug steht sie da, weit mehr als Rezitatorin. Die samtig tiefe Stimme der höchstens dem Ausweis nach 72-Jährigen trägt die 14-Zeiler voller Sehnsucht, Begierde, Eifersucht, Verlustängsten und Alterszweifel in die Herzen des Publikums.

Mit Charme, leisem Spott und sichtbarem Vergnügen kostet sie Widersprüchliches und Mehrdeutigkeiten aus, streift die Spekulationen der Literaturwissenschaft, wer die namenlose dunkle Dame im Leben des genialen Dichters wohl war, um schließlich kess anzudeuten, dass der ganze sinnenreiche Herzschmerz auch schnöde Auftragsarbeit gegen Honorar gewesen sein könnte.

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Exzellent begleitet wird die Meisterin vielschichtiger Kammertöne von der Capella Monacensis, die dank Blockflöten, Langhalslaute, Viola da Gamba und Sopranstimme den musikalischen Geist der elisabethanischen Zeit frisch durch das 12-eckige Rund des Globe wehen lässt. Kaum zu glauben, dass Senta Berger ihr Textkonzept wegen Dreharbeiten nur telefonisch, ohne Proben, mit dem Leiter des Ensembles absprechen konnte. So aus einem Guss wirkte die ausverkaufte Premiere.

Überrascht, erzählt sie am nächsten Morgen, habe sie die begeisterte Reaktion des Publikums. Ihr Alfred-Polgar-Abend mache es den Zuschauern mit seinen tollkühnen Lachern schließlich viel leichter. Und dann das Lampenfieber! „Es wird schlimmer, je mehr man weiß über sich“, gesteht die Berger. Ihr Mann, Regisseur Michael Verhoeven, mit dem sie seit 46 Jahren verheiratet ist, rufe oftmals noch eine Viertelstunde vor dem Auftritt ermunternd an.

Drei Schichten Kalkpuder und eine Flohfalle

Apropos Auftritt: In Shakespeare-Stücken habe sie nur kleine Rollen gespielt. Aber mit der Katharina aus „Der Widerspenstigen Zähmung“ wollte sie damals zur Aufnahmeprüfung an der Schauspielschule vorsprechen. „Ach, nein, nicht schon wieder!“ habe man entnervt abgewunken, sie aber später doch genommen. Theater spielt sie seit acht Jahren nicht mehr. Dafür hagelt es TV-Auszeichnungen, u. a. für „Unter Verdacht“. Senta Berger, die Frau mit Haltung, schreibt mit an den kritisch engagierten Drehbüchern für die Reihe um die Kriminalrätin und „Gerechtigkeitsfanatikerin“ Prohacek. Mit der 25. Sendung im nächsten Jahr soll Schluss sein. „Das wird mir sehr schwer fallen.“

Einen Tag vor ihrem Neusser-Gastspiel, hat Senta Berger noch ihre Moderation der TV-Reihe „Terra X“ abgeschlossen. Thema: Schönheit im Wandel. Da spielen natürlich auch sie eine Rolle: die drei Schichten Kalkpuder und die Flohfalle der Shakespeare-Zeit.

  • Bis zum 13. Juli stehen in Neuss zwölf Stücke auf dem Programm. Zu der 23. Ausgabe des Festivals reisen Theatergruppen aus England, Georgien, China und Deutschland an.
  • Karten: Tel. 02131/52699999 Weitere Infos unter: www.shakespeare-festival.de