Neuss. .
Verliebt in Shakespeare? Senta Berger lächelt. „Nein“, das sei sie nicht – „aber er ist mir nah’, ich bewundere ihn. Er war Schauspieler, Theaterleiter in einem Haus ohne Dach, vormittags Proben, von 14 bis 18 Uhr Vorstellung und nachts hat er ein kluges Stück nach dem anderen geschrieben.“ Wo blieb da die Zeit zu lieben? „Das kriegen wir alle immer unter, wenn wir das wollen!“, ist die Frau mit Hollywood-Karriere, die in mehr als 100 Kinofilmen, auf der Bühne und im Fernsehen ihr Profil entwickelte, sicher.
Mit Shakespeares begehrlichen Sonetten an jene geheimnisvolle „Dark Lady“ hat die ebenso prominente wie beliebte Schauspielerin soeben das 23. Shakespeare Festival im Neusser Globe Theater eröffnet: „With Shakespeare in Love“. Im schwarzen Hosenanzug steht sie da, weit mehr als Rezitatorin. Die samtig tiefe Stimme der nur dem Ausweis nach 72-Jährigen trägt die 14-Zeiler voller Sehnsucht, Begierde, Eifersucht, Verlustängsten und Alterszweifel in die Herzen des Publikums. Mit Charme, leisem Spott und sichtbarem Vergnügen kostet sie Widersprüchliches und Mehrdeutigkeiten aus, streift die Spekulationen der Literaturwissenschaft, wer die namenlose dunkle Dame im Leben des genialen Dichters wohl war, um kess anzudeuten, dass der ganze sinnenreiche Herzschmerz auch schnöde Auftragsarbeit gegen Honorar gewesen sein könnte.
Exzellent begleitet wird die Meisterin der vielschichtigen Kammertöne von der Capella Monacensis, die dank Blockflöten, Langhalslaute, Viola da Gamba und Sopranstimme den musikalischen Geist der elisabethanischen Zeit frisch durch das 12-eckige Rund des Neusser Globe-Theaters wehen lässt.
Einen Tag vor ihrem Neusser-Gastspiel, hat Senta Berger übrigens noch ihre Moderation der TV-Reihe „Terra X“ abgeschlossen. Thema: Schönheit im Wandel. Da spielen natürlich auch sie eine Rolle: die drei Schichten Kalkpuder und die Flohfalle der Shakespeare-Zeit.