Duisburg. Ein Wirbelsturm im Multimedialand: Suzanne Andrade und Barrie Kosky sowie der Animationsvirtuose Paul Barritt gaben Mozarts „Zauberflöte“ ein ganz neues Gewand. Das Duisburger Publikum der Deutschen Oper am Rhein war begeistert.

Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust: Mozarts „Zauberflöte“ als Multimediaspektakel riss bereits in der Komischen Oper Berlin das Publikum vor Begeisterung von den Sitzen. Bei der Übernahme durch die Deutsche Oper am Rhein war es jetzt in der Duisburger Premiere nicht anders. Der Bühnenzauber von schier grenzenloser Fantasiefülle und Perfektion verschlug einem tatsächlich den Atem. Allerdings legt sich die Gemeinschaftsarbeit des Regiegespanns Suzanne Andrade und Barrie Kosky sowie des Animationsvirtuosen Paul Barritt so übermächtig über die Produktion, dass die Musik und vor allem der Gehalt des Stücks an den Rand gedrängt werden.

Comic-Figuren und Filmhelden

Wenn an allen möglichen und unmöglichen Stellen völlig deplatzierte Lacher provoziert werden, wird nicht einmal Mozarts Musik die Chance gelassen, ihr Aroma zu verströmen und sich mit ihrer hintergründigen Aussage Gehör zu verschaffen. Damit entpuppt sich die Erfolgsproduktion als Reise auf zwei divergierenden Gleisen: Eins führt in die Wunder- und Bilderwelt des frühen Stummfilms und eines irgendwo ins zwischen Monthy Python und Entenhausen angesiedelten Comic-Reich. Das Zweite, das uns Mozart und den aufgeklärten Appell der „Zauberflöte“ näherbringen will, outet sich schnell als Abstellgleis.

Barrie Kosky reduziert die Story auf eine Liebesgeschichte aus der Fantasywelt. Von der untrennbar mit dem Stück verwachsenen Freimaurer-Ideologie will er nichts wissen. Damit aber auch nichts von Mozarts Werben um Menschlichkeit und Weisheitstugenden. Ein Animationsfilm von beeindruckend filigraner Detailfülle und einem Turbo-Tempo bindet die Sänger, die meist bewegungsarm auf der Bühne oder in Nischen der Leinwand agieren, mit minutiöser Präzision in einen optischen Wirbelsturm ein.

Die Figuren sind an Filmhelden der 20er-Jahre angelehnt. Papageno an Buster Keaton, begleitet von ei­ner munter über die Leinwand huschenden Katze, Pamina an Hollywoodstar Louise Brooks, Monostatos an Nosferatu und die Königin der Nacht an eine Spinne von den Dimensionen King Kongs. Wirklich schön gemacht. Aber was soll das?

Die Musik gerinnt zur reinen Hintergrundkulisse. Und so klang sie in Duisburg leider auch. Trotz der prominenten Besetzung aus dem exzellenten, Mozart-erprobten Ensemble der Rheinoper wirkte die Produktion vokal erstaunlich schwach. Axel Kober am Pult der nur bedingt inspirierten Duisburger Philharmoniker schien mit recht robustem Einsatz und mäßigem Erfolg gegen die optische Übermacht ankämpfen zu wollen.

Alles andere als gelöst

Thorsten Grümbels Bass klang als Sarastro ungewöhnlich matt und ausdrucksarm. Jussi Myllys bringt für den Tamino alles mit, schien aber gehemmt und alles andere als gelöst. Auch Anke Krabbes Pamina ließ den großen lyrischen Zauber der Partie vermissen. Und Richard Šveda verhalf dem Papageno nur zu bescheidenem Charme. Einzig Heidi Elisabeth Meier erreichte das von der Rheinoper gewohnte vokale Niveau.

Schade: Ein grandios begabtes, jedoch zu selbstverliebtes szenisches Team zwingt Mozarts Kunst in die Knie. Darüber kann auch der hymnische Beifall des Premierenpublikums nicht hinwegtäuschen.