Duisburg.

Echte Schmuckstücke im Repertoire der Deutschen Oper am Rhein sind Immo Karamans Inszenierungen von Opern Benjamin Brittens. Aus Anlass des 100. Geburtstags des Komponisten ist im Theater als Wiederaufnahme „Peter Grimes“ zu sehen. Der Duisburger Tenor Corby Welch gibt sein Debüt in der Titelrolle und wird mit Bravos und Beifall geradezu überschüttet.

Obwohl „Peter Grimes“ 1945 uraufgeführt wurde, atmet dieses Werk noch den Geist der romantischen Oper. Britten nutzt das klassische Tonartensystem, schreibt nachvollziehbare Melodien und schreckt auch vor Ohrwürmern wie dem Kneipenchor „Old Joe has gone fishing“ nicht zurück. Dazu stecken in der Musik so viele Emotionen, dass die Geschichte jedem Zuschauer unter die Haut geht.

Grandiose Bilder

Dem Team um Regisseur Immo Karaman und Choreograph Fabian Posca ist eine Inszenierung aus einem Guss gelungen. Hier greift alles perfekt ineinander. Das Bühnenbild von Kaspar M. Zwimpfer besteht aus Holzfassaden, die sich zu Wellen auftürmen und die Kostüme von Nicola Reichert machen aus den Bewohnern des Küstenfjords eine Ansammlung heimtückischer Zombies. Das Zusammenspiel von Bühnenbild, der Anordnung der Figuren im Raum und nicht zuletzt die Beleuchtung von Volker Weinhart lässt grandiose Bilder entstehen.

Corby Welch zeichnet den Fischer Grimes als einen zerrissenen Charakter, der vom sozialen Aufstieg und der Ehe mit der Lehrerin Ellen Orford träumt, aber an der Umsetzung scheitert. Er entwickelt die Rolle genau aus dem Text heraus und zügelt seine kräftige Tenorstimme, um den Grimes mit viel Zwischentönen als traumatisierten und introvertierten Charakter eindringlich darzustellen.

Viele Bravos erhält auch Sylvia Hamvasi für ihr Debüt als Ellen Orford. Sie zeichnet einen starken, optimistischen und selbstbewussten Charakter, der sich gegen die ganze Dorfgemeinschaft stellt. Hamvasi singt die Ellen mit lyrischem und hellem Sopran und gibt der Rolle eine starke Prägung. Tomasz Koniezny singt den Kapitän Balstrode mit knorriger Baritonstimme als alten Seebären, dem kein Sturm etwas anhaben kann.

Starkes Ensemble

Überhaupt präsentiert die Rheinoper hier ein starkes Ensemble, in dem jeder Sänger seine Figur genauestens auf den Punkt verkörpert: Bei Renée Morloc, Marta Márquez, Florian Simson und Günes Gürle überrascht, mit welcher Besessenheit sie in ihre Rollen schlüpfen. Da Karaman und Posca für jede Figur eine charakteristische Körpersprache entwickelt haben, erlebt der Zuschauer ein faszinierendes Panoptikum von ebenso skurrilen wie gefährlichen Typen. Auch Gregor von Kerssenbrock-Krosigk als Grimes Lehrjunge stellt seine Figur authentisch dar.

Die Duisburger Philharmoniker unter Wen-Pin Chien entfalten gekonnt die Dramatik der Britten-Partitur, gestalten aber auch sehr schön die lyrischen Seiten des Werkes. Die Zwischenspiele, in denen Britten unterschiedliche Stimmungen des Meeres aufgreift, werden von den Philharmonikern sehr differenziert musiziert und beeindrucken mit ihrer herben Schönheit. „Peter Grimes“ ist in dieser Saison noch einmal am Freitag, 1. November, um 18.30 im Theater am König-Heinrich-Platz zu erleben. Karten und Informationen unter Telefon 0203/3009 100.