Duisburg/Düsseldorf. . 200 Jahre Verdi, da präsentiert jedes Opernhaus, das was auf sich hält, eine Neuinszenierung aus dem üppigen Schaffen des Meisters. Die Rheinoper Düsseldorf/Duisburg setzt auf ein selten gespieltes Werk. Doch die oft unterschätzte „Luisa Miller“ ist am Rhein weder musikalisch noch szenisch ein großer Wurf geworden.

Über den Beitrag der Rheinoper zum Wagner-Jahr (Tannhäuser, einmal gespielt, Pseudo-Skandal, dann konzertant) haben wir üppig berichtet. Aber 2013 gilt es auch Verdis 200. Geburtstag. Soviel ist sicher: Diese „Luisa Miller“ wird keine Empörungsoper. Eine gute Nachricht scheint das nur auf den ersten Blick. Zu sehen ist Mittelmaß der Stadttheaterliga.

Bellincampi dirigiert brachial und ohne Finesse

Es bricht einem schon bei der Ouvertüre der Schweiß aus. Dass mit Giordano Bellincampi ausgerechnet ein Italiener Brachialklang mit Belcanto gleichzusetzen scheint, irritiert. Aber wie die Exzellenz der Duisburger Philharmoniker unter seinem dirigentischen Dampfhammer Farben und Finessen einbüßt, trägt tragische Züge.

„Luisa Miller“ kann erstklassiges Musiktheater bedeuten, auch wenn Verdis Librettist Schillers „Kabale und Liebe“ auf einen eher eindimensionalen Reißer einkochte. Doch hört man den Meister vor dem Durchbruch: feinnervig individuell charakterisierend und durchaus mit Mut zum musikdramatischen Experiment, wie etwa die A-Capella-Szene demonstriert.

Unschuld im bürgerlichen Kinderzimmer

Mit einem Deutungs-Coup wie Hilsdorfs Essener „Luisa“ kann Carlos Wagners Rheinopern-Inszenierung nicht aufwarten. Anfangs erhofft man sich viel von Kaspar Zwimpfers Bühne, die die Unschuld der bürgerlichen Titelheldin in ein Ikea-Kinderzimmer übersetzt. Aber wenn Bienchen und Häschen in einer rechtschaffen hilflosen Choreographie herumhüpfen, da wartet man nur noch auf die Lautsprecherdurchsage: „Die kleine Luisa möchte aus dem Småland abgeholt werden.“

Die Gegenwelt zum Puppenidyll ist ein Kunstgewerbe-Gruselwald wie im Phantasialand. So tief waten der fiese Graf und die Seinen durch den Morast der Amoral, dass sie den Dreck schon nicht mehr von den Kleidern kriegen.

Die Tragödie plätschert vor sich hin

Wer hofft, die unmögliche Liebe zwischen Luisa und dem Fürstensohn Rodolfo könnte durch diese Bilder Zuspitzung und dramatischen Zug erfahren, geht leer aus. Die Tragödie plätschert vor sich hin. Tanzeinlagen der Schurken werden halbherzig gewagt, man ist eben immer nur ein bisschen hässlich in Addams Family am Rhein.

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Ein reines Sängerfest feiert das Ensemble nicht. Erstklassig Susan Mcleans Federica, die in sinnlich-abgründigen Mezzofarben einen echten Charakter singt. Olesya Golovnevas Luisa ist schauspielerisch fabelhaft, auch lyrisch beachtlich, ganz kratzerfrei geraten ihre großen Szenen nicht. Aber Giancarlo Monsalves Rodolfo? Schöner Mann, enttäuschender Tenor! Boris Statsenkos leidender Übervater Miller rührt, Thorsten Grümbels zeigt als Graf einen schwarzen, schlanken Bass, italienische Wendigkeit ist seine Sache nicht.

Kein Opernhaus in bester Verfassung

Luisas Kinderzimmer übrigens ist von Akt zu Akt geschrumpft – wie unsere Hoffnung, das angeschlagene Opernhaus zum Ende der Saison in bester Verfassung zu sehen. Freundlicher Beifall.

Im Juli in Duisburg: 7.12., 17., 20.

Karten: Tel. 0203 -3009100