Essen. Platz 21 für „Glorious“ – ARD-Unterhaltungchef begründet die Pleite politisch: Deutschland sei unbeliebt in Europa. Kein negatives Wort fiel über den Beitrag selbst, der allen Beteuerungen zum Trotz eine frappierende Ähnlichkeit zum Siegersong des Vorjahres aufwies
Von wegen „Glorious“. 18 Punkte. Nur Platz 21 für Cascada und den deutschen Beitrag zum Eurovision Song Contest, den die barfüßige Dänin Emmelie de Forest mit „Only Teardrops“ überlegen gewann. Man kann sich das natürlich jetzt schönreden. Kann sagen, dass Frankreich, Spanien oder England ja noch schlechter oder wenigstens nicht viel besser abgeschnitten haben. Was ja richtig ist. Aber man kann auch sagen, dass Deutschland ungefähr wieder da steht, wo es vor vier Jahren stand. Aber warum?
Keine Hilfe von den Nachbarn
Natürlich wird jetzt wieder gemeckert über die ehemaligen Ostblockstaaten, die sich die Punkte gegenseitig zuschieben. Und über Nachbarschaftshilfe. Belgien hilft Holland, Holland hilft Belgien und die Zyprioten – gar nicht erst für das Finale qualifiziert – stimmen sowieso immer für Griechenland.
Stimmt alles, auch in diesem Jahr. Aber mal abgesehen davon, dass Dänemark selbst mit viel gutem Willen geografisch nie hinter dem Eisernen Vorhang lag, hat ja auch Deutschland Nachbarn. Aber von denen gab es null bis wenig Punkte. „Superschade“, fand Natalie Horler das, hatte aber auch keine Erklärung dafür: „Man steckt da ja nicht drin, wie die Leute voten.“
140-köpfige deutsche Delegation
ARD-Unterhaltungs-Koordinator Thomas Schreiber hat zumindest eine Ahnung. „Es gibt sicher auch eine politische Lage.“ Er wolle jetzt nicht behaupten „18 Punkte für Angela Merkel“, umschrieb er seinen Gedankengang, aber: „Da stand auch Deutschland auf der Bühne.“ Und Deutschland, so konnte man zwischen den Zeilen hören, sei halt nicht das beliebteste Land derzeit in Europa. Gewinnt ja auch immer beim Fußball.
Selbstkritik jedenfalls war nicht zu hören aus den Reihen der 140-köpfigen Delegation, die nach Malmö gereist war. Nicht an der Art der deutschen Vorauswahl, bei der nicht mehr gecastet wurde, sondern Musikexperten der großen Plattenfirmen ihre Favoriten an den Start brachten und erst recht nicht am Beitrag selbst, der allen Beteuerungen zum Trotz eine frappierende Ähnlichkeit zum Siegersong des Vorjahres aufwies.
Im Gegenteil: Die Platzierung spiegele nicht wider, was Natalie Horler auf der Bühne geleistet habe, stellte Schreiber klar, und schon zuvor hatte der ansonsten gerne lästernde deutsche ESC-Moderator Peter Urban in peinlicher Penetranz immer wieder von einer „tollen Leistung“ der Deutschen gesprochen. Aber was soll er auch sagen über eine Künstlerin, die er als Mitglied der Jury des Vorentscheids selber mit ins Rennen geschickt hatte?
Es fehlte am natürlichen Charme
Fakt ist, dass Horlers Auftritt so professionell war, wie man es von einer Künstlerin erwarten kann, die weltweit mehr als 30 Millionen Tonträger verkauft. Aber er war eben nicht mehr, war nichts Besonderes.
Dänin gewinnt ESC
Und es fehlte der 31-Jährigen am natürlichen Charme, wie ihn etwa die verrückte Griechen-Combo Koza Mostra und vor allem die spätere Siegerin hatte, die mit ihrem naiven Jungmädchen-Charme die Zuschauer eroberte. So wie Lena vor drei Jahren.
Aber selbst auf sie war beim ESC diesmal kein Verlass. Am Samstagabend verhaspelte sie sich als Chefin der deutschen Jury bei den Punkten, vergab zehn zunächst an Norwegen statt an Dänemark, für die sie gedacht waren. „Das war ein Komplettausfall“, gab sie später am Abend immerhin ehrlich zu. Und versprach: „Das nächste Mal läuft’s besser.“
Komponisten-Urgestein Ralf Siegel möchte einen Song schreiben
Das hofft Thomas Schreiber übrigens auch, will am Auswahlmodus aber offenbar nichts ändern. „Für 2014 wollen wir uns noch mehr auf die Song-Auswahl konzentrieren“, kündigt er an. Was wahrscheinlich Komponisten-Urgestein Ralf Siegel neue Hoffnung gibt. „Ich würde“, ließ er nach dem Finale verlauten, „gerne wieder ein Lied für Deutschland schreiben.“ Warum auch nicht? Viel schlimmer kann es ja nicht werden.