Essen. Nach den riesigen Ton-Problemen und teils dünnen Stimmchen der ersten Liveshow ist „The Voice of Germany“ mit Liveshow Nummer zwei zurück in der Erfolgsspur angekommen. Die Freitagssausgabe überzeugte mit besserem Sound und besseren Kandidaten. Neben Top-Favorit Percival überzeugte vor allem eine bisher unscheinbare Kandidatin.

Hat der Tontechniker besser geschlafen oder wurde er gefeuert und durch einen besseren ersetzt? Fest steht: Die Macher von „The Voice of Germany“ haben aus der technisch gefloppten Auftakt-Liveshow gelernt. Bei der zweiten Liveshow passte wieder fast alles – auch der Ton, der ja bekanntlich die Musik macht. Harmonisch abgemischt mit einer Stimme, sie sich deutlich von der Studio-Band absetzte, sangen sich die allermeisten Talente in die Herzen der Zuschauer. Es gab sie wieder, die „The Voice“-Momente, diejenigen Sekunden und Minuten, die den Hype um die neue deutsche Vorzeige-Castingshow begründeten. Die Produktionsfirma „Schwartzkopff“ – bisher in puncto Musikshows nur durch Volksmusik-Sendungen wie „Die Lustigen Musikanten“ oder „Weihnachten mit Marianne und Michael“ aufgefallen – bewies nun endlich ein geschicktes Händchen am Mischpult.

Nach dem dreistündigen Show-Marathon blieben von den sechs Kandidaten aus den Teams der Juroren Rea Garvey und Nena von jeweils sechs nur noch vier Kandidaten übrig. Im Team Nena überzeugte Yasmina Hunziger (34) aus Lohmar mit einer Gänsehaut-Performance von „Heavy on My Heart“ von Anastacia. Das Publikum wählte sie völlig verdient eine Runde weiter, weil ihre Stimme wuchtig und kraftvoll daherkommt.

Ebenfalls vom „The Voice“-Publikum weiter gewählt wurde Behnam Moghaddam (30) aus Hamburg. Mit „Sound of Silence“ (Simon & Garfunkel) bewies er erneut, dass er der Mann für die stillen Töne ist. Nena war gefordert, noch zwei weitere Kandidaten für die nächste Runde zu nominieren. Sie entschied sich erstaunlich schnell für Sängerin Kim Sanders (42) aus Frankfurt und Kassiererin Sharron Levy (33) aus Salzburg, die zuvor mit „All That She Wants“ (Ace of Base) beziehungsweise „Ordinary World“ (Duran Duran) souveräne, wenngleich schnell vergessene Auftritte ablieferten.

Ausgeschieden ist damit zum einen Nina Kutschera (29) aus Offenbach, die Stunden zuvor bei „Free Your Mind“ (En Vogue) mehr schrie als sang. Rea Garvey kritisierte, dass ihr Korsett den Gesang geschwächt habe. Auch für Lisa-Martine Weller ist Schluss. Ihre Variante von Rio Reisers Titel „Junimond“ war zwar nicht grottenschlecht, erinnerte trotzdem eher an eine Mondfinsternis im Januar. So hart würde das die liebevolle „The Voice“-Jury aber natürlich niemals formulieren.

Percival wird bei Twitter weltweit zum „Trending Topic“

Das Team von Rea Garvey ist das stärkte bei „The Voice of Germany“. Umso spannender war hier die Frage, wer ausscheiden musste. Als erstes vom Publikum per Telefon- und SMS-Voting weiter gewählt wurde Percival (45) aus Köln. Er brillierte mit „Hedonism“ von Skunk Anansie. Trotz schwarz umrandeter Augen und wilden Tanzeinlagen wirkte Percival nicht wie eine Witzfigur, sondern wie ein Künstler. Mit Tränen in den Augen hatte er sich nach seinem Auftritt für die „Zugabe“-Rufe im Publikum bedankt. Daraufhin gab es stehende Ovationen, auch von den Juroren. Dass er weiterkam, war keine Überraschung. Er ist Publikumsliebling. Der Hashtag „#Percival“ war minutenlang in den „Trending Topics“ bei Twitter in Deutschland – sogar kurzzeitig weltweit.

Ebenfalls wenig überraschend vom Publikum weitergewählt: Michael Schulte. Den ersten Ton von „Creep“ (Radiohead) versemmelte der Klick-Millionär von YouTube zwar noch, danach aber bot er große Gesangskunst. Der 21-Jährige hat eine Stimme, die man nicht nur mag, sondern im Radio wiedererkennen würde – kein schlechtes Omen für eine Sendung, die „The Voice of Germany“ sucht.

Jasmin Graf ist die große Entdeckung des Abends bei "The Voice of Germany"

Die allesamt talentierten Benny Fiedler (20), Lena Sicks (17), Jasmin Graf (23) und Charles Simmons (40) mussten zittern.

Benny Fiedler traf einige Töne bei „Eiserner Steg“ (Philip Poisel) zwar nicht, seine zerbrechliche Interpretation des Liedes war aber authentisch. Lena Sicks sang „Elektrisches Gefühl“ mit glasklarer Stimme und Freude. Charles Simmons konnte mit „Closer von The Edge“ von „30 Seconds To Mars“ nicht viel anfangen. Der Song passte nicht gut zu seiner Stimme. Er bot im Gegensatz zu den „Blind Auditions“ und „Battles“ allenfalls eine mittelmäßige Leistung.

Besonders überzeugen konnte die bisher unscheinbare Jasmin Graf mit einer absolut grandiosen Interpretation von Frida Golds „Wovon sollen wir träumen“. Vor allem die ersten 30 Sekunden des Auftritts waren gefühlvoll und intensiv - und viel besser als das Original.

Rea Garvey durfte entscheiden, wer von den vier Zitterkandidaten eine Runde weiter kommen durfte. Er haderte, und holte erstmal alle Kandidaten in den Publikumsbereich, wo die minderjährige Lena wegen Jugendschutz-Bestimmungen verweilen musste. Eine liebevolle Geste von Rea Garvey, dem sympathischsten Jury-Mitglied Deutschlands. „Musik ist Geschmack. Punkt. Aus“, sagte er schließlich, schnaufte einmal kräftig durch – und entschied sich für Jasmin und Benny. Für Lena Sicks und Charles Simmons ist „The Voice of Germany“ Geschichte. Es ist eine harte, aber nachvollziehbare Entscheidung.

Hysterische Nena sorgt für trashige Momente bei „The Voice of Germany“

Fazit: „The Voice of Germany“ nimmt nach einem kurzen Dämpfer wieder Fahrt auf - dank überstandener Technik-Probleme und den deutlich stärkeren Teams von Rea Garvey und Nena. Trotz ellenlanger Werbepausen (wahrscheinlich musste der neue Tontechniker refinanziert werden?!) unterhält das Format über drei Stunden lang. Die Stimmen quietschen nicht, die Juroren knuddeln ihre Kandidaten. Und trotzdem ist Spannung da. Für eine gehörige Portion Trash sorgt zudem Jurorin Nena. Wie sie sekundenlang unerwartet ununterbrochen lacht, wie sie ständig hysterisch aufspringt und wirre Sätze sagt – das ist gleichsam unglaublich nervend und unterhaltend. Der „Weltstar Nena“ (O-Ton „The Voice“-Moderator Stefan Gödde) bewirbt sich mit Händen und Füßen für einen Auftritt in der TV-Parodie „Switch Reloaded“.

The Voice of Germany

... Xavier Naidoo ...,
... Xavier Naidoo ..., © SAT.1/ProSieben/Richard Hübner
... Rea Garvey, ...
... Rea Garvey, ... © SAT.1/ProSieben/Richard Hübner
... und The BossHoss. Die erfahrenen Musiker ...
... und The BossHoss. Die erfahrenen Musiker ... © SAT.1/ProSieben/Richard Hübner
... wollen bei
... wollen bei "The Voice of Germany" auf proSieben/Sat.1 aus 150 Talenten die beste Stimme herausfiltern. Dazu ... © SAT.1/ProSieben/Richard Hübner
... sehen sie die Kandidaten nicht, ...
... sehen sie die Kandidaten nicht, ... © SAT.1/ProSieben/Richard Hübner
... sondern sitzen auf ihren Stühlen mit dem Rücken zur Bühne, so dass sie sich nur auf die Stimme konzentrieren können.
... sondern sitzen auf ihren Stühlen mit dem Rücken zur Bühne, so dass sie sich nur auf die Stimme konzentrieren können. © SAT.1/ProSieben/Richard Hübner
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