Berlin. Klassische Eleganz, gewagte Outfits, viel nackte Haut trotz Kälte und auch paar politische Botschaften: Bilanz des Berlinale-Teppichs.

Es wird noch mal spannend. Wer am Samstag zur Bären-Verleihung in den Berlinale Palast kommt, seinen Film schon in der ersten Hälfte des Festivals feierte, wird wohl einen Bären kriegen. Entsprechend wird es noch mal richtig Andrang geben.

Ein ikonisches Bild für diese Berlinale: Der Schneemann am Teppich

Und es soll auch nicht mehr schneien wie noch zur Eröffnung. Obwohl das alle verzaubert hat. Und auch der Schneemann, der am Eröffnungsabend am Teppich gebaut wurde, ganz gut aussah. Und ja auch ein sprechendes Bild war für die doch recht frostigen Festivaltage. Das hielt aber keinen ab, über den Teppich zu schreiten. Wie immer wurden die hundert Meter roter Boden zur Bühne. Daher an dieser Stelle eine kleine Teppich-Bilanz für Jahrgang ‘25 und Berlinale 75.

75. Berlinale - Eröffnung
Ein sprechendes Bild für diese Berlinale: Der Schneemann am Eröffnungsabend der Berlinale. © DPA Images | Christoph Soeder

Gleich anfangs wurde der Laufsteg für politische Botschaften genutzt. Die Berliner Schauspielerinnen Meret Becker und Anna Thalbach rollten das Schriftband „Humanity for all“ aus.

Ihre Kollegen Christian Berkel, Andrea Sawatzki und Ulrich Matthes zeigten mit Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal und Berlinale-Intendantin Tricia Tuttle Fotos des israelischen Schauspielers David Cunio, der von der Hamas als Geisel verschleppt wurde, mit der Aufschrift: „Bring David Cunio Home“.

Die meisten Blicke zog indes Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer auf sich, die auf blütenweißem Kleid „Donald & Elon & Alice & Friedrich?“ trug: ein politisches Statement zur morgigen Bundestagswahl.

75. Berlinale · Eröffnung
Sie zog zur Eröffnung die meisten Blicke lauf sich: Luisa Neubauer mit ihrem „Donald & Elon & Alice & Friedrich?"-Kleid. © DPA Images | Sebastian Gollnow

Ehrenbär-Preisträgerin Tilda Swinton hielt am ersten Abend eine bewundernswerte Rede für mehr Menschlichkeit, die sich am nächsten Tag indes ziemlich relativierte, als sie (einmal mehr) ihre Bewunderung für den BDS, der zum Boykott Israels aufruft, bekundete. Damit hat die Schauspielerin dem Festival einen Bären-Dienst erwiesen. Ein Misston. Ebenso wie Hongkong-Regisseur Jun Li, der erneut von einem Genozid in Gaza sprach, woraufhin sich sofort der Staatsschutz einschaltete. Das blieben glücklicherweise die einzigen Aufreger.

Man hätte auch denken und befürchten können, dass der Teppich im Wahlkampf öfter als Bühne missbraucht würde. Doch das hat sich – bislang – nicht bestätigt. Bei der Premiere des Films „Heldin“, der die alltägliche Überlastung von Pflegekräften in Krankenhäusern zeigt, protestierten immerhin Pflegekräfte aus verschiedenen Krankenhäusern der Stadt gegen den Pflegenotstand.

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75. Berlinale - Filmpremiere «Heldin»
„Pflegenotstand ist politisch gewollt!!!“: Vor der Premiere von „Heldin“ demonstrierten Pflegekräfte aus verschiedenen Krankenhäusern der Stadt. © DPA Images | Soeren Stache

Ansonsten Stars und Sternchen satt in oft gewagten und nicht immer geschmackssicheren, immer aber aufsehenerregenden Outfits. Am obersten Ende der Richter-Skala der Star-Aura dürfte in diesem Jahr Jessica Chastain rangieren, in ihrer güldenen Glitzer- und Feder-Kombination.

Auch Marion Cotillard kam in klassischem Chic. Zeigte aber, da in ihrem Wettbewerbsbeitrag eine Eiskönigin spielt, den Minustemperaturen die kalte Schulter. Und gab sich schulterfrei.

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75. Berlinale
Mehr Glamour geht nicht: Jessica Chastain in einer güldenen Glitzer- und Federn-Kombination. © DPA Images | Christoph Soeder

Noch mehr Haut zeigte Hollywood-Kollegin Rose Byrne, die erst in einem priesterlich wallenden weißen Gewand kam, dieses aber abstreifte und dann in knappem Metallic-Top bauchnabelfrei dastand.

Das Teppich-Luder der Saison aber war Jungstar und Oscar-Anwärter Timothée Chalamet, der auf jeden Dresscode pfiff und in einem babyrosa Strampelanzug erschien, dann spontan den Kapuzenpulli auszog und im Tank Top vor den Kameras tänzelte. Ob er sich einen Berlinale-Schnupfen holte, entzieht sich unserer Kenntnis.

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Marion Cotillard zeigte dem Hundewetter die kalte Schulter. © Getty Images | Andreas Rentz

Bibbern, Schlottern, Zähne zusammenbeißen und sich nichts anmerken lassen: Das ist die Königsdisziplin auf dem Teppich. Die meisten Herren machten es sich da leichter und kamen im klassischen Anzug. Wie Benedict Cumberbatch in unaufgeregtem Grau. Jabob Elordi in schwarzem Oversize. Das Hemd immerhin weit aufgeknöpft. Oder Ethan Hawke in grobem Karomuster und vermutlich kratzigem Bouclé-Stoff.

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75. Berlinale - Premiere «Blue Moon»
In grobem Karo-Muster und vermutlich kratzigem Bouclé zeigte sich Ethan Hawke,. © DPA Images | Christoph Soeder

Fast im Berlin-Style zeigte sich Robert Pattinson in glatter Lederjacke und weiter Jogginghose, die er sich in die Boots stopfte. Das Outfit hat er allerdings in Los Angeles gewählt. Und nicht an das Berlinale-Wetter gedacht, obwohl er das ja eigentlich kennen müsste. „Ich werde erfrieren“, fürchtete er. Aber Spoiler: Das ist nicht passiert.

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Echter Berlin-Look: Robert Pattinson mit glatter Lederjacke, weiter Jogginghose und Boots. © Getty Images | Andreas Rentz

Margaret Qualley entzückte auf der Pressekonferenz mit ihrem kleinen Hund Smokey, dem sie kältegerecht einen Ringelpulli übergezogen hatte. Weiß-Rot - die Berliner Farben! Abends blieb Smokey aber im Körbchen. Um Frauchen nicht die Schau zu stehlen.

Margaret Qualley steckte ihr Hündchen Smokey berlin-gercht in einen Rot-Weiß-Strickpulli. © Getty Images | Matthias Nareyek

Kein Festival aber ohne Pleiten und Pannen. Jessica Chastain hätte fast ihre eigene Premiere versäumt. Weil ihr Taxifahrer sich in New York nicht auskannte, verpasste sie ihren Flug und kam erst einen Tag später.

Mala Emde hatte sich im Berlinale-Palast die Schuhe abgestreift und vergessen, dass sie auf die Bühne sollte, wo sie sich dann barfuß wiederfand. Emma Mackey wiederum, so erzählt uns eine Kollegin, musste zwischen ihren Interviews mal eine Pinkelpause machen. Hat sich dann aus ihrem Zimmer ausgeschlossen und nicht mehr zurückgefunden.

75. Berlinale - Premiere «Strichka chasu»
Wurde auf der Berlinale Mutter: Die ukrainische Dokumentarfilmerin Kateryna Gornostai. © DPA Images | Christoph Soeder

Und Kateryna Gornostai, die Regisseurin des ukrainischen Dokumentarfilms „Strichka Chasu“, fehlte bei ihrer eigenen Pressekonferenz. Das aber aus dem schönsten aller Gründe: Hochschwanger war sie in Berlin eingetroffen– und bekam noch vor der Premiere ihr Kind. Ein Berlinale-Baby! Zur Premiere am Abend kam sie aber doch, mit ihrem Mann und Cutter Niko Romanchenko. Und Landsleute winkten ihr zu. Mit Ukraine-Flagge.