Wuppertal. Das Von der Heydt-Museum stellt in einer üppigen Schau seine Arbeit vor: Wie sowas gelingen kann und wie das Haus in die Zukunft blickt.
Am Anfang waren drei Hunde am Waldrand, ein recht altmodisches Bild von durchaus malerischen Vierbeinern, das Charles Olivier de Penne Ende des 19. Jahrhunderts in Szene setzte. Den vorläufigen Schlusspunkt bildet ein großes Gemälde gleich gegenüber: Der Sternenhimmel über Köln, modern und heftig changierend auf Leinwand gebannt von der im Iran geborenen Künstlerin Toulu Hassani. „01:56 above Horizon“ ist ein Werk, „das wenig zeigt – und doch alles“. So sagt es Museumsdirektor Roland Mönig.
Von der Heydt-Museum: Die älteste Erwerbung und eine ganz junge
Der Blick auf beide Bilder fällt gleich zu Beginn des neuen Rundgangs im Wuppertaler Von der Heydt-Museum. Und dass das Wort Anfang mit einem A beginnt, ist dabei kein Zufall. In seiner neuen Schau nimmt sich das renommierte Haus selbst ins Visier, alphabetisch, aber nicht allzu streng – Anlass ist das 125-jährige Bestehen, das 2027 gefeiert wird. Bis dahin dreht sich hier alles um Vergangenheit und Zukunft, Bestände und Aufgaben, Wünsche und Möglichkeiten. „Museum von A bis Z“ ist ein schönes Angebot für alle, die sich für die Arbeit hinter den Kulissen interessieren, setzt den Fokus aber auch auf Werke, die man sonst nicht zu Gesicht bekommt. Eine wunderbare Ergänzung zur Dauerausstellung, humorvoll und informativ: Zwischen Buddha und Madonna, von Indonesien bis nach Wuppertal.
„Museum A – Z“ fragt in Wuppertal auch nach Aufgaben der Zukunft
Verantwortlich sind Anna Baumberger und Henrike Stein, zwei junge Museumsfachfrauen, deren Blicke auf die Sammlung und ihre Möglichkeiten Fragen stellen und neue Erkenntnisse bescheren. Was macht ein Museum aus? Wie stellen wir uns die Zukunft vor? Oder aber: Warum nicht einmal unter völlig anderen Aspekten auf die Sammlung blicken?
Wie das geht, zeigt Raum Nummer vier, gänzlich in Türkis gehalten. Hier haben Stein und Baumberger Gemälde und Skulpturen völlig neu angeordnet. In der Raum-Mitte wurden figürliche Darstellungen nach Körperhaltung und Größe sortiert, so dass sich eine Buddha-Statue unweit vom Heiligen Georg und einem chinesischen Mönch wiederfindet. Und fast versteckt im Getümmel: Skulpturen von Max Klinger oder Ernst Barlach. An den Wänden indes gibt es ausschließlich Bilder von Künstlerinnen zu sehen, darunter Gabriele Münter, Paula Modersohn-Becker, Emmy Klinker, geordnet nach Sujets wie Landschaften, Porträts, Stillleben. Ein neuer Ansatz – und ein Ausrufezeichen, wie Stein betont: Machen doch Werke von Künstlerinnen in Wirklichkeit auch in Wuppertal gerade mal sechseinhalb Prozent des Bestands aus.
Werke von Gerhard Richter, Max Pechstein, Paula Modersohn-Becker und Gabriele Münter
Ganz am Rand finden dann doch die Werke zweier Männer Platz, was schon deshalb spannend ist, weil der eine Gerhard Richter heißt („Vorhang“, 1965) und der andere Max Pechstein („Der Sohn des Künstlers auf dem Sofa“, 1917). Davor wurde ein Angebot für Menschen mit Sehbehinderung installiert, das erste seiner Art. Hier kann man das Bild ertasten und erfühlen. Eine völlig neue Erfahrung. Und ein Blick in die Zukunft, Z wie Zukunft, wohlbemerkt.
Aber es beginnt ja viel früher. Vier Räume wurden bestückt, 90 Werke insgesamt sind zu sehen, 26 Themen. Darunter auch Exponate, die auf die frühere Sammlungstätigkeit hinweisen: Spielte doch auch die globale Kunst in Wuppertal mal eine Rolle (H wie Herkunft). Der Beweis sind Artefakte aus Afrika und Indonesien, darunter farbenfrohe Sarongs und Umschlagtücher, aber auch spannende Skulpturen wie eine hockende Ahnenfigur aus Papua-Neuguinea, an die man dereinst seine Wünsche und Bitten richtete. Gegenüber: Blicke in die unmittelbare Nachbarschaft. Hier sieht man die örtliche Haspeler Brücke (Marie Luise Oertel, 2000), entdeckt ein famoses kleines Bild von Oskar Schlemmer: „Wuppertal bei Nacht. Alte Freiheit“, eine Arbeit anno 1942, ein Bild aus dem Krieg: Flakscheinwerfer suchen nach Bombern am Himmel. Oder Carl Grossbergs sachliches Ölgemälde „Brücke über die Schwarzbachstraße in Wuppertal“ (1927). Ja, auch das ist lokale Kunst, ganz ohne Piefigkeit.
Das Von der Heydt-Museum in Wuppertal blickt in die Zukunft
Es geht um Fälschungen, die aufgedeckt wurden wie bei den drei falschen van Goghs, allesamt Stillleben (W wie Wissen). Auch das ist Aufgabe eines Museums. Und das Thema Restitution. Hier ist ein Gemälde Max Liebermanns von 1921 zu sehen, das das Museum an seine rechtmäßigen Erben zurückgegeben und dann wieder für seine Sammlung erworben hat, das „Porträt Felix Benjamin“ (ein Beitrag zu P wie Provenienzforschung!).
Am Ende schließlich dürfen die Besucherinnen und Besucher ihre Wünsche formulieren. Und man steht vor einer Wand mit sämtlichen Kunstwerken als Magnet-Bilder. Hier soll jeder zum Kurator werden und alles neu sortieren, alt neben neu, Skulptur neben Gemälde. Teilhabe scheint der Begriff der Zukunft zu sein.