Oberhausen. Ausstellung in Oberhausen zeigt, wie Satire der islamistischen Gewalt trotzt. Und warum Opfer des Anschlags hier hätten verurteilt werden können.
Als am 7. Januar 2015 zwei bewaffnete Islamisten die Redaktion des Satiremagazins Charlie Hebdo stürmten und elf Menschen erschossen, fiel die Welt kurz in einen Schock. Menschen reagierten mit Bestürzung, Solidarität und auch mit der bangen Frage: „Was darf Satire?“. Genau dies rückt nun die kleine Ausstellung „Charlie Hebdo. Freiheit der Kunst – Zehn Jahre nach ,Je suis Charlie‘“ in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen wieder in den Blickpunkt.
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Zehn Jahre nach dem Anschlag ist der Schock verebbt und die Befürworter von Freiheit und Demokratie antworten auf die Frage „Was darf Satire?“ wieder genau wie Kurt Tucholsky mit „Alles!“. Das untermauert auch die kleine, übersichtliche Ausstellung im Foyer des Schlosses mit sieben Original-Zeichnungen, einer Plastik von Jacques Tilly und einer Diaschau mit 20 Karikaturen. Zudem läuft dort der Film: „Free Charlie!“, den Filmemacherin Ricarda Hinz und Autor Michael Schmidt-Salomon für die Giordano-Bruno-Stiftung gedreht haben. Hinz setzt sich entschieden für Meinungsfreiheit ein: „Wir rufen dazu auf, kein Blatt vor den Mund zu nehmen“, sagte sie bei der Eröffnung der Ausstellung. Vor einem Jahr hat die Giordano-Bruno-Stiftung die „Free Charlie!“-Kampagne ins Leben gerufen, um einen bis heute in Deutschland bestehenden gesetzlichen Missstand zu beseitigen.
Wer hätte schon gewusst, dass die Überlebenden des Charlie-Hebdo-Attentats nach deutschem Recht hätten verurteilt werden können? „Weil ihre Zeichnungen Fundamentalisten dazu animiert haben, Terrorakte zu begehen. Und diese Animation kann in Deutschland mit Haftstrafen bis zu zwei Jahren geahndet werden“, erläutert Michael Schmidt-Salomon. Grund dafür ist der §166 des Strafgesetzbuchs, der sogenannte Gotteslästerungsparagraf, der längst aus unserer Rechtsordnung hätte verbannt werden sollte. Dafür hat sich Kurt Tucholsky schon in den 1920er Jahren eingesetzt.
Tatsächlich sind in Deutschland aufgrund dieses Paragrafen schon demonstrierende Exil-Iraner verurteilt worden, die gegen Menschenrechtsverletzungen demonstrierten, indem sie Koranseiten zerrissen. Sie wurden von Islamisten verklagt, weil sie gegen §166 verstoßen hatten.
Es geht also auch darum, die Meinungsfreiheit auf dieser Ebene zu verteidigen, nicht nur in Hinsicht auf die Satire. Doch letztlich hängen diese Themen zusammen, denn Satire deckt ja auch gesellschaftliche Missstände auf und prangert sie an, wenn auch mit Mitteln des Humors. Oder wie Ricarda Hinz es beschreibt: „Humor ist die charmanteste Form von Kritik, die wir üben können.“
„Charlie Hebdo. Die Freiheit der Kunst – Zehn Jahre nach ,Je suis Charlie‘“, bis 2. Februar 2025, Ludwiggalerie Schloss Oberhausen, Konrad-Adenauer-Allee 46, di-fr 11-18 Uhr, Eintritt frei. Auch der Schauraum: Comic + Cartoon in Dortmund (Max-von-der-Grün-Platz 7) zeigt bis zum 26. Januar in seinem digitalen Schaufenster 24 Karikaturen, die an die Opfer des Anschlags und die Bedeutung der Karikatur in der Gesellschaft erinnern.