Essen. Mit ihrem Sommerhit „Espresso“ schaffte es die US-Amerikanerin Sabrina Carpenter in die Top-Charts. Ihr Erfolgsrezept ist recht simpel

Wer ist eigentlich diese Sabrina Carpenter, von der gerade alle reden? Und deren Sommersong „Espresso“ wirklich großartig ist. Gerade hat die 25-jährige US-Amerikanerin ihr sechstes Album „Short n’ Sweet“ veröffentlicht. „Als ich 21 war“, sagt Sabrina Carpenter, „habe ich gedacht, ich bin alt. Jetzt, mit 25, fühle ich mich, als würde ich gerade erst richtig loslegen.“ Kann man so stehen lassen. Denn tatsächlich ist das gerade ihr großer Sommer.

„Espresso“ heißt der Hit, mit dem die im US-Bundesstaat Pennsylvania geborene Popsängerin bei den Radiostationen rauf und runter läuft, seit sie das Stück im April beim „Coachella“-Festival erstmals präsentierte. Die Algorithmen, egal, ob bei Spotify, Youtube, TikTok oder den Radiosendern, lieben dieses Lied, die Menschen lieben es aber ebenso, und es ist wirklich originell und drollig. „That’s that me, Espresso“ singt Sabrina, grammatikalisch grenzwertig aber maximal ohrwurmig.

Den Männern den Kopf verdreht

Der Song, der davon handelt, dass Carpenter Männern den Kopf bis zur Schlaflosigkeit verdreht, als sei sie ein koffeinhaltiges Heißgetränk, hört sich anders an als die restlichen, oft von Unsicherheiten und Selbstreflektion geprägten, Pop-Hits im Moment – leichter, sorgloser, fröhlicher, kecker und koketter. „Ich war zu Anfang wirklich die Einzige, die zu einhundert Prozent an ‚Espresso‘ geglaubt hat“, so Carpenter im Gespräch mit dem US-Magazin Vanity Fair. Sie habe die Bosse ihrer Plattenfirma mit Überzeugungskraft und Sturheit traktieren müssen.

Superstar Taylor Swift nahm Sabrina Carpenter unter ihre Fittiche.
Superstar Taylor Swift nahm Sabrina Carpenter unter ihre Fittiche. © AFP | Angela Weiss

„Wir bewundern Sabrinas Instinkt und ihre kreativen Visionen“, sagt nun auch der Chef ihres Labels Island Records, Imran Majid. Chartmäßig hat es „Espresso“ auf Platz eins in Großbritannien und Platz drei in den USA gebracht, auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz kam das Lied in die Top Fünf. Und mit „Please Please Please“, ihrer ersten US-Spitzenplatzierung, hat die 1,51-Meter-Frau direkt noch einen draufgesetzt. Der Song ist satt an Synthesizern und inspiriert vom Yacht-Rock der Siebziger, er lehnt sich ein bisschen an Haim und an Lorde an und ist in Sachen Arrangement und Melodie wirklich ausgeklügelt. Das Video zu „Please Please Please“ lässt an 90er-Jahre-Gangsterballladen wie „Thelma und Louise“ oder „Natural Born Killers“ denken, die Rolle des männlichen Delinquenten spielt Sabrinas Freund im wirklichen Leben, der irische „Saltburn“-Schauspieler Barry Keoghan.

So blond wie lange keine mehr

Sabrina Carpenter selbst ist so blond wie schon lange keine Popsängerin mehr, was Assoziationen zu Kim Basinger, Sharon Stone oder auch Madonna weckt. Sie sagt: „Ich liebe das alte Hollywood. Ich stehe darauf, wenn es spaßig, verspielt und ein bisschen verrucht ist.“ Auf ihrem Album „Short n’ Sweet“ zieht sie ihr buttermilchwaffelweiches Pop-Konzept überzeugend durch. Sabrina erzählt in ihren Liedern Geschichten (viele davon habe sie selbst so oder so ähnlich erlebt), sie lässt sich auch ein wenig auf Country-Music-Anleihen ein („Slim Pickins“), musikalisch ist das Ganze elegant, stilvoll und hochwertig.

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Dabei sah es lange Zeit gar nicht so aus, als ob aus Sabrina ein richtiger Superstar werden würde. Die Nichte von Bart Simpsons englischer Stimme Nancy Cartwright ging den üblichen Karrierekinderweg. Sie zog mit den Eltern und den älteren Schwestern im Vor-Teenageralter nach Los Angeles, sang auf Youtube Lieder von Adele und Christina Aguilera und landete bald im für seine Familienfreundlichkeit, aber auch den Hang zum Verheizen von jungen Menschen bekannten Disney-Konzern. Sabrina spielte ab 2013 eine Hauptrolle in der Highschool-Serie „Girl Meets World“ (deutscher Titel: „Das Leben und Riley“), parallel nahm sie vier Alben auf, die ein paar kleinere Hits, aber keine wirklichen Spuren hinterließen.

Das melancholische Spektrum

Dann passierten ein paar Dinge, die das Schicksal der Sabrina Carpenter positiv beeinflussten. Natürlich ist es Mist, wenn dein Broadway-Debüt („Mean Girls“) nach zwei Aufführungen im März 2020 corona-bedingt für immer geknickt wird. Doch Sabrina hatte nun Zeit, um in Ruhe ein bisschen zu reifen. „Man kann sagen, es gibt eine Vor-Corona-Sabrina und eine Nach-Corona-Sabrina“, sagt sie.

2022 bringt sie ein Album raus, das aufhorchen lässt. „Emails I Can’t Send“, klanglich eher im melancholischen Spektrum, steckt voller persönlicher Lieder. Es geht um das Verhältnis zum Vater, aber auch um die Liebe. „Because I Liked A Boy“ bekommt besonders viel Beachtung. Der Song ist Carpenters Sicht auf jenes ominöse Liebesdreieck, das zeitweilig für immensen Furor sorgte. Sabrina soll nämlich der Kollegin Olivia Rodrigo den Freund, Schauspieler und Sänger Joshua Bassett, ausgespannt haben. Oder so in der Art. Das bringt natürlich Aufmerksamkeit. Aber „Emails“ war auch ein gutes Album, „meine erste Erwachsenenplatte“, so Carpenter. Wer Sabrinas Karriere mit der von Miley Cyrus vergleichen möchte, was sich absolut anbietet, könnte sagen: „Short n’ Sweet“ ist ihr „Bangerz“, „Espresso“ ihr „Wrecking Ball“.

Und dann ist da natürlich auch noch die Überfigur in allen Dingen Popmusik schlechthin, die Sabrina unter die Arme gegriffen hat: Taylor Swift nahm sie 2023 und 2024 mit auf ihre „Eras“-Tour nach Lateinamerika, Australien und Singapur. Außerdem vermittelte ihr Swift den eigenen Haus-und-Hof-Produzenten und Co-Songschreiber Jack Antonoff, der für knapp die Hälfte der neuen Songs nun die kreative Mitverantwortung trägt. Dass Swift und Carpenter beste Freundinnen sind, sich ständig bei irgendwelchen Anlässen in den Armen liegen und ultralieb übereinander auf Instagram schreiben, schadet gewiss auch nicht. „Möge der Sommer von Sabrina für immer weitergehen“, ließ Taylor jüngst verlauten. Fürs erste besteht daran nicht der geringste Zweifel

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