Essen. Neu im Kino: Mit „Sophia, der Tod und ich“ von Thees Uhlmann gibt Schauspieler Charly Hübner sein Regiedebüt. Vieles ist gelungen, manches nicht.

Damit hat Reiner nicht gerechnet, als es eines Morgens bei ihm klingelt. Vor der Tür steht der Tod und will ihn mitnehmen. Drei Minuten gibt er ihm, um seine Gedanken zu ordnen. Und: Wenn er schreit, stirbt er sofort. Zum Glück erscheint Ex-Freundin Sophia, um den verpeilten Enddreißiger zu einem Besuch bei seiner Mutter abzuholen.

Der Tod erweist sich als gnädig – und Reiner erhält noch etwas Zeit. Er will unbedingt seinen Sohn Johnny treffen, den er noch nie gesehen hat, dem er aber täglich eine Postkarte schreibt. Der Beginn eines deutschen Roadmovies, das mit dem Zug und im Auto aus dem Norden bis ins tiefste Bayern führt.

Mit dem Roman „Der Tod, Sophia und ich“ gelang Tomte-Kultmusiker Thees Uhlmann 2015 ein viel gelobter Bestseller. Jetzt bringt der Schauspieler Charly Hübner („Mittagsstunde“, „Polizeiruf 110“) die irrwitzige, schwarzhumorige, Geschichte in seinem Spielfilm-Regiedebüt in die Kinos. Schlüssig nacherzählt, toll gespielt, aber etwas holprig in der Zubereitung. Dafür steuert Thees Uhlmann mit „Egal was ich tun werde, ich habe immer an dich gedacht“ seinen neuen Song bei, was man durchaus als Anerkennung werten kann.

Michaela auf dem Parkhausdach

Anfangs eine dunkle Stadt, ein Parkhausdach. Hier vergibt Erzengel Michaela (immer eine Schau: Lina Beckmann) allnächtlich ihre Aufträge in Form kleiner Lebensbücher, die sie fein säuberlich auf der Anrichte eines Stands auslegt. Bleiche Gestalten holen sie ab, um sie zu überbringen.

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Dieses Mal hat es auch Reiner erwischt; unentdeckter Herzfehler, das war’s. „Das ist scheißetraurig“, wird es dem armen Kerl kurz drauf nach einer schlaflosen Nacht entfahren. Ein Job für Morten de Sarg, einen gutmütigen Tod (Marc Hosemann, mehlweiß geschminkt). Er soll Reiner erledigen. Was auf der anderen Seite ist, weiß er nicht, „ich helfe nur bei der Überfahrt.“ Als er nicht zeitnah liefert, schickt Gott (angemessen würdig: Josef Ostendorf) einen zweiten Mann hinterher: Der Killer Morck Mortus (Carlo Ljubek) nimmt die Verfolgung auf. Derweil sind Reiner und Sophia mit Morton schon unterwegs zum kleinen Johnny, der im Süden Deutschlands lebt.

Anna Maria Mühe und Dimitrij Schaad

Charly Hübner erzählt mit nordischem Witz, etwas hüftsteifer Betulichkeit und einigen verzichtbaren Albernheiten (wie einem Duell der beiden Tode in Mutter Lines Vorgarten, furchtbar), aber er kann sich auf sein Ensemble verlassen: Dimitrij Schaad als gescheiterter, aber herzensguter Reiner, Anna Maria Mühe („Die Geschichte einer Familie“) als ruppige, schlecht gelaunte Sophia und Johanna Gastdorf als lakonische Mutter Line bilden ein sehens- und liebenswertes Trio, das dem Sensenmann wacker die Stirn bietet. Hübner selbst ist kurz als Herbergsvater zu sehen.

Und so macht das Ganze am Ende richtig Spaß. Jörg Gollasch und das Schweizer Frauen-Duo Steiner und Madlaina haben einen poppigen Soundteppich gewebt, der die Reise begleitet – Höhepunkt ist ein furioser Cancan, der als Ode an das Leben bei der Autofahrt mit vollen Körpereinsatz gefeiert wird. Und Uhlmanns anrührende, tragisch-komische Geschichte, über das, was wirklich zählt, ist es allemal wert, auf die Leinwand zu kommen. Also: kein großer Wurf fürs Kino, aber solide deutsche Unterhaltung.

„Sophia, der Tod und ich“ feiert am 31. August, 20 Uhr, Premiere in der Lichtburg Essen, Kettwiger Straße 36, 45127 Essen. Der Regisseur Charly Hübner und der Autor Thees Uhlmann sind anwesend. Tickets kosten zwölf Euro.

>>> Zur Person: Thees Uhlmann <<<

Thees Uhlmann, geboren 1974 im niedersächsischen Hemmoor, ist Musiker und Autor. Bekannt wurde er als Gründungsmitglied und Sänger der Hamburger Band Tomte; seit 2011 ist er auch als Solokünstler aktiv, zuletzt erschien das Album „Junkies und Scientologen“.

Sein Romandebüt „Sophia, der Tod und ich“ begeisterte 2015 Kritik und Publikum und war ein Spiegel-Bestseller. Die Geschichte wurde fürs Theater adaptiert und in mehrere Sprachen übersetzt.

Nach Angaben seines Verlags Kiepenheuer & Witsch arbeitet Thees Uhlmann an seinem zweiten Roman. Außerdem erschien von ihm 2019 „Thees Uhlmann über die Toten Hosen“.