Oberhausen. Der „Rock am Ring“-erfahrene Tomte-Sänger spielt für Oberhausens soziokulturelles Zentrum am 30. Juli als Star des Samstags.
Thees Uhlmann muss ein grandios großes Herz haben: Der norddeutsche Springsteen aus Hemmoor nahe der Unterelbe beehrte schließlich nicht nur die geschätzten Hamburger Kollegen von Tocotronic mit einem Tourtagebuch, betitelt „Wir könnten Freunde werden“. Nein, der einstige „Tomte“-Sänger erweist auch noch den Toten Hosen literarische Reverenz.
Was Dirk von Lowtzow davon hält, ist nicht überliefert – aber den kantig-herzigen Thees könnte man ja fragen: Er ist der Star des „Pressure Air Festivals“, mit dem sich das Druckluft auf seinem Außengelände am Freitag und Samstag, 29. und 30. Juli, in Oberhausens überreiche Festival-Szene einreiht. Und mit Uhlmann plus Band haben sie einen dabei, der schon bei Rock am Ring und Rock im Park spielte sowie beim nordischen Hurricane Festival. Außerdem dürfte er Am Förderturm 27 der erste Gast sein, der sich schon mal in den Bundesvision Song Contest gewagt hatte. Das war 2011 mit seinem rekordverdächtig langen Songtitel „Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf“. Unverständlicherweise reichte es nur für den achten Platz.
Lieder für Avicii und Stephen King
Mit seinem dritten Soloalbum „Junkies und Scientologen“ ist der ausdauernde Song-Erzähler 2019 zu großer Form zurückgekehrt – und toppte sogar seinen „Lachse“-Titel um noch ein paar Silben mehr: „Ich bin der Fahrer, der die Frauen nach Hip-Hop Videodrehs nach Hause fährt“ klingt ausschweifend, ist aber eine ungemein treffsichere Beobachtung der einschlägigen Szene: Der Punk-geschulte Thees erfasst in vier Zeilen das Wesen des Gangsta-Rap. Über Tim Bergling (1989 bis 2018) alias „Avicii“ reflektierte der Sänger ein Jahr nach dem Freitod des schwedischen DJ schon gefühlvoller: „Du ABBA von Schweden und ich des Deutschen Rock“, so soll es sein.
Zur speziellen Kunst des Namedropping á la Uhlmann zählt dann noch „Danke für die Angst“ als beschwingte Verneigung vor dem Horror-Literaten Stephen King – und der skurrile Titel „Katy Grayson Perry“, der die kalifornische Pop-Sängerin (37) und den britischen Keramik- und Tapisserie-Künstler mit dem Faible fürs Crossdressing (62) in einem Namen zusammenrührt. Nachdem Thees in „Fünf Jahre nicht gesungen“ (als wär’s ein Vorgriff auf die damals noch ungeahnte Pandemie) mit seiner Blockade als Songautor ins Gericht ging, dürfte er hoffentlich heiß sein auf den lauschigen Festival-Gig im Kleinformat.
Hörbar inspiriert von „Sondaschule“
Für diesen Topact des Samstags, 30. Juli, haben die „Pressure Air“-Weisen übrigens kongeniale Bands zusammengestellt: 100 Kilo Herz, Kopfecho, Die Krauses, Splitterfaser – und vor allem „Drei Meter Feldweg“. Denn diese Vier könnten aus ihrem Zuhause in der Lüneburger Heide fast rüberspucken nach Thees’ heimatlichem Hemmoor. Ihre Festival-Referenzen heißen schräg, aber klangvoll „Wutzrock“ und „Nonstock“; ihr vor neun Jahren veröffentlichtes Debütalbum „Randale in der Badewanne“. Man ahnt: Spaß-Punk . . . Doch die niedersächsischen Landeier sind – unter dem hörbaren Ska-Einfluss der Revierikone „Sondaschule“ – mit ihrem dritten Album „Hypermaxx 4000“ zu Zeitkritikern gereift.
Samstags-Karten gelten auch als Kombitickets
Pressure Air ist das Festival der freundlichen Preise: Das Tagesticket für den Freitag gibt’s für 15 Euro; das Samstags-Ticket für 35 Euro plus Gebühren gilt auch als Kombiticket für beide Abende. Online gibt’s Tickets via tixforgigs.com.Einlass ist am Freitag, 29. Juli, um 17 Uhr, Beginn um 17.30 Uhr, am Samstag, 30 Juli, um 15 Uhr, Beginn um 15.30 Uhr. Das Freitags-Aufgebot an Bands besteht aus A.C.K. (Allgemeines Chaos Kommando), The Dead End Kids, Queen Who und weiteren. Am Samstag spielen vor dem Topact Thees Uhlmann, 100 Kilo Herz, Kopfecho, Drei Meter Feldweg, Die Krauses und Splitterfaser.
Den Pandemie-Stillstand überbrückten „Drei Meter Feldweg“ höchst kreativ mit der EP „Viva Coronia“, die mit Neuaufnahmen eigener Songs im Schlager- und Techno-Gewand überraschte.
Beide Genres werden allerdings auch am Festivalfreitag, 29. Juli, nicht bedient – ganz will das Druckluft-Team sein Stammpublikum ja nicht verschrecken. Stattdessen spielen A.C.K. (Allgemeines Chaos Kommando), The Dead End Kids und Queen Who. Und dann alle zusammen mit dem Gründer des „Grand Hotel van Cleef“-Indielabels: „Das Leben ist kein Highway / Es ist die B 73!“