Oberhausen. Starkes Stück: Felicia Zeller erzählt in „Antrag auf größtmögliche Entfernung von Gewalt“ von häuslichen Repressionen und Folgen für die Frauen.

Dieses Haus besteht nur noch aus einem stählernen Skelett. Innen beleuchten kalte Neonröhren die nackte Ruine. Allein ein Hocker mit der Aufschrift „Home sweet home“ erinnert an den Traum von einem besseren Leben. Das Drama „Antrag auf größtmögliche Entfernung von Gewalt“, das jetzt beeindruckende Uraufführung im Studio des Theaters Oberhausen feierte, erzählt von einem Zuhause voller Brutalität, Angst und Ohnmacht. Ein starkes Stück von Felicia Zeller über ein trauriges, gesellschaftsrelevantes Thema. Das Publikum, berührt und begeistert.

Vier großartige Schauspielerinnen (Susanne Burkhard, Rosa Dahm, Anke Fonferek, Maria Lehberg) verkörpern in raschem Wechsel Frauen, die ganz unterschiedlicher häuslicher Repression entflohen sind. Und die dann auf sture Bürokratie mit ihrer unendlichen Antragsflut und auf Probleme im Frauenhaus treffen. Regisseur Eike Weinreich inszenierte ein intensives Recherchestück, das nach Gesprächen mit Bewohnerinnen des Oberhausener Frauenhauses entstanden ist.

Von Brutalität geprägte Lebensgeschichten auf der Bühne

Häusliche Gewalt kennt viele Gesichter. Da ist die Frau mit Migrationshintergrund, deren brutaler Mann („Er ist ein Totmacher“) sie aufspürt, wohin sie auch flieht. Da ist das junge Mädchen, das mit dem Cousin zwangsverheiratet werden soll.

Da ist aber auch die feine Dame aus gutem Hause, die vom Akademiker-Gatten geschlagen und mit heißem Kaffee verbrüht wird. Die Reaktion auf häusliche Gewalt kennt ebenfalls viele Formen. Da ist die Frau, die lieber schweigt und die blauen Flecken überschminkt, eine andere sucht die Schuld allein bei sich selbst.

Auf der reduzierten Bühne von Franziska Isensee entsteht Raum für schlaglichtartige Einblicke in von Brutalität geprägte Lebensgeschichten. Das Hausgerippe bietet sowohl als Zuhause als auch als Frauenhaus nur minimalen Schutz, die Gazevorhänge sind durchsichtig. Denn auch in dieser Unterkunft warten finanzielle Sorgen und Probleme, mit Mitbewohnerinnen, mit Behörden, mit aufspürenden Männern.

Die Figuren wiederholen Satzfetzen in Endlosschleifen

Zeller legt ihren Protagonistinnen eine ganz eigene, rhythmische Kunstsprache in den Mund, die die Angst, Hilflosigkeit und Wut der Frauen spürbar widerspiegelt. Die Figuren wiederholen Satzfetzen in Endlosschleifen, reden abgehackt, verheddern sich, lassen oft die Endverben weg, sprechen im Chor.

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Auf den grellbunten Kostümen (Ines Koehler-Klünenberg) prangen Handabdrücke, die plakativ und gruselig die permanente Übergriffigkeit der Peiniger dokumentieren. Der Zuschauer begegnet aber nicht nur den Betroffenen, sondern auch Helferinnen, wie einer Ärztin, Arbeitgeberin, Beamtin, Nachbarin. Da blitzt in Momenten Hoffnung auf.

Erst Recht, wenn die Frauen am Ende wütend und selbstbewusst brüllend Respekt einfordern. Schade aber, dass sie sich dabei in Gewaltfantasien ähnlich denen der Männer ergehen.

Weitere Termine: 25. Mai, 2. und 10. Juni. Infos: www.theater-oberhausen.de. 1 Stunde 30 ohne Pause.