Oberhausen. Wie viel Geld darf Kultur kosten? Im Oberhausener Kulturausschuss streiten Politiker um Anträge meist ehrenamtlich engagierter Kulturträger.
Es klingt paradox, doch so zeigen es die Beschlüsse des jüngsten Kulturausschusses: Das Budget für einzelne Zuschüsse an freie Kulturträger soll nach einem Antrag der SPD-Fraktion um durchaus stattliche 25.000 Euro erhöht werden – wenn der Rat dieser Empfehlung folgt. Dennoch machen es kritisch gestimmte Fraktionen den Kulturschaffenden schwerer: Sprecher von CDU, FDP und AfD monierten ungenügend begründete Anträge. Zur Überraschung des Ausschussvorsitzenden und Bürgermeisters Manfred Flore gab's unter den sonst meist harmonisch gestimmten Kulturpolitikern denkbar knappe 11:10-Abstimmungen.
Eröffnen konnte der SPD-Politiker die Tagesordnung durchaus hochgestimmt mit der Mitteilung, dass Christine Vogt als Direktorin der Ludwiggalerie nun in die Deutsche Gesellschaft für Photografie aufgenommen wurde. Mit rund tausend berufenen Mitgliedern wirkt die Institution, beheimatet im 800-jährigen ältesten Patrizierhaus von Köln, zunächst nicht wie ein exklusiver Club. Ist es aber – schon dank ihrer Gründerpersönlichkeit, des Publizisten, Sammlers und Kurators Leo Fritz Gruber (1908 bis 2005), der obendrein die "Photokina"-Fachmesse ins Leben gerufen hatte.
Inflation führt zu "Run auf die Fördertöpfe"
Zu den acht Preisen, ausgeschrieben von der Gesellschaft, zählt der (mit einer Leica-Kamera dotierte) Dr.-Erich-Salomon-Preis, den im Vorjahr die "Magnum"-Fotoreporterin Susan Meiselas erhalten hatte. Barbara Klemm übrigens, deren Oeuvre die Ludwiggalerie noch bis zum 7. Mai in der großen Ausstellung "Schwarz-Weiß ist Farbe genug" präsentiert, hatte schon 1989 den Dr.-Salomon-Preis erhalten. Ihren Oberhausener Gastgebern schenkt die langjährige FAZ-Fotografin nun ihre Aufnahme von Andy Warhol vor dem Goethe-Gemälde in der Frankfurter Schirn: das Motiv auf zahllosen Plakaten und Bannern zur bald beendeten Retrospektive.
Apropos, eine Leica M für die preisgekrönte Fotografin muss man auch heutzutage noch manuell fokussieren; die Prestige-Kamera ohne elektronischen Sucher kostet deutlich über 8000 Euro. Dagegen sprach Manfred Flore ironisch von "Peanuts", die der Kulturausschuss an freie Träger vergeben kann – und der sich damit ungewöhnlich schwer tat. Den Hintergrund erläuterte Axel J. Scherer (SPD), nämlich einen "großen Run auf unseren Fördertopf", wohl auch zu erklären durch die allerorten grassierenden Kostensteigerungen.
Budget einmalig um 25.000 Euro erhöht
Deshalb hatten die Sozialdemokraten beantragt, das entsprechende Budget einmalig um 25.000 Euro zu erhöhen – damit nicht nur die "Routiniers" unter den Antragstellern zum Zuge kommen. Dagegen stimmten FDP und AfD. Erich Noldus hatte mit der Begründung für sein "Nein" Unmut bei den größeren Fraktionen entfacht: „Wir sind das Kontrollgremium, doch der Ausschuss nimmt seine Kontrollfunktion nicht wahr", so der AfD-Ratsherr. „Ein Antrag kommt rein, es wird kurz drauf geguckt und zugestimmt." Dagegen verwahrte sich auch Marita Wolter (CDU), die langjährige Vorsitzende des Kulturausschusses: „Wir haben immer mit viel Herzblut entschieden – und sind froh, dass jetzt mehr Anträge kommen."
Um deren Qualität gab es dann allerdings eine ungewohnt kontroverse Debatte. Andreas Gadde von den Grünen meinte schon spitz: „Das sind doch keine EU-Formulare." Amelie Hoff hielt für die FDP dagegen: „Man hat auch in der Veranstaltungsbranche Dinge zu berücksichtigen." Mit dem Hinweis, „das sind alles Ehrenamtliche", mahnte Manfred Flore ebenso wie Romi Domkowsky vom städtischen Kulturbüro, die Antragsteller nicht mit bürokratischen Vorgaben zu überfordern.
Mit teils knappen Abstimmungsergebnissen – und der Hoffnung, der Rat werde der entsprechend höheren Zuschusssumme zustimmen – gab's dann doch Geld für alle Förderanträge. Und deren Bandbreite reicht vom mobilen Theater über das „Buchgestöber" der Geschichtswerkstatt bis zur Gründung eines inklusiven Chores.
„Relaunch" für den umfassenden Veranstaltungskalender
Als gemeinsamen Antrag von SPD und Grünen formulierten Axel Scherer und Andreas Gadde den Prüfauftrag an die Verwaltung, wie sich ein möglichst vollständiger und attraktiv gestalteter Online-Veranstaltungskalender einrichten lasse.
Die Wirtschafts- und Tourismusförderer von der OWT, erklärte Kulturdezernent Apostolos Tsalastras, überarbeiten gerade ihren Webauftritt „für einen Relaunch nach dem Vorbild von Duisburg live". Dessen Start wolle man abwarten. Allerdings werde sich auch das überarbeitete Webportal vor allem an auswärtige Gäste in Oberhausen werden.
Ein ganz anderes Problem für eine möglichst umfassende Terminvorschau erkannte der Ausschussvorsitzende Manfred Flore: „Die Kulturschaffenden müssen auch rechtzeitig liefern!"