Köln. Die Boygroup von einst besteht inzwischen aus Ehemännern und Vätern. Auch wenn sie in Köln signierte Unterhosen verteilten. Schön war’s trotzdem.

Die silbernen und weißen Outfits im Zugabenteil sind ein Fehler. Wenn die Backstreet Boys nach „Larger Than Life“ endgültig von der Bühne der Kölner Arena verschwinden, hat das nichts mehr von der Senkbühnenmagie der vorherigen Male. Stattdessen Licht aus. Abgang über Treppe. Was man, eigentlich, nicht sehen sollte. Aber dank der hellen Kleidung dann doch sieht. Die Wirkung ist ähnlich glamourös, als gingen Howie Dorough, AJ MacLean, Nick Carter, Brian Littrell und Kevin Richardson mal eben in den Keller, neues Bier holen. Aber vielleicht hat genau das Kalkül.

Zum zweiten Mal macht die legendäre Boygroup auf ihrer „DNA“-Welttournee Station in Köln. Wer das Konzert im Juni 2019 verpasst hat, kommt voll auf seine Kosten. Wer es schon kennt, lässt sich auch die Wiederholung gerne gefallen. Die fünf Jungs aus Orlando, Florida, aus denen inzwischen gestandene Männer geworden sind, präsentieren eine, fast, perfekte Mischung von Nostalgie und Neuzeit-Adaption, destilliert aus einer Hit-Maschinerie, die seit beinahe drei Dekaden läuft wie geschmiert. Um das, zwischenzeitlich, zum Stillstand zu bringen, brauchte es erst eine Pandemie.

Alle kennen die Stücke der Backstreet Boys

Auch diejenigen, die nie zur Zielgruppe von BSB gehört haben und die Band als Band nicht gelten lassen – alle singen und tanzen, keiner spielt ein Instrument – kennen Stücke wie „I Want It That way“. Ohne womöglich gewusst zu haben, von wem sie sind. Dass sie beim Anspielen derselben so entzückt aufkreischen wie das Gros der Fans in der ausverkauften Arena, ist nicht anzunehmen. Aber dieses Gros sind Frauen, die Mädchen waren, als BSB 1995 ihr erstes Album veröffentlichen. Stichwort Nostalgie.

Auch interessant

Zwar verteilen AJ McLean und Kevin Richardson in einer „Umkleidepause“ signierte Unterhosen und als Replik fliegt prompt ein pinkfarbener Push Up auf die Bühne, aber das ganze Zwei-Stunden-Hochdruck-Programm ist „a familiy show“, eine Show für die ganze Familie.

Um das klarzumachen, braucht es nicht erst den Einspieler bei „No Place“, der die Protagonisten als Ehemänner und Väter im Kreise ihrer Lieben zeigt. Und deutlich von dem abrückt, was sie einst waren: Projektionsflächen für pubertäre Sehnsüchte. Es macht sie menschlicher, irdischer, ja auch gewöhnlicher. Teenie-Gottheiten gehen kein Bier im Keller holen. Familienväter schon. Und dazu noch ein paar Flaschen Saft oder Limo für die durstigen Kids.

In Köln glühten die Mikroständer wie die Schwerter der Jedi-Ritter

Die Lightshow mit dem gewaltigen, Arena überspannenden Laser-Arsenal, den Glitzergalaxien und den Mikroständern, die glühen wie die Schwerter der Jedi-Ritter, könnte als Star Wars-Adaption durchgehen, die kitschigen, knallbunten Hintergrundbilder mit ihren Wasserfällen, Dschungeln und mystischen Inseln wirken, als hätte bei Disney jemand den falschen Farbfilter erwischt.

Selbst die Rotlicht-Einspieler mit kurviger Frauensilhouette hinter einer Jalousie, dem Anziehen von Netzstrümpfen und angedeutetem Striptease bei „New Love“ sind jugendfrei. Nur dass der Mann, der der Frau beim Strippen zusieht, dabei raucht, hätte man unbedingt noch mal überdenken müssen.

Tänzerisch sind die Backstreet Boys auf gewohntem Synchron-Kurs.
Tänzerisch sind die Backstreet Boys auf gewohntem Synchron-Kurs. © Thomas Brill | Thomas Brill

Auch die gut inszenierten Talkrunden über früher (McLean: „Ich mochte dich kussen – das habe ich noch gut im Kopf“) erzeugen wohlige Nähe, gepaart mit unendlichen Dankes- und Liebesbezeugungen (Richardson: „Wir haben euch so vermisst, es ist so schön, euch wiederzusehen“ oder „Alles für die Backstreet Boys begann in Deutschland“ ).

Die glorreichen Fünf sind immer noch gut im Schuss

Gut in Schuss sind sie noch, die glorreichen Fünf, auch gut bei Stimme(n) und tänzerisch auf gewohntem Synchron-Kurs. Wie gesagt: die Mischung ist, fast, perfekt. Nur beim Sound hapert’s arg. Wie schon beim letzten Mal lautet die Devise: je lauter, desto besser. Nichts dazu gelernt. Leider. Für Kinderohren wären solche Dezibel-Dröhnungen Gift. Auch den Erwachsenen klingeln nachher gewaltig die Ohren. Vielleicht wird`s demnächst ja besser.

Am 31.10. spielen die Backstreet Boys noch einmal in der Lanxess-Arena, am 4.11. in der Dortmunder Westfalenhalle. Es gibt noch Restkarten.