Das neunte Album „DNA“ der fünf Männer klingt überraschend knackig. Die Konzerte zur gleichnamigen Tour sind bereits ausverkauft.
Lassen wir die offensichtliche Frage danach, wie seriös es ist, dass fünf Männer Mitte 40 ihre Musik unter dem Namen Backstreet Boys veröffentlichen, einfach unbeantwortet. Aber ja, es ist wahr: Backstreet’s back! Der Superstar-Boygroup aus den 1990er-Jahren ist es gelungen, erneut auf sich aufmerksam zu machen. Ein wirkliches Comeback ist es nicht, denn getrennt hatten Nick, AJ, Brian, Howie und Kevin sich nie. Das Quintett ist seit 1993 aktiv, schrumpfte zwar vorübergehend zum Quartett, aber veröffentlichte in vorbildlich regelmäßigen Abständen neues Material. Nach 2000 hat das nur keinen mehr interessiert.
Das scheint sich jetzt zu ändern. Knapp 40 Millionen YouTube-Klicks hat das Video zum ersten neuen Song seit Jahren, „Don’t Go Breaking My Heart“, der schon im Frühling 2018 veröffentlicht wurde. Auch eine Grammy-Nominierung gab es dafür. Und einige der Konzerte zur bevorstehenden Welttournee waren binnen Stunden ausverkauft.
Fast wie früher
Klar ist: Um auf Tour zu gehen, hätte es kein neues Album gebraucht. Denn um die Teenies von damals und die 1990er-Nostalgiker von heute in Euphorie zu versetzen, würde ein Best-of-Medley ausreichen. Sei’s drum. Mit „DNA“ erscheint das neunte Studioalbum der Backstreet Boys. In Originalbesetzung. Der kurz abhanden gekommene Kevin Richardson ist seit 2012 wieder dabei. Und so ist fast alles wie früher. Zumindest bemüht sich die Band sehr darum und setzt auf die absolute Rohessenz des Boygroup-Konzepts: Liebe. Gesangsharmonie. Synchrontanz.
In den zwölf Songs auf „DNA“ geht es ohne Ausnahme ums Schmachten. Aus „Quit Playing Games (With My Heart)“ (1997) wird „Don’t Go Breaking My Heart“, an anderer Stelle machen Zeilen wie „I’m going crazy over you“ und „Girl, it’s all for you“ klar, dass hier keiner irgendwas neu erfinden wollte. Dafür, dass die Fünf-Klang-Stimmharmonie auch heute noch perfekt sitzt, sorgen (wahrscheinlich) hartes Training und (noch wahrscheinlicher) diverse Produktionseffekte. Bleibt noch: das Tanzen. Auch das trauen sich die Männer noch zu. Wen kümmern Bierbauch und Augenringe, solange man noch hüpfen kann?
Ein paar Kanten zu wenig
Damit es für die Bandscheiben auf der Bühne dann aber nicht allzu arg wird, hält sich das Album mit Uptempo-Nummern und groovigen Old-School-Vibes („New Love“, „Passionate“) deutlich zurück. Ein Großteil der Stücke sind klassische, wenn auch zeitgenössisch arrangierte Pop/R&B-Balladen. Und hat man erstmal den positiven Überraschungseffekt verdaut, dass das Quasi-Comeback einer gealterten Boygroup doch irgendwie knackig und gut klingt, wird das ewige Geschunkle und Geschwärme auch schon wieder langweilig (etwa ab dem fünften Song). Mit dem von Dancehall-Beats getragenen „OK“ endet das Album aber immerhin auf einer frisch-fröhlichen und ungewöhnlichen Note.
Fazit: Ein paar mehr Kanten wären echt drin gewesen. Düstere Geschichten von den Schattenseiten des Weltruhms gäbe es bei BSB genug zu erzählen. Aber dazu müssten aus den Boys erst Männer werden. Und dann wäre der Bandname ja wirklich nicht mehr tragbar.
Backstreet Boys >> DNA
RCA Records (Sony Music)
Wertung: 3 von 5 Sternen