Düsseldorf. Erst wollte die SPD ein striktes Rauchverbot ohne Ausnahmen, doch inzwischen hat die Partei angekündigt, über Ausnahmen nachzudenken. Eine Ankündigung, die Mediziner aufschreckt: Sie warnen, eine Aufweichung des Nichtraucherschutzes würde Gesundheit und Leben gefährden.
In der Debatte über das geplante Nichtraucherschutzgesetz in NRW haben Ärzte, Krebshilfe und Herzstiftung die rot-grüne Landesregierung eindringlich vor neuen Schlupflöchern gewarnt. Das Bündnis forderte ein striktes Rauchverbot ohne Ausnahmen.
In einem „Ärztlichen Appell“ kritisierte der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, dass NRW bisher Schlusslicht beim Nichtraucherschutz in Deutschland sei. „Nirgendwo gibt es so viele Ausnahmeregelungen zulasten der Gesundheit wie an Rhein und Ruhr“, sagte Henke auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Düsseldorf.
Deutlich weniger Herzinfarkte durch Nichtraucherschutzgesetze
Professor Helmut Gohlke, Vorstandsmitglied der Deutschen Herzstiftung, erläuterte, dass der Rückgang an Herzerkrankungen umso stärker sei, je strikter der Nichtraucherschutz angewendet werde. Nach einer AOK-Studie ging die Zahl der stationären Behandlungen wegen Herzinfarkt in den letzten fünf Jahren in Bundesländern mit strikten Nichtraucherschutzgesetzen um 8,6 Prozent zurück. In Bremen sei die Herzinfarktrate bei Nichtrauchern nach Einführung von Nichtraucherschutzgesetzen sogar um 25 Prozent gesunken.
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Das NRW-Landeskabinett hatte im Juni den Entwurf für ein konsequentes Nichtraucherschutzgesetz verabschiedet, das ein striktes Rauchverbot in der Gastronomie und in öffentlichen Gebäuden vorsieht. In der SPD regt sich dagegen intern Widerstand. Auf dem SPD-Landesparteitag am Samstag in Münster liegen Anträge von Ortsvereinen aus Köln und Essen für Lockerungen des Gesetzentwurfs für Eckkneipen und Festzelte vor.
In 80 Prozent der Kneipen in NRW wird derzeit noch geraucht
Die Leiterin des Berliner Büros der Deutschen Krebshilfe, Birte Hilbert, erinnerte aber daran, dass jährlich mehr als 110 000 Menschen in Deutschland an den Folgen des Rauchens sterben. „Rauchen ist das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko“, mahnte Hilbert. In 80 Prozent der Kneipen in NRW wird derzeit noch geraucht. Der Nichtraucherschutz müsse ausnahmslos auch in Festzelten und bei geschlossenen Veranstaltungen gelten, weil Kinder und Beschäftigte durch den Passivrauch geschädigt würden, sagte Hilbert. „Nur bei einem strikten Rauchverbot kann NRW endlich aufatmen.“
In ihrem „Ärztlichen Appell“ verweisen Ärztekammern und Gesundheitsverbände auf Umfragen des Instituts Infratest vom Februar 2012, wonach drei Viertel aller Bundesbürger eine rauchfreie Gastronomie fordern. Erstmals traten auch 51 Prozent der Raucher für einen konsequenten Nichtraucherschutz ein. Ärztekammer-Präsident Henke appellierte an die NRW-Landesabgeordneten, dem strikten Rauchverbot in Bayern zu folgen.
Schall und Rauchverbot