Halle. Der Streit um das absolute Rauchverbot in Kneipen treibt seltsame Blüten. In Halle haben Wirte nun ein Lokalverbot gegen Grünen-Politiker verhängt. Diese sind nach Ansicht der Wirte hauptverantwortlich für das Rauchverbot. Die Wirte fühlen sich dadurch in ihrer Existenz bedroht.
"Lokalverbot" - diese drakonische Maßnahme trifft normalerweise Zechpreller oder Trunkenbolde, die sich nicht benehmen können. Im westfälischen Halle haben Wirte nun eine gänzlich andere Gruppe derart bestraft: Fraktionsmitglieder der Grünen. Diese sind nach Ansicht der Wirte hauptverantwortlich für die anstehende Verschärfung des Nichtraucherschutzes und damit für das vollständige Rauchverbot in Kneipen.
Die Wirte befürchten, dass ein absolutes Rauchverbot in Kneipen sie ruiniert. Weniger Raucher bedeuten weniger Umsatz, so ihre Rechnung. Eine von ihnen, Tanja Andriouk, hat sogar schon beschlossen, ihr Bistro zu schließen, wenn die Verschärfung des Rauchverbots umgesetzt wird. "Mit der Gastronomie ist dann erstmal Schicht", sagte sie dem "Westfalenblatt".
Ein Werbefachmann hat die Plakataktion initiiert
Initiator der Kampagne ist der Werbefachmann Kevin Dietrich. Er hat sich von einer ähnlichen Aktion in Bremen inspirieren lassen und in seinem Unternehmen ein entsprechendes Plakat herstellen lassen. Aufdruck: "Lokalverbot für Fraktionsmitglieder von Bündnis 90/Die Grünen." Darunter steht: "Freiheit für Raucherkneipen, ihr Kulturbanausen." Dietrich saß bis vor Kurzem als sachkundiger Bürger für die SPD im Stadtrat. Aus Verärgerung über die Haltung der Landespartei im Streit um das Rauchverbot hat er sich aus der Politik zurückgezogen.
"Man muss die ganze Aktion mit einem Augenzwinkern sehen", sagt er. Schließlich könne man das Verbot kaum durchsetzen. Ihm geht es darum, auf die Situation der Wirte und der Raucher aufmerksam zu machen: "Die derzeitige Gesetzeslage ist völlig ausreichend." Bislang beteiligen sich laut Dietrich sechs Wirte in Halle an der Aktion, doch er habe schon Anfragen von Wirten aus anderen Städten in NRW bekommen, die das Plakat ebenfalls haben wollten.
Grünen-Politiker fühlen sich durch Lokalverbot diskriminiert
Grünen-Politiker sind über die Aktion empört. Der Sprecher der Haller Grünen spricht von einer "Unverschämtheit" und ergänzte, so könne man nicht miteinander umgehen. Grünen-Vertreter beklagten Dietrich gegenüber, die Aktion sei überflüssig. Man hätte doch sich doch mit der Gesundheitsministerin zu einem Gespräch treffen können. Darüber kann Dietrich nur lachen: "Wir haben die Gesundheitsministerin schon vor Monaten angeschrieben. Geantwortet hat sie nicht."
Die Verschärfung des Nichtraucherschutzes ist ein Anliegen der rot-grünen Landesregierung. Während die Grünen weitgehend geschlossen hinter dem Plan stehen, haben sich inzwischen mehrere SPD-Ortsvereine von dem Vorhaben distanziert. In Dortmund fordert die SPD einen Bürgerentscheid zum Thema Rauchverbot.
Gaststättenverband warnt vor Kneipensterben durch das Rauchverbot
Der Gaststättenverband Dehoga hat vor dem absoluten Rauchverbot in Gaststätten gewarnt. Sollte das Gesetz wie geplant umgesetzt, würde das das Aus für viele tausend Kneipen bedeuten, sagte Hans-Dietmar Wosberg, Vizepräsident des DEHOGA Nordrhein-Westfalen.
Einer vom Dehoga in Auftrag gegebenen Umfrage zufolge lehnen 51 Prozent der Bürger ein absolutes Rauchverbot ab. 47 Prozent stimmen dafür. Unter den Gastwirten sind 72 Prozent der Befragten gegen ein absolutes Rauchverbot.