Washington. Neue Hoffnung für Krebspatienten: Durch eine neuartige Gentherapie können die Nebenwirkungen einer Chemotherapie vermieden werden. Patienten dieser Therapieform leiden dadurch nicht nur weniger, sondern leben auch länger.

Eine Gentherapie könnte zukünftig Krebspatienten vor schweren Nebenwirkungen der Chemotherapie bewahren. Hoffnung macht darauf eine Pilotstudie US-amerikanischer Forscher. Sie haben die Blutstammzellen von drei Patienten mit einem tödlichen Hirntumor gentechnisch verändert. Dadurch machten sie diese sensiblen Zellen des Knochenmarks immun gegen das Zellgift der Krebstherapie. Die normalerweise schweren Nebenwirkungen der Chemotherapie blieben damit aus.

Diese Strategie beseitige eine der größten Hürden für eine effektive Chemotherapie bei aggressiven Krebsformen. Denn bisher könne man die hochgiftigen Mittel nur unterbrochen oder niedriger dosiert einsetzen, um die Patienten nicht zu gefährden, berichten die Forscher im Fachmagazin "Science Translational Medicine".

"Man kann diese Therapie damit vergleichen, dass man sowohl auf die Tumorzellen als auch auf die Knochenmarkszellen feuert, aber den Knochenmarkszellen dabei einen Schutzschild verpasst", erklärt Erstautorin Jennifer Adair vom Fred Hutchinson Cancer Center in Seattle. Der Schutzschild bestand aus einem Gen, das den Blutstammzellen dabei hilft, Schäden durch die Chemotherapeutika schnell wieder zu reparieren. Dadurch überstehen sie selbst die normalerweise extrem schädliche Behandlung mit einem Kombinationspräparat.

Patienten vertrugen Therapie besser und überlebten länger

"Nach der Transplantation der genetisch veränderten Blutstammzellen vertrugen die Patienten die Chemotherapie besser und ohne negative Nebeneffekte", sagt Studienleiter Hans-Peter Kiem von der University of Washington in Seattle. Alle drei Patienten überlebten zudem nach der Behandlung deutlich länger als zwölf Monate - die normalerweise maximale Prognose für das Glioblastom, einen besonders aggressiven Hirntumor. Einer der Patienten sei noch heute, 34 Monate nach der Behandlung, am Leben.

Nach Ansicht der Forscher könnte eine solche Gentherapie auch Patienten mit anderen Krebsformen helfen. Bestätige sich die positive Wirkung, ließen sich gerade bei den Tumoren bessere Behandlungserfolge erzielen, die ähnlich resistent gegenüber herkömmlichen Mitteln seien. "Die geringen Nebenwirkungen bei den Patienten deuten darauf hin, dass man dann höhere, effektivere Dosen von Chemotherapien verabreichen könnte", konstatieren die Wissenschaftler.

Kombi-Präparat ist besonders schädlich für das Knochenmark

Für ihre Pilotstudie wählten die Forscher drei Patienten mit einem extrem aggressiven Hirntumor und denkbar schlechten Voraussetzungen für eine Behandlung: Die Zellen ihres Krebses produzieren ein Enzym, das sie gegen das Chemotherapeutikum immun macht. Um den Krebs dennoch bekämpfen zu können, muss dieses Mittel mit einem zweiten kombiniert werden, das dieses Enzym außer Gefecht setzt. Dieses Kombipräparat jedoch zerstört die Blutstammzellen im Knochenmark. Wird es in zu hoher Dosierung oder zu häufig gegeben, gefährdet dies das Überleben der Patienten. Oft kann der Krebs deshalb nicht effektiv bekämpft werden.

Um diesen Effekt zu verhindern, entnahmen die Forscher den Patienten Knochenmarkszellen und schleusten in diese das Schutzgen PK140 ein. Dies geschah mit Hilfe eines modifizierten Affenvirus. Die Patienten erhielten dann die genetisch aufgerüsteten Blutstammzellen zurück, bevor sie mehrere Durchgänge der Chemotherapie gegen das Glioblastom absolvierten. Die Wissenschaftler testeten vor, während und nach den Chemozyklen regelmäßig die Menge und Art der Blutzellen und überprüften, ob die genetische Veränderung in ihnen nachweisbar war. (dapd)