Coswig. . Professor Axel Rolle hat ein Verfahren entwickelt, das eine gewebeschonende Entfernung von Metastasen aus der Lunge ermöglicht. Die Coswiger Methode eignet sich vorwiegend für Menschen, die an Primärtumoren in Nieren, Brust oder Dickdarm leiden und deren Tumore Metastasen in die Lunge gestreut haben.
Präzise schneidet der Laser eine Metastase aus dem Lungengewebe. Obwohl die Lunge zu den am besten durchbluteten Organen gehört, ist kein Tropfen Blut zu sehen. Der Film auf dem Laptop von Professor Axel Rolle zeigt eine Operation am Fachkrankenhaus Coswig bei Dresden, bei der einer Patientin gleich mehrere Metastasen aus der Lunge entfernt werden. Das Hochleistungsgerät verödet sofort die umgebenden Blutgefäße, anschließend werden die einzelnen Wunden vernäht. "Unser Verfahren ist besonders gewebeschonend", erläutert der Chefarzt für Thorax- und Gefäßchirurgie. Er hat das Operationsverfahren entwickelt, forscht seit Mitte der 1980er Jahre zum Einsatz von Lasern bei Lungen-Operationen – zuerst an der Universität in München und später im sächsischen Coswig.
Da sich die Gewebe der einzelnen Organe stark unterscheiden, waren bewährte Laser aus der Haut- oder Augenheilkunde für den Einsatz im Thoraxbereich ungeeignet, sagt der Mediziner. Zunächst ging es deshalb darum, einen Laser mit passender Leistung und Wellenlänge zu finden, später galt es, Arztkollegen und Schwestern vom Einsatz im Operationssaal zu überzeugen. Vor gut zehn Jahren gelang schließlich der Durchbruch, seither wird am Coswiger Fachkrankenhaus die neue Operationsmethode standardmäßig angewendet.
Weltweiter Vorreiter im gewebeschonenden Verfahren
Die Klinik war damit nach eigenen Angaben weltweit Vorreiter bei der gewebeschonenden Entfernung von Metastasen aus der Lunge. Mehr als 2.000 Patienten wurden seither in Coswig operiert, 10.000 Metastasen entfernt, sagt Rolle. Die jährlich 200 Patienten kommen aus der ganzen Welt - von Neuseeland bis in die USA hat sich die Coswiger Operationsmethode bei Medizinern und Krebskranken herumgesprochen.
So wurden einer Krankenschwester aus den Vereinigten Staaten insgesamt 269 Metastasen entfernt, die Frau habe noch sieben Jahre ein Leben weitestgehend ohne Einschränkungen führen und ihre Kinder aufwachsen sehen können, sagt der Mediziner. Bisher galten solche Erkrankte als inoperabel.
Überlebensrate laut Klinik über dem Durchschnitt
Die Behandlung wird auch von deutschen Krankenkassen bezahlt. Die Coswiger Operationsmethode eigne sich vorwiegend für Menschen, die an Primärtumoren in Nieren, Brust, Dickdarm oder an Schwarzem Hautkrebs litten und deren Tumore Metastasen in die Lunge gestreut hätten, erklärt Rolle. Bis zu 25 Prozent der Metastasen werden erst während der Operation entdeckt.
Die Ärzte entdeckten bei entlüfteter Lunge selbst winzige Knoten und können diese sofort entfernen oder verdampfen. Der eigentliche Lungenkrebs könne mit den Hochleistungslasern aber nur dann behandelt werden, wenn er in einem sehr frühen Stadion erkannt werde. Meist werde jedoch Lungenkrebs sehr spät entdeckt, sodass große Tumore dann nach herkömmlichen Verfahren entfernt werden müssen, wobei viel gesundes Lungengewebe oder einer der fünf Lungenlappen komplett verloren ginge.
Die Überlebensrate der mit der Coswiger Methode operierten Patienten liege nach fünf Jahren über dem Durchschnitt, sagt der Chefarzt. Den Coswiger Ärzten sei zudem der Nachweis gelungen, dass bei Metastasen in der Lunge nicht zwangläufig eine sogenannte systemische Erkrankung vorliege, die ausschließlich mit Chemotherapie und Bestrahlungen behandelt werden könne. Etliche Patienten haben demnach zehn Jahre nach der OP keine neuen Metastasen gebildet und gelten als geheilt. Die meisten Patienten, die nach der OP durchschnittlich zwei Wochen in der Klinik bleiben, erreichen nach sechs Monaten wieder 80 Prozent ihrer früheren Lungenleistung und spüren damit keine Beeinträchtigungen.
Zeitersparnis als Vorteil für Mediziner
Inzwischen sind Halbleiter-Laser im Einsatz, die schneller und präziser arbeiteten, als die erste Generation, die nur mit Starkstrom und aufwendigen Kühlungssystemen funktionierte. Die Entfernung von Metastasen aus der Lunge mittels Laser habe einen anerkannten Stellenwert als eine Operationsmethode mit Vorteilen bei sehr tief im Lungengewebe gelegenen Metastasen, erklärt Professor Hans Hoffmann aus Heidelberg für die Deutsche Krebsgesellschaft. Bei Metastasen am Rand der Lunge – und dies seien die häufigeren Lokalisationen - gebe es medizinisch aber gleichwertige alternative Verfahren, sagt Hoffmann weiter.
Hauptvorteil des Coswiger Hochleistungslaser sei die Zeitersparnis während der OP im Vergleich zu herkömmlichen Lasern. Das vom Coswiger Thoraxchirurgen entwickelte Gerät wird von der Firma seines Sohnes vertrieben. Firmenchef Axel Rolle junior sagt, europaweit seien inzwischen 50 derartige Hochleistungslaser im Einsatz. (dapd)