Helsinki/Washington. . Vitamin C galt lange Zeit als Stärker für das Immunsystem, um drohende Erkältungen abzuwenden. Forscher der University of Washington haben herausgefunden, dass Vitamin C zwar dazu beitragen kann, eine Erkältung zu verkürzen - aber es scheint nicht gegen eine Infektion oder den Ausbruch einer Krankheit zu schützen.
Niesen, Husten, laufende Nase - mit dem nasskalten Winter haben auch Erkältungen wieder Hochsaison. Viele Menschen versuchen, einen drohenden Schnupfen mit Vitamin C abzuwenden. Der Griff zu einer Vitamin-Sprudeltablette bei den ersten Anzeichen für eine laufende Nase gehört für sie daher längst zur Routine. Denn das Vitamin soll das Immunsystem stärken und so dem Körper helfen, die Krankheitserreger abzuwehren.
Aber wirkt die in Sanddorn, Schwarzen Johannisbeeren, Paprika oder Zitrusfrüchten besonders reichlich vorhandene Substanz tatsächlich? Lässt sich mit Vitamin C eine Erkältung verhindern? Für den zweifachen Nobelpreisträger Linus Pauling war die Sache klar. Er proklamierte bereits in den 70er Jahren die heilsame Wirkung der Ascorbinsäure, so lautet die chemische Bezeichnung des Vitamins C. Der Forscher empfahl die Einnahme von mindestens 1.000 Milligramm am Tag, um Schnupfen, Alterserscheinungen, aber auch Krebs zu verhindern. Pauling selbst konsumierte im Alter sogar 18 Gramm täglich - und wurde immerhin 93 Jahre alt.
Vitamin C kann die Erkältung nicht aufhalten
Heute allerdings widersprechen die meisten Forscher Paulings These vom Allheilmittel Vitamin C - und auch die Daten sprechen gegen ihn: So ergab eine Auswertung von Untersuchungen an mehr als 11.000 Menschen weltweit, dass es einen Schnupfen weder verhindert noch verkürzt, wenn man täglich 200 Milligramm Vitamin C zu sich nimmt. Diese Dosis ist immerhin doppelt so hoch wie die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlene Tagesration von 100 Milligramm. "Es ist daher einfach nicht sinnvoll, 365 Tage im Jahr Vitamin C einzunehmen, nur um das Risiko eines Schnupfens zu verringern", erklärt Harri Hemilä von der Universität von Helsinki, der sich seit Jahren mit dem Vitamin befasst.
Eine hohe Vitamin C-Dosis wirke nur bei den Menschen, die zuvor zu wenig davon im Körper hatten oder die wie Polarforscher, Marathonläufer oder Extremsportler hohem körperlichen Stress ausgesetzt seien. Bei diesen senke es die zuvor erhöhte Schnupfenanfälligkeit um die Hälfte. Ob eine einzige, besonders hohe Vitamin C-Dosis direkt am Anfang eines Schnupfens diesen noch stoppen kann, ist umstritten. "Das Vitamin C könnte dazu beitragen, eine Erkältung zu verkürzen, aber es scheint nicht gegen eine Infektion oder gegen den Ausbruch der Krankheit zu schützen", sagt die Medizinerin Linda Vorvick von der University of Washington.
Helfer für das Immunsystem
Das Vitamin C ist demnach zwar kein Allheilmittel, aber auch nicht vollkommen nutzlos. Der Körper benötigt es, damit das Immunsystem richtig funktioniert. Das Vitamin wandelt zudem aggressive chemische Substanzen, die sogenannten freien Radikale, zu harmloseren Verbindungen um. Lange Zeit nahm man auch an, dass zu viel Vitamin C grundsätzlich nicht schadet. Denn die Substanz ist wasserlöslich und was der Körper davon nicht verwenden kann, scheidet er einfach mit dem Urin wieder aus. Eine Überdosierung sei daher nicht möglich. Doch für manche Menschen, beispielsweise Diabetiker, stimmt dies nicht, das zeigte eine Studie. Demnach kann Vitamin C bei diesen Patienten das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. "Diabetiker sollten daher vorsichtiger als andere Menschen mit solchen Nahrungszusätzen sein", warnte Studienleiter David Jacobs von der University of Minnesota in Minneapolis.
Lieber Obst als Vitaminpillen
Viele Experten warnen ohnehin davor, wahllos Vitaminpillen zu schlucken. Denn die positive Wirkung von vitaminreichem Gemüse und Obst ist eindeutig belegt - Nutzen und Risiken isolierter Wirkstoffe sind es nicht. "Ob der Körper die in Tabletten, Kapseln oder Konzentraten vorhandenen Inhaltsstoffe in dieser unnatürlichen Form überhaupt aufnehmen kann, ist nicht belegt", schreibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Es sei in jedem Falle sehr viel sinnvoller und gesünder, regelmäßig Obst und Gemüse zu essen. (dapd)