Frankfurt. Die IAA in Frankfurt zeigt vom 12.09 bis zum 22.09 die neusten Automodelle, mit denen die Autohersteller in nächster Zeit an dem Markt gehen wollen. Automobilexperte Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen erzählt in einem Interview, was die Zukunft bringen wird.
Die IAA als Trend-Messer für die Auto-Welt. Dr. Ferdinand Dudenhöffer (63), Professor an der Universität Essen/Duisburg gilt als Deutschlands größter Auto-Experte. Was läuft in Frankfurt? Wir fragten ihn...
Wenn Sie auf die Neuheiten der IAA blicken: Welche Gedanken kommen Ihnen da?
Dr. Ferdinand Dudenhöffer: Ein Teil der Neuerungen sind ja die Elektroautos á la BMW i3. Nach meiner Meinung hätte das eine neue Revolution für das Autofahren werden können, wenn man dem Elektroauto auch politischen Flankenschutz gegeben hätte. Also schade, dass wir diese Innovationen haben und gleichzeitig wissen, dass wir sie auf unseren Straßen nur ungenügend umsetzen werden. Zum zweiten ist ja viel in Richtung SUV und mehr PS dabei. Also, wir werden zu Amerikanern mit unseren Autos. Vor zehn Jahren haben wir alle die Amerikaner wegen den SUV belächelt, heute sind wir selbst wild darauf und mit der IAA wird viel Appetit auf SUV gemacht. Zum dritten bin ich auf die neue Mercedes S-Klasse gespannt. Für Daimler ist das ein enorm wichtiges Auto
Die Automobilindustrie hat ganz schwere Monate hinter sich. Kommt die IAA gerade rechtzeitig, um jetzt wieder auf die Erfolgs-Straße zurückzukehren?
Dudenhöffer: Die IAA selbst hat nur einen sehr beschränkten Einfluss auf die Autokäufe. Vieles, was gezeigt wird, ist erst nächstes Jahr im Markt. Daher werden in diesem Jahr weniger Effekte für den Markt ausgehen. Neuerungen haben in der Vergangenheit immer den Markt gepushed. Derzeit ist das in Europa aber wegen der Schuldenkrise in Südeuropa schwerer. Der Einfluss der IAA in diesem Jahr dürfte trotz vieler schöner neuer Modelle weniger stark sein als bei früheren IAA-Messen.
Fast alle Autohersteller verkünden in Frankfurt auf der IAA, dass Sie Autos bauen, die mehr leisten und dabei weniger verbrauchen. Stimmt das nach Ihrer Einschätzung wirklich?
Dudenhöffer: Wenn man nach den Katalogdaten geht, ja. Wenn man das tatsächliche Fahrverhalten der Käufer nimmt, wird man die Einsparungen weniger sehen, denn wer mehr PS unter der Haube hat gibt eben auch mehr Gas – und das kostet Sprit. Zusätzlich steigt der Anteil der SUV immer stärker – und ein SUV braucht eben gut 25 Prozent mehr Treibstoff als ein vergleichbare Fließheck oder Stufenheck. Ein Stück Milchmädchenrechnung ist also dabei.
Wie sehen Sie denn das Auto der Zukunft?
Dudenhöffer: Wenn wir in die weite Zukunft schauen, also sagen wir 30 Jahre voraus, wird es große Änderungen geben. Die Autos des Jahres 2040 fahren autonom und völlig abgasfrei – etwa mit Brennstoffzellen und Elektromotoren. Autonomes Fahren heißt, dass Unfälle deutlich zurückgehen – wir werden also viel sicherer Fahren als heute. Zeitunglesen für den Fahrer ist dann möglich. Brennstoffzelle und Elektromotor bedeuten leises Fahren und sauberes Fahren. Wir haben dann das Auto, das unsere Umwelt nicht mehr belastet. Das ist schon ein Riesenquantensprung. Wenn wir bis ins Jahr 2020 schauen, werden wir immer mehr SUV sehen und zwar in allen Größen und Fahrzeugklassen. Bis zum Jahr 2020 werden ein Drittel der in Deutschland verkauften Neuwagen SUV sein.
Die IAA 2013 ist eröffnet
Elektroautos verkaufen sich erbärmlich, dennoch glauben einige Firmen weiter an den großen Erfolg. Sie auch?
Dudenhöffer: Ich wünsche mir, dass es besser wird, denn mit Elektroautos können wir unsere Städte wesentlich verbessern. Heute sind im Großteil der Ballungszentren die Luftqualitäten – etwa die Stickstoff-Dioxid-Werte fast doppelt so hoch wie vom EU-Gesetzgeber vorgegeben. Hauptgrund sind Diesel-Pkw. Wir brauchen also das Elektroauto in unseren Städten. Deshalb müssen wir es unterstützen – und zwar in seinen Rahmenbedingungen. Eine City-Maut nach dem Vorbild von London wäre eine wichtige Maßnahme dazu. Wer ohne Gestank fährt, bezahlt keine Maut. Wer mit Abgasen unterwegs ist, bezahlt. Die Kommunen können dadurch Einnahmen für das Straßennetz erhalten, wir werden die Luft verbessern und hätten dem Elektroauto zum Durchbruch verholfen.
Welche Bitten haben Sie an die Autobauer?
Dudenhöffer: Sie machen im Großen und Ganzen einen guten Job. Sie richten sich nach den Wünschen der Kunden. Der Gesetzgeber muss allerdings den Rahmen vorgeben und da wünsche ich mir mehr Lärmschutz, mehr Sicherheit und vor allem weniger Abgase und Verbrauch und damit das Elektroauto.
Welches Auto-Unternehmen ist denn am besten für die Zukunft aufgestellt?
Dudenhöffer: Unter den Premiumherstellern nach meiner Meinung BMW. Mercedes hat stark aufgeholt, das wird sich in den nächsten zwei bis drei Jahren im Verkauf zeigen. Audi muss innovativer werden. Unter den Massenherstellern sind Hyundai, Kia, Toyota, die VW-Gruppe und Renault-Nissan spannend. VW muss seine Komplexität und Kosten im Auge behalten und braucht das Billigauto á la Dacia.
Sie haben alle Neuheiten der IAA gesehen. Welches Auto würden Sie kaufen?
Dudenhöffer: Ich freue mich sehr auf den BMW i3. Wir wollen versuchen, ihn für unser RUHRAUTOe zu erhalten. Wenn das klappt, können alle im Ruhrgebiet den i3 für wenig Geld mieten.