München. . Der Bezahlkanal TNT Serie hat die erste deutsche Serie gestartet. „Add A Friend“ geht aufregend neue Wege. Nie zuvor stellte das TV die Generation Internet und sozialen Netzwerke so clever in den Mittelpunkt.

Bisher war das Bezahlfernsehen eine Abspielstation für angloamerikanische Ware. Das ändert sich gerade. Nach Harald Schmidts Einstand bei Sky legt der US-Kanal TNT Serie nach – mit der ersten deutschen fiktionalen Eigenproduktion „Add A Friend“. Die Comedy-Serie (TNT Serie, Mittwoch, 20.15 Uhr, empfangbar via Sky) ist wegweisend. Das Neue daran: Nie zuvor wurden die Möglichkeiten des Internets so stark thematisiert - und so clever.

Das Intro ist programmatisch. Ein junger Fotograf namens Felix (Ken Duken) liegt, mit Kopfverband und Fußgips, im Krankenhaus, nach einem Autounfall mit Fahrerflucht. Er erwacht gerade aus dem Koma. Eine Schwester im Matronen-Format betritt das Krankenzimmer, und er vertraut ihr an, es gehe ihm schon besser als auf der Intensivstation. Sie zurück: „Warten Sie’s ab.“ Und dann kommt der behandelnde Arzt (Martin Brambach), der den zartfühlenden Charme eines Pferdemetzgers entfaltet. Er deutet an, Felix’ Knie könne für immer steif bleiben, und nennt den Kranken dreckig grinsend „Ahab“. Die Botschaft ist klar.

Für lange Zeit ans Bett gefesselt

Felix ist für lange Zeit ans Bett gefesselt. Und wie kann er, jenseits von Krankenbesuchen, mit Familie, Freunden und Bekannten kommunizieren? Richtig, per Internet, wobei die sozialen Netzwerke eine herausragende Rolle spielen.

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Genau auf dieser Idee baut die Serie auf. Bildtelefonie via Internet ermöglicht, auch weit entfernte Gesprächspartner zu sehen. Distanzen schrumpfen. Die Bilder suggerieren Nähe, durchaus in doppelter Hinsicht. Aber: Der Bild-Ausschnitt erlaubt auch Tarnung und Täuschung, in der Liebe, im Geschäft, in der Familie. Und so liegt jede Wendung der Geschichten immer nur ein Klick weit entfernt.

Szenen kurz, Geschichte komplex

Die Szenen der zehn jeweils 25-minütigen Episoden sind kurz. Doch die Geschichte der Serie ist komplex. Sie entfaltet mehrere Beziehungsebenen zwischen Felix und seinem besten Freund, dem spielsüchtigen Anlageberater Tom (Friedrich Mücke), Felix’ unglücklicher Jugendliebe Julia („Tatort“-Assistentin Friederike Kempter), dem Rolli-Luder Vanessa (Emilia Schüle), Felix’ Übermutter (Gisela Schneeberger), seinem Macho-Vater (Dietrich Holinderbäumer) sowie Anleger Marc Münchberger (Ralph Herforth) und seiner treulosen Flamme Rita (Jo Kern).

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Die erste Staffel treiben Fragen. Was hat zu Felix’ fatalem Unfall geführt? Wie entwickelt sich das Verhältnis zwischen Felix und Julia? Welche Rolle spielt Jo, die sich vorgeblich nur Foto-Tipps von Felix abholen will?

Die Dialoge von Sebastian Wehlings und Christian Lyra spiegeln das Lebensgefühl der Generation Internet. Zuweilen sind sie dem Alltag abgelauscht, aber öfter noch sind sie im bester SitCom-Tradition zugespitzt.

Die Mimik der Schauspieler steht im Mittelpunkt

Kommunikation per Internet in den Mittelpunkt zu stellen bedeutet, dass sich Regisseur Tobi Baumann vorwiegend auf die Mimik seiner Darsteller konzentriert. Dennoch ist kein Mangel der Serie, dass die Schauspieler gewissermaßen körperlos agieren. Im Gegenteil: Form und Inhalt entsprechen sich. Dazu kommt, dass die Serie einen derart hochwertigen Look hat, dass sich dagegen manche Produktion im frei empfangbaren Fernsehen wie billiges Bauerntheater ausnimmt.

Produziert wurde die Serie von Wiedemann & Berg, jener Firma, die auch für die preisgekrönte ARD-Vorabendserie „Türkisch für Anfänger“ verantwortlich zeichnete. Produzent Quirin Berg: „,Add A Friend’ ist nicht nur für uns ein neuer Schritt, sondern für den Pay-TV-Markt insgesamt. Genau das hat uns an der Zusammenarbeit mit TNT Serie gereizt: die Möglichkeit, etwas Neues auszuprobieren und mit den Gesetzmäßigkeiten des Pay-TV zu arbeiten. Hier hat man bezüglich Figurenentwicklung und Erzählweise andere Prämissen und Freiheiten als im Free-TV.“

Schon jetzt bestellt TNT eine zweite Staffel

Deutschlands TNT-Chef Hannes Heyelmann war so beeindruckt vom Ergebnis, dass er noch vor dem Start der ersten Staffel eine zweite bestellte.

Es wäre zu wünschen, dass „Add A Friend“ recht bald auch im frei empfangbaren Fernsehen zu sehen ist.