Wesel. Im Stadtentwicklungsausschuss kritisieren Grüne und Linke die Erweiterung des Rhein-Lippe-Hafens. Sie wollen mehr Schutz für Anwohner und Natur.

Der anstehende Ausbau des Rhein-Lippe-Hafens Wesel auf mehr als 30 Hektar Fläche spaltet die Gemüter: Für eine politische Mehrheit ist er ein weiterer Baustein in der Bemühung um klimafreundlicheres Gewerbe und Transportwesen, für die anderen, insbesondere Naturschützer und Anwohner, dagegen eine unzumutbare zusätzliche Belastung und Landschaftszerstörung vor ihrer Haustür. Wie gespalten die Sicht ist, zeigte sich auch im Abstimmungsverhalten der Grünen im Stadtentwicklungsausschuss am Mittwoch. Dem Punkt „Änderung des Flächennutzungsplanes“ in ein Sondergebiet Hafen stimmte die Fraktion zu. Als es um den Bebauungsplan ging, lehnten die drei Mitglieder den Beschlussvorschlag ab.

Dabei hatte der Fraktionsvorsitzende Ulrich Gorris, als es um den Flächennutzungsplan ging, noch das fortschrittliche energetische Konzept des Hafenbetreibers Deltaport gelobt und ergänzt, dass der Hafen für die Transformation in eine umweltfreundliche Zukunft wichtig sei. Bei der Diskussion um den Bebauungsplan zeigten sich die Grünen deutlich kritischer: Vor allem den geringen Abstand zur „Splittersiedlung“ in Lippedorf, die durch Emissionen beeinträchtigt werden könnte, sowie zu lasche Vorgaben in Bezug auf Lärm- und Lichtbelastung bemängelten die Grünen, die eine Liste mit ihren Kritikpunkten vorgelegt hatten. „Wir haben den Einruck, dass die Planung darauf ausgerichtet ist, möglichst viel zu erlauben“, erläuterte Gorris der NRZ, allerdings zulasten der Anwohner. Seine Überzeugung ist: „Man könnte mehr für die Bürger in Lippedorf tun.“ Die Stadt habe einseitig die Entwicklungsmöglichkeiten der Unternehmen im Blick.

Unterstützt wurde diese Ansicht nicht nur von den mehr als 30 anwesenden Bürgerinnen und Bürgern, die schon vor der Sitzung am Rathaus protestiert hatten, sondern auch von den Linken, die die Erweiterung komplett ablehnen. „Ein ökologisch wertvoller Bereich wird zubetoniert. Wir können es uns nicht erlauben, eine solche Fläche zu vernichten“, kritisierte Barbara Wagner und erhielt Applaus von den Zuschauern. „Wir sehen auch nicht, dass Lkw-Verkehr vermieden wird, weil es keinen Bahnanschluss gibt.“ Wie berichtet, sollen sich auf einer rund 32 Hektar großen Fläche im südlichen Teil des Hafens, die derzeit noch Grünfläche ist, Unternehmen ansiedeln können. Derzeit gilt der Bereich schon als Industriefläche, nun soll er in ein Sondergebiet Hafen umgewandelt werden.

Hafenausbau in Wesel: Anwohner sorgen sich um Trinkwasser

Befürchtungen gibt es auch angesichts der Tatsache, dass die Anwohner der Lippedorfer Siedlung unmittelbar an der Erweiterungsfläche keinen Anschluss ans städtische Wassernetz haben und Trinkwasserbrunnen nutzen. „Die Stadt sieht die Siedlung nicht als schutzwürdig an“, stellte Karlheinz Hasibether (Grüne) fest.

Gottfried Brandenburg von der Stadtverwaltung versuchte den Anwohnern die Bedenken zu nehmen und versicherte, dass die als „Mischgebiet“ geltende Siedlung nicht schlechter gestellt sei als ein Wohngebiet und dass Unternehmen wie der schon heute im Hafen ansässige Recyclingbetrieb für flüssige Abfälle hohen Sicherheitsstandards unterliegen. Die Stadtwerke hätten beim Hafenausbau keine Bedenken wegen des Trinkwassers. „Ihre Schutzinteressen sind gewahrt“, versicherte er den Anwohnern. Spielraum für strengere Regeln in Bezug auf Abstände, Beleuchtung und Begrünung der Fassaden sieht die Verwaltung jedoch nicht. Sie verwies aber darauf, dass Deltaport schon jetzt hohe Standards erfülle, die weit über die Vorgaben hinausreichten.

 Um den eingezeichneten Bereich geht es bei der Hafenerweiterung.
 Um den eingezeichneten Bereich geht es bei der Hafenerweiterung. © Stadt Wesel | Stadt Wesel

Zufrieden wirkten die Anwohner mit den Erklärungen nicht. Für die Mehrheit der Politik gibt es derweil keinen Grund, die weitere Planung der Hafenerweiterung zu verzögern: Mit einer Gegenstimme (Linke) wurde die Änderung des Flächennutzungsplanes auf den Weg gebracht, mit vier Gegenstimmen (Grüne und Linke) der Bebauungsplan. In beiden Fällen geht es erst einmal um den Veröffentlichungs- und Auslegungsbeschluss. Bis zum endgültigen Beschluss dürften noch einige Monate vergehen.