Wesel. Ein Bündnis von Umweltschützern ruft zum Protest gegen die Erweiterung des Rhein-Lippe-Hafens in Wesel auf. Wann eine Demonstration geplant ist.
Der Widerstand von Umweltschützen gegen die geplante Erweiterung des Weseler Rhein-Lippe-Hafens wächst. Die Bürgerinitiativen „Rhein-Lippe-Aue bleibt“ und „Emmelsum Biotop retten“, die BUND-Kreisgruppe und das globalisierungskritische Netzwerk Attac-Niederrhein wollen am Mittwoch, 14. Februar, gemeinsam vor dem Rathaus gegen die Pläne demonstrieren – und rufen die Politik zum Umdenken auf, wie sie am Donnerstag in einer Pressemitteilung erklärten. „Wenn es nach dem Willen der Stadt Wesel geht, soll schon bald eine weitere schützenswerte Naturlandschaft dem Ausbau des Rhein-Lippe-Hafens zum Opfer fallen“, heißt es darin. Das Bündnis lädt alle Bürgerinnen und Bürger dazu ein, sich an der Kundgebung zu beteiligen.
Konkret geht es um den bisher weitgehend unbebauten Teil im Süden des Rhein-Lippe-Hafens. Die Fläche weckt schon seit langem Begehrlichkeiten aufgrund des großen Potenzials für Gewerbeflächen – die Planungen für diese Erweiterung laufen bereits seit Jahren. Das insgesamt etwa 30 Hektar große Gebiet liegt nördlich des Wesel-Datteln-Kanals, unmittelbar angrenzend an das Hafenbecken des Rhein-Lippe-Hafens.
Am nächsten Mittwoch wird die Politik im Stadtentwicklungsausschuss über den Bebauungsplan abstimmen, die Verwaltung hat bereits einen Beschlussvorschlag vorgelegt, um die Planungen weiter voranzutreiben. Da das Projekt bisher auf keinen nennenswerten Widerstand aufseiten der Fraktionen gestoßen ist, dürfte eine Zustimmung nur Formsache sein. Danach entscheidet der Stadtrat dann in seiner Sitzung am 12. März über die Pläne, die dann erstmal öffentlich ausgelegt werden, bevor eine endgültige Entscheidung über die Erweiterung des Hafens fällt.
Bürgerinitiativen, Anwohnerinnen und Anwohner wehren sich schon länger gegen die Pläne, bisher stieß der Protest aber auf eher verhaltende Resonanz. Das könnte sich nun ändern – denn der Ärger bei dem Bündnis ist groß. „Die Zerstörung der 27 Hektar großen, einzigartigen Auenlandschaft auf Weseler Stadtgebiet scheint beschlossene Sache zu sein, denn sie wird bereits in einem Exposé von Deltaport öffentlich angeboten“, steht es in dem Schreiben.
Hafen-Erweiterung in Wesel: Das sind die Argumente der Gegner
Tatsächlich wirbt die Hafengesellschaft schon länger öffentlich mit dem Gebiet, als Argument für Firmen, die sich dort ansiedeln könnten, wird unter anderem die gute Verkehrsanbindung genannt. Der technische Leiter von Deltaport, Dieter Thurm, erklärte der NRZ im vergangenen Sommer, dass ein Teil der Fläche bereits in der Vergangenheit industriell genutzt wurde. Laut Thurm wären in diesem Bereich ähnliche Ansiedlungen denkbar, wie es sie bereits im nördlichen Bereich des Hafens gibt, also vor allem Logistiker. Deltaport sieht die Ausbaupläne als wichtigen Bestandteil seiner immer wieder angepriesenen Nachhaltigkeitsstrategie, um mehr Verkehr von der Straße auf Schiffe und Züge zu verlagern.
„Wird die vorliegende Planung vom Weseler Stadtrat beschlossen, geht ökologisch wertvoller Boden mit seinen für Insekten, Vögel und Niederwild wichtigen Heckenstrukturen und Weißdornbeständen für immer verloren. Dem Naherholungsgebiet Lippemündungsraum wird erneut Schaden zugefügt“, betonen die Gegner der Pläne. Sie argumentieren zudem damit, dass bereits in den vergangenen Jahren durch die Erweiterung im nördlichen Hafengebiet wertvolle Landschaft verloren gegangen sei. Dabei geht es um die Firmenansiedlungen, allen voran um das riesige Logistikzentrum von Rhenus, das im vergangenen Jahr in Betrieb genommen wurde.
So geht es den Kritikern auch nicht alleine um die Zerstörung von Landschaften. „Die zwischen Wesel und Voerde neu angesiedelten Unternehmen haben das Verkehrsaufkommen merklich erhöht. Das geplante Bauvorhaben wird zu einer weiteren Zunahme des Lkw-Verkehrs im Raum Wesel und Voerde führen“, heißt es in dem Schreiben. Das Bündnis protestiert dagegen, dass die von unterschiedlicher Seite vorgetragenen Bedenken bei der Planung „mit einigen dürren Sätzen“ in den Ratsunterlagen beiseite gewischt würden. Sie fordert deshalb die im Rat vertretenen Parteien dazu auf, sich die Planunterlagen und die Einwendungen genau anzuschauen, bevor eine Entscheidung getroffen wird.
Die sehr umfangreichen Unterlagen im Ratsinformationssystem der Stadt umfassen unter anderem einen Prüfungsbericht aus städtebaulicher Perspektive und einen Umweltbericht, auch ein Verkehrsgutachten wurde beauftragt. Aus der Beschlussvorlage geht auch eine Einschätzung zur Emissionsbelastung hervor. „Die aktualisierte lärmtechnische Untersuchung vom Ingenieurbüro Stöcker kommt zu dem Ergebnis, dass durch die zukünftige Entwicklung zwar leichte Zunahmen des Verkehrs- und Gewerbelärms zu erwarten sind, aber dadurch keine ungesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse entstehen“, heißt es dort. Allerdings muss wohl die Kreuzung der Emmelsumer Straße umgebaut werden, um zusätzliche Lastwagen aufnehmen zu können. Dafür wurden bereits 400.000 Euro für den Haushalt 2024 angemeldet, so die Stadtverwaltung. Im Umweltbericht heißt es, dass „sich für das Plangebiet erhebliche, nachhaltige Umweltauswirkungen“ ergeben. Die Beeinträchtigungen seien aber insgesamt „als ausgleichbar zu beurteilen“.
Protest und Infoveranstaltung
Neben der Demonstration vor dem Rathaus plant das Umweltbündnis einen zweiten Termin. Am Dienstag, 20. Februar, ist ab 18.30 Uhr eine Informationsveranstaltung zu den Planungen der Stadt im Naturschutzzentrum am Freybergweg 9 geplant. Die Demonstration vor der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses am nächsten Mittwoch beginnt um 15.30 Uhr. Anschließend wollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der öffentlichen Sitzung teilnehmen. „Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger haben dem Bündnis ihr Entsetzen über die rigorose Industriebebauung der Lippeaue mitgeteilt“, heißt es in der Pressemitteilung. Die Organisatoren rufen deshalb alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, zur Kundgebung zu kommen, um den Ratsvertretern zu zeigen, „dass sehr viele Menschen aus Wesel und Umgebung mit der Naturzerstörung am Niederrhein nicht einverstanden sind“.