Wesel. Das Unternehmen GS Recycling reinigt stark belastetes Wasser in einer speziellen Kläranlage. Die Firma plant auch eine Schiffsentgasungsstation.
Viel Fläche ist auf dem Gelände der Firma GS Recycling im Rhein-Lippe-Hafen in Wesel noch leer. Das alles soll sich in den kommenden Jahren ändern: Das Unternehmen plant eine Anlage, die Schiffsgase und andere Abfälle wie Öle und Schmutzwasser reinigt und aufbereitet. Schon jetzt fallen die großen Tanks auf dem Areal auf. Sie lassen kaum ahnen, was sich dahinter verbirgt: Sie sind Teil einer weitgehend geschlossene Kläranlage, die auf ölhaltiges und belastetes Wasser spezialisiert ist – und die derzeit sehr gefragt ist: Nach der Flutkatastrophe fährt das Unternehmen täglich mit Tankfahrzeugen in die Flutgebiete, um verschmutztes Wasser aus Kellern, Gruben und Schächten abzuholen und in Wesel zu säubern.
„Wir stehen in der Kontakt mit der Bezirksregierung und den örtlichen Behörden“, berichtet Lars Giesen von GS Recycling. Die Fahrer absolvieren derzeit – genehmigte – Sonderschichten, um die übel riechenden Überresteder Flut in betroffenen Orten abzupumpen. Sie sind mit allen zur Verfügung stehenden Sattelzügen, Vakuumsaugern und anderen Fahrzeugen im Einsatz. Bis zu 200.000 Liter Wasser kann die Weseler Anlage täglich klären.
Aus ölhaltigen Stoffen werden neue Produkte
„Unser Rohstoff ist der Abfall der anderen“, erklärt Geschäftsführer Guido Schmidt das Firmenkonzept. Am Hauptsitz in Sonsbeck und am noch im Ausbau befindlichen Standort Wesel werden Altöle und andere meist flüssige Abfälle aufbereitet – und eben belastetes Abwasser. Da es nur wenige Kläranlagen wie die in Wesel gibt, kümmert sich das Unternehmen derzeit um das Schmutzwasser, das die Überschwemmung zurückgelassen hat.
Selbst direkt vor der Anlage riecht es nicht nach Klärwerk. „Wir arbeiten dort, wo noch Geruch entsteht, in einem geschlossenen System“, so Schmidt. Oben auf der Anlage öffnet er einen Deckel. Darunter schäumt das braune Wasser – und jetzt riecht es auch. Die Luft aus den ersten Klärstufen wird abgesaugt und zweifach gereinigt, erklärt der Geschäftsführer: Zunächst wird sie „gewaschen“ und danach durch spezielle Behälter geleitet, in denen Bakterien die Geruchs- und damit auch die Schadstoffe zersetzen.
Kläranlage reinigt verseuchtes Wasser aus den Flutgebieten
Auch die Kläranlage selbst arbeite bei der Reinigung des Wasser wie andere Klärwerke mit Bakterien, so Schmidt, nur eben sehr viel spezialisierter. Die Sattelschlepper pumpen ihre Fracht, die schon in Sonsbeck vorgereinigt wurde, über Rohre in das Klärsystem. Das Abwasser sei am Ende so sauber wie das aus einer städtischen Kläranlage und kann in den Rhein gepumpt werden, versichert Guido Schmidt.
Die Sonsbecker KSR-Gruppe, zu der der Weseler Recyclingbetrieb gehört, sammelt und bereitet jährlich an die 100.000 Tonnen Abfallfälle wie Altöl, Brems- und Kühlflüssigkeit oder belastetes Wasser auf. Nur wenige Prozent der Altstoffe davon sind laut Schmidt „echter“ Abfall, der Großteil wird zu neuwertigen Ölen und Schmierstoffen verarbeitet. Die Bahn ist ebenso Kunde wie große Autohersteller. In Bezug auf den CO2-Ausstoß schneiden die Recycling-Stoffe besser ab als Neuprodukte, so Schmidt, „weil sie mit weniger Aufwand produziert werden als ein Erstprodukt.“
Seit 2013 gibt es den Standort im Weseler Rhein-Lippe-Hafen. Zusätzlich zur schon bestehenden Kläranlage hat das Unternehmen einen weiteren Plan: Seit Jahren läuft das Genehmigungsverfahren für eine Station zur Entgasung von Schiffen. Solche Anlagen sind selten, zum Leidwesen der Rheinanlieger. Auch Wesel war erst Anfang Mai betroffen: Ein starker Dieselgeruch zog nachts durch die Stadt, vermutlich aus einem Schiff, das seinen Tank entgast hat. „Das wird häufig einfach in die Natur geblasen“, weiß Schmidt. Das ist nicht nur lästig, sondern auch umweltschädlich.
Anlage zur Schiffsentgasung und Reinigung im Rhein-Lippe-Hafen in Planung
Im Hafenbecken soll ein Steiger entstehen, wo die Gase aus dem Schiffsrumpf abgesaugt und über Rohre zum Betrieb transportiert werden. Das Gas wird in Strom und letztendlich in Wasserstoff verwandelt – ein nützlicher und zukunftsträchtiger Rohstoff. Nicht nur Gase, sondern auch Öle, Schmutzwasser und sonstige Abfälle werden die Schiffe in Wesel entsorgen können, komplette Schiffsreinigungen sollen zum „Entsorgungspaket“ gehören.
Der benötigte Strom dafür werde zum Teil selbst produziert, zum Teil als grüner Strom eingekauft. Gerne würde der Betrieb noch Wind- oder Solaranlagen aufstellen, doch dafür fehlen derzeit die Grundstücke.
Nächstes Ziel ist erst einmal die Genehmigung der Entsorgungsanlage für die Binnenschifffahrt. Das Verfahren wird, hofft Schmidt, 2022 beendet sein. Im November steht noch eine öffentliche Anhörung aus. Bis der Betrieb laufen kann, werden noch Jahre vergehen. Aber sie wird benötigt, davon ist der Geschäftsführer überzeugt: „Es gibt solche Anlagen bisher nur in Holland.“