Kreis Wesel. Statt sich über Windräder zu ärgern, könnten Anlieger Geld damit verdienen, so die Idee der Bürgerwindparks. Was dafür und was dagegen spricht.

Erneuerbare Energien, in erster Linie Photovoltaik und Windenergie, sind die Zukunft. Allerdings endete die Akzeptanz in früheren Jahren meist vor der eigenen Haustür, besonders bei Windkraft. Die Klimadebatte, vor allem aber die Sorge um die Energiesicherheit, bewegt jetzt etwas in den Köpfen. Besonders dann, wenn Anwohner auch für ihren eigenen Geldbeutel etwas tun können, das Stichwort: Bürgerwindparks. Für die Kreis Weseler CDU kommt mit dem Wind-an-Land-Gesetz die Aussicht für Kommunen und Bürger im Kreis Wesel auf mehr solcher Projekte. Es lockert Abstandsregeln und Naturschutzbedingungen. Welche Chancen bieten Bürgerwindparks – wo lauern Risiken?

„Finanztest“ der Stiftung Warentest hat sich schon früh mit dem Thema befasst – und warnt, zusammengefasst: Bei den untersuchten Projekten konnten die Renditeversprechen nicht eingehalten werden, die Gesellschafter, also die Bürger, trugen hohe Risiken und Lasten, so der Tenor. Beim Modell Bürgerwindpark sind die Anleger Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft (GmbH & Co. KG), investieren beispielsweise mindestens 3000, höchstens 10.000 Euro, festgelegt auf rund 20 Jahre.

Im Gegenzug profitieren sie dann von der Einspeisevergütung. Ein Modell mit Haken und Ösen, sagt Finanztest und rät, sich gut zu informieren. „Machen Sie sich klar, dass Sie damit unternehmerische Risiken eingehen. Investieren Sie nur, wenn Sie das Geld viele Jahre nicht brauchen und einen Total­verlust verkraften können“, heißt es da. Klingt nicht nach einem Modell für Kleinanleger, oder?

Kleine Gemeinde in der Eifel macht es vor

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Frank Berger, CDU-Fraktionschef im Kreis Wesel, schätzt unter den aktuellen technischen und rechtlichen Bedingungen die Chancen für Anleger und Kommunen deutlich höher ein. „Windkraft ist eine relativ sichere Anlage“, sagt er und führt als Beispiel die Gemeinde Simmerath in der Eifel an.

Kleinere Kommunen, die über Flächen und eventuell interessierte Landwirte verfügen, haben gegenüber den Städten hier einen klaren Vorteil, sagt Berger auch mit Blick auf den Kreis Wesel. Kommunen könnten zusammen mit ihren Bürgern investieren, auch der Kreis – der selbst kaum Fläche hat – könnte als Gesellschafter einsteigen, so die Idee. Die allerdings soll erstmal von der Verwaltung geprüft werden, die CDU-Fraktion rechne im Frühjahr mit den Ergebnissen. Warum sollen Bürgerwindparks heute so viel mehr Rendite für die Anleger bringen als noch vor fünf Jahren? Berger führt an, dass die Erschließung der Flächen durch die neue Gesetzgebung einfacher sei, dass neue Technik „mehr Megawatt produziert, als man sich noch vor zehn bis zwölf Jahren hätte vorstellen können“, dass die Stückkosten für die Anlagen inzwischen gesunken seien, man alte Anlagen modernisieren könne („Repowering“). Zudem sieht er Chancen in der Beteiligung der Kommunen.

Im Kreis Wesel seien zudem die Flächen jetzt aufgewertet: „Früher hat man Windräder dorthin gesetzt, wo der meiste Wind ist. Auf die Höhenzüge der Eifel beispielsweise“, sagt Frank Berger. Dort sei aber wenig mehr möglich, mit den neuen Kriterien und der neuen Technik kämen nun Flächen ins Spiel, die früher nicht in Frage kamen, im Kreis Wesel beispielsweise. „Wir sehen für alle Beteiligten die Möglichkeit, Geld zu verdienen.“ Zumal die Leistung der Windräder höher sei als die der diskutierten Freiland-Photovoltaik und weniger Fläche verbrauche. Windkraft entwickle ihre Stärken zudem in der dunklen Jahreszeit, wenn Photovoltaik im Nachteil ist. „Das Rad dreht sich, egal ob die Sonne scheint“, und über zu wenig Wind könne man am Niederrhein im Herbst und im Winter nicht klagen.

Windkraft ist notwendig, um das Thema Wasserstoff voran zu bringen

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Weiteres Argument für Berger ist das Zukunftsthema Wasserstoff: Die Erzeugung benötigt Strom, laut Fraunhofer-Gesellschaft sind 55 Kilowattstunden notwendig, um ein Kilogramm Wasserstoff zu produzieren. Dass den Bürgerwindparks die Abnehmer ausgehen könnten, scheint da unwahrscheinlich.

Der Kreis Wesel selbst ist lediglich Genehmigungsbehörde für Windkraftanlagen, muss darauf achten, dass der Landesentwicklungsplan und Naturschutzgesetze eingehalten werden. Um mehr Bürgerwindparks in den Kreis Wesel zu bekommen, müssten die planenden Gemeinden beim Regionalverband Ruhr eine Änderung des Flächennutzungsplans beantragen, es folgt ein Regionalplanänderungsverfahren - der RVR sei dafür offen, sagt Berger. Allerdings hatte der Kreis Wesel bislang immer mitgeteilt, die Möglichkeiten zum Windkraftausbau seien begrenzt.

Wer trotz dieser positiven Erwartungen andere Modelle sucht, findet Möglichkeiten, sich an Windparks zu beteiligen. Ein Beispiel dafür ist der SL Windpark Wesel, GmbH, eine Tochter der SL-Naturenergie-Unternehmensgruppe, mit einem Projekt im Bereich Büderich/Ginderich. Sprecherin Stefanie Flam erläutert, dass in diesem Modell die investierenden Anlieger nicht zum Gesellschafter mit allen Risiken werden. Sie investieren, bekommen jährlich einen festgelegten Zins ausgezahlt und am Ende der Laufzeit ihre Investition zurück. Es ist ein Nachrangdarlehen, im Falle einer Insolvenz des Unternehmens also nicht risikofrei. Dennoch war die Nachfrage hoch.