Schermbeck. Ratsherr Roth fordert jetzt den sofortigen Abbruch des Experiments. Das Chaos scheint sich jedoch zu legen, die Autofahrer arrangieren sich.
Seit über einer Woche läuft jetzt der Verkehrsversuch in Schermbeck bereits – und zumindest in den Sozialen Medien kocht die Diskussion über dieses Experiment nach wie vor. Auch die Politik mischt mit: Unter anderem fordert Ratsherr Klaus Roth (Bürger für Bürger) einen Abbruch des Verkehrsversuchs.
Die externen Verkehrsplaner hatten im Vorfeld angekündigt, dass es zu Beginn des Versuchs zu ein paar Tagen Chaos kommen werde. Dies sei ganz normal, weil sich die Verkehrsteilnehmer erstmal an die Änderungen gewöhnen müssten. Dass die Situation zum Start aber fast eskaliert wäre, weil sich rund 50 Anwohner der Marellenkämpe mit den Änderungen nicht einverstanden zeigten, hatten die Planer nicht vorhergesagt. Durch sein besonnenes Auftreten konnte Bürgermeister Mike Rexforth jedoch glücklicherweise eine Eskalation vermeiden.
Unfall führt zu Ausfall der Schranke
Mit teils gewagten Behauptungen hatten mehrere Schermbecker, die offenbar gegen den Versuch sind, unter anderem eine Schließung der Marellenkämpe verlangt. So wurde schon beim Start von mehreren Anwohnern behauptet, es werde schon in Kürze mehrere schwere Unfälle mit Radfahrern dort geben. „Müssen erst Kinder verletzt werden?“, fragten einige Passanten. Laut Polizei liege jedoch bisher keine Meldung über einen Unfall in diesem Bereich vor. Allerdings sei die Schranke an der Mittelstraße/Ecke Schienebergstege am Sonntagabend gegen 20.45 Uhr durch einen Verkehrsunfall beschädigt worden.
Klaus Roth begründet seine Forderung nach einem Stopp des Versuchs so: „Die ersten Tage des Verkehrsversuches haben viel Unverständnis über die Verkehrsführung und Bürgerproteste ausgelöst. Behinderte und ältere Mitbürger wissen nicht, wie sie ihren Hausarzt erreichen können. Die leere Mittelstraße und die geringe Anzahl an Parkflächen wird sicherlich dazu führen, dass viele Schermbecker ihre Einkäufe demnächst in Dorsten oder Hünxe erledigen. Nicht unerwähnt möchte ich lassen, dass die weiteren Wege im Autoverkehr über die B 58 zu einem steigenden Treibhausgasausstoß führen werden.“
„Die Bürger hatten mehrheitlich für eine Einbahnstraßenregelung gestimmt. Ebenso wurde frühzeitig auf die Probleme an der Marellenkämpe hingewiesen. Hat die Politik beides nicht interessiert“, behauptet ein Kritiker, der noch zu den gemäßigten Kommentatoren zählt. Mehrere Personen äußern sich bei Facebook sehr kritisch, sind aber nicht bereit auf Rückfragen zu reagieren. So stellt jemand, der den Verkehrsversuch als „Müll“ bezeichnet, die Frage, warum die Mittelstraße verkehrsfrei sein solle und erklärt dazu: „Wo ist da die Logik, außer Ärger?“ Ausführliche Antworten genau dazu gab es in zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen, Presseberichten und in einem ausführlichen Erklärvideo der Gemeinde Schermbeck. Fakt ist: Jetzt schimpfen dutzende Leute über den Verkehrsversuch und werfen (teils berechtigte) Fragen auf. Während der Planungs-und Entscheidungsphase kamen jedoch nur ganz wenige Bürger zu den politischen Sitzungen und nutzen die Möglichkeit, dort den Politikern Fragen zu stellen.
Auch die Schermbecker Werbegemeinschaft hat sich zu dem Verkehrsversuch geäußert: „Im Schermbecker Ortskern ist das Verkehrsexperiment Netztrennung gestartet. Als Unternehmer im Schermbecker Kerngebiet sind wir durch die Änderungen der Verkehrsführung vielfältig betroffen: Unsere Kunden und Patienten, Lieferanten, Mitarbeiter oder Besucher müssen sich an die neuen Pkw-Routen gewöhnen oder sollen alternative Verkehrsmittel nutzen“, erklärt der Vorstand. Von Anfang an sei klar gewesen, dass es in den ersten Tagen zu „chaotischen Szenen“ kommen würde. „Wir hoffen, dass sich die Lage in den nächsten Tagen entspannt und werden die Entwicklungen aufmerksam beobachten“, so die Dachorganisation der Kaufleute, die sich jetzt mit einem Fragebogen an ihre Kunden wenden.
Kaufleute wollen Daten erheben und dann urteilen
„Sollte es zu auffälligen Störungen oder Veränderungen im Kundenverhalten kommen oder gar zu einer belegbaren Abwanderung der Kaufkraft aus unserer Gemeinde, dann müssen wir dieses mit Hilfe der Kunden dokumentieren und zügig Gespräche mit der Politik suchen“, so die Begründung und die daraus sich anschließende Schlussfolgerung: „Dann muss es schnelle Nachbesserungen oder gar den Abbruch dieses Experimentes geben.“ Doch grundsätzlich sagt die Werbegemeinschaft: „Wir geben dem Verkehrskonzept aktuell die Chance, die es braucht, um aussagekräftige Schlussfolgerungen ziehen zu können.“