Wesel/Hünxe/Schermbeck. Die handwerklichen Metzgereien in der Region klagen über Personalnot. Welche Betriebe es in Wesel, Hünxe und Schermbeck überhaupt noch gibt.
Wilhelm Tepaß hat ein großes Ziel: Er möchte seine Metzgerei weiterführen, bis er 66 Jahre alt ist. „Dann werden wir 100 Jahre alt“, begründet der heute 55-Jährige Fleischermeister, der viel weiter als diese elf Jahre allerdings nicht voraus zu denken wagt. Seit drei Generationen gibt es seinen Familienbetrieb, der in der Pastor-Wolf-Straße im Herzen von Büderich seinen Sitz hat. Doch die Situation in der Branche ist schwierig.
Tepaß ist Innungs-Lehrlingswart und sagt: „Das ist mein erstes Jahr ohne Lehrling!“ Dabei stehe angehenden Metzgern eine „goldene Zukunft“ bevor. Doch es werde immer schwerer, Jugendliche für diese Arbeit zu begeistern, sagt er leicht resignierend: „Manche jungen Leute scheinen die Arbeit allgemein abzulehnen. Ich hatte schon Praktikanten, die sind nach dem ersten Tag abends todmüde ins Bett gefallen und hatten dann keine Lust mehr.“ Aus seiner Sicht werde vielen Heranwachsenden beigebracht, dass man durchs Leben gehen könnte, ohne hart zu arbeiten. Diese Entwicklung sei fatal.
Metzgerei in Wesel: Helga Tepaß steht noch mit 86 Jahren im Laden
Dass sich kaum noch Auszubildende finden, stimmt den Lehrlingswart traurig. Das Personal fehle an allen Ecken und Enden. Wie kommt die Metzgerei damit zurecht? „Meine Mutter Helga arbeitet noch immer im Verkauf mit – mit 86 Jahren!“ Als letzter handwerklicher Schlachtbetrieb in Wesel könne sein Familienunternehmen heimisches Schweine- und Rindfleisch anbieten. „Nur kürzeste Wege, moderne und erfahrene Handhabung können eine schonende Schlachtung gewährleisten“, erklärt Tepaß.
Schon seit 1875 gibt es die Metzgerei Lemken in Xanten – Ludger Lemken ist Fleischermeister und führt den Betrieb in der fünften Generation. Der 54-Jährige hat die Fleischerei seines Vaters auf ein breiteres Fundament gestellt, zum handwerklichen Betrieb des Schlachters komme der Verkauf im Laden und ein Catering für Gastronomie und Privatkunden, so seine Philosophie.
Seit 2013 betreibt Lemken neben dem Hauptsitz in Xanten eine zweite Filiale in der Brückstraße in Wesels Fußgängerzone. Wie sein Kollege Tepaß sagt auch er: „Mein Beruf ist der tollste Job unter Gottes Sonne!“ Auch er könne nicht verstehen, warum so wenige Schulabgänger diese Karriere einschlagen. Denn: „Unser Job ist doch die Grundlage für alles: Ohne Bauern und Metzger würde gar nichts laufen“, so Lemken.
Frank Krechter ist Inhaber der gleichlautenden Landschlachterei an der Wachtenbrinker Weg 30a in Schermbeck – er verarbeitet Schweine und Rinder, die zuvor im Umkreis von zehn Kilometern gelebt haben. Der Metzger hat die Erfahrung gemacht, dass die Kunden grundsätzlich Interesse an regionalem Fleisch haben, allerdings gibt es nach seinen Beobachtungen starke Schwankungen in der Nachfrage: „Nach Corona waren alle plötzlich wie bekloppt auf Fleisch mit regionaler Herkunft – da hat sich die Nachfrage verdoppelt“, so der 58-Jährige, der aber direkt ergänzt: „Aber dann kam der Ukraine-Krieg und die Energie-Krise und die Menschen haben sich das fehlende Geld vom Mund abgespart.“
Eine weitere Metzgerei in der Region gibt es Hünxe: Die Fleischerei Bellendorf mit Hauptsitz in Dorsten betreibt eine ihrer fünf Filialen an der Dorstener Staße 41, die zuvor viele Jahre Jutta und Ludger Vlaswinkel geführt hatten. „Wir halten und züchten bereits seit über 20 Jahren Rinder und legen dabei viel Wert auf artgerechte Haltung: Unsere Rinder verbringen den Sommer über im Herdenverband auf den saftigen Wiesen der Lippe-Auen“, schildert Geschäftsführer Josef Bellendorf, dessen Metzgerei seit 1780 nach alten Familienrezepten arbeitet.