Wesel. Eigene Schlachtung, artgerecht gehaltene Tiere – Fleischermeister Wilhelm Tepaß in Wesel zeigt, wie es gehen kann. Aber Qualität kostet auch.
Der Blick auf die industrielle Fleischproduktion, den die Corona-Hotspots Tönnies und Westfleisch freigegeben hat, verdarb manchem den Appetit. Das muss doch auch anders gehen? Geht es. Wilhelm Tepaß, Fleischermeister in dritter Generation, macht das in Büderich vor.
Er hat den letzten handwerklichen Schlachtbetrieb in Wesel und zählt aktuell mehr Kunden als zuvor – ein Profiteur der Krise ist er dennoch nicht: Der Partyservice, wichtigstes Standbein des Betriebes, liegt brach.
Schweine aus einer artgerechten Haltung
Sechs bis zehn Schweine schlachtet und verarbeitet Tepaß wöchentlich, sucht sie selbst aus, transportiert sie auch eigenhändig. Nicht irgendwelche, die Tiere kommen von Bauer Sebastian Deckers aus Vynen, sind auf Stroh gehalten, haben viel Platz, Freilauf und werden auf natürliche Weise gezüchtet. Sie sind nicht kupiert und behalten ihre Eckzähne, werden neun statt sechs Monate gemästet – das Fleisch hat eine besondere Qualität, aber auch seinen Preis.
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Montag ist Schlachttag, das gehe sehr schonend weil ruhig ab – das ist wichtig, um keinen Stress auszulösen. Die Schweine werden betäubt und ausgeblutet, Panik komme bei den Tieren nicht auf. Schweine, alle zwei Wochen auch ein Rind und hin und wieder Schafe, auf Bestellung.
„Am liebsten würde ich beim Bauern schlachten, um den Tieren die Fahrt zu ersparen. Das ist aber nicht erlaubt“, erklärt der Fleischermeister. 86 Jahre gibt es die Metzgerei bereits an der Pastor-Wolf-Straße. Jüngst musste Wilhelm Tepaß eine EU-Zulassung erwerben, um weiter schlachten zu dürfen. „Jetzt darf ich mein Fleisch in der ganzen EU verkaufen. Das wollte ich auch immer“, witzelt er trocken.
Die Kunden stehen derzeit Schlange – nur zwei dürfen in den Laden
„Die meisten meiner Kunden sind Stammkunden“, sagt Tepaß, der die geschlachteten Tiere selbst verarbeitet, wurstet, räuchert und zehn Mitarbeiter beschäftigt. Er ist ehrlich: „Für Partyservice, eine Hochzeitsgesellschaft beispielsweise, kann ich nicht selbst schlachten. Da brauche ich mitunter 100 Filets...“ Dann kauft er regional. Im Laden geht – außer im Weihnachtsgeschäft – nur selbst Geschlachtetes über die Theke, mit Ausnahme des Geflügels.
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Die Fleischerei ist Teil des Dorfes – „ich setze Anzeigen ins Vereinsblatt, bin dabei, wenn die Bambinis ein Trikot brauchen oder die Tanzgarde Trainingsanzüge – irgendwo muss das Geld aber auch erwirtschaftet werden, sagt Tepaß. Die Stammkunden schätzen das, „nur wenn ein Grillfest ansteht, darf es auch mal der Mitbewerber sein“, sagt der 52-Jährige und schmunzelt.
Freitags und samstags, dann steht die Schlange vor dem Laden an der Pastor-Wolf-Straße mitunter bis zur Evangelischen Kirche, weil nur zwei Kunden in den Laden dürfen. In diesen Tagen sind viele neue Gesichter darunter. Wachsen will der Büdericher nicht, obwohl die Nachfrage gestiegen ist. „Wir sind ausgelastet. Wollten wir mehr, müssten wir es wie die Großen machen.“ Das ist für ihn und seine Frau Angelika nicht erstrebenswert. Obwohl er zugibt, dass es derzeit ohne die großen Betriebe gar nicht geht: Kleine Fleischereien wie die seine sind im Aussterben begriffen.