Wesel. Im Betrieb von Wilhelm Tepaß in Wesel-Büderich hat der einzige Fleischerlehrling im gesamten Kreis Wesel seine Ausbildung abgeschlossen.

„Gott segne das ehrbare Handwerk“ steht auf einem großen Schild am Eingang der Büdericher Fleischerei und Metzgerei Tepaß – daneben zeigt der Zusatz „seit 1934“, dass hier an der Pastor-Wolf-Straße im Ortskern des linksrheinischen Weseler Stadtteils ein traditionelles Familienunternehmen beheimatet ist, das schon in der dritten Generation existiert. Vor wenigen Tagen beendete Tom Juschkat hier seine Ausbildung erfolgreich, wie es eigentlich dutzende Fleischer- und Metzger-Lehrlinge Jahr für Jahr machen. Das Besondere: Der 20-Jährige ist in diesem Jahr der einzige seiner Zunft aus dem Kreis Wesel. Genau das treibt seinem Ausbilder, Fleischermeister Wilhelm Tepaß, große Sorgenfalten auf die Stirn.

„Die Lage ist sehr dramatisch“, sagt der 53-Jährige, der zum Vergleich eine Zahl aus dem Jahr 1986 nennt: „Damals hatten wir allein im ehemaligen Kreis Moers 76 Fleischer und Verkäufer“. Tom Juschkat, ebenfalls aus Büderich, ist die große Ausnahme, allerdings ist seine Situation auch eine außergewöhnliche: Ihm wurde das Fleischerhandwerk quasi in die Wiege gelegt. Als seine Freunde noch davon träumten, Astronaut oder Pilot zu werden, war für den jungen Tom schon kurz nach dem Kindergarten klar, dass er Metzger wird – genau wie sein Vater Oliver Juschkat. „Er hat mich schon ganz früh immer mitgenommen und die Arbeit hat mich direkt begeistert. Ich hatte nie einen anderen Berufswunsch“, erzählt der heute 20-Jährige.

Azubis in Wesel-Büderich: Vorerfahrungen waren ein Glücksfall

Das sei natürlich ein Glücksfall merkt sein Ausbilder Tepaß an: „Bei ihm merkte man natürlich sofort, was er schon alles kann“, erinnert sich der Fleischermeister über die ersten Tage seines Auszubildenden im Betrieb. Kein Wunder also, dass Tom Juschkat die Lehre nach drei Jahren mit der Note 1,8 erfolgreich abschloss. Nun hat er eine Stelle in der Dinslakener Metzgerei Rockhoff angenommen, um erstmal neue Erfahrungen in einem anderen Betrieb zu sammeln, doch auch Wilhelm Tepaß sagt: „Ich hätte ihn natürlich gerne übernommen.“

Tom Juschkat zeigt im Kühlhaus der Metzgerei Tepaß, wie ein Fleischer arbeitet.
Tom Juschkat zeigt im Kühlhaus der Metzgerei Tepaß, wie ein Fleischer arbeitet. © Johannes Kruck

Auch hier klingen die Nachwuchssorgen wieder durch. In wenigen Wochen startet offiziell am 1. August das neue Ausbildungsjahr – doch Wilhelm Tepaß hat diesmal noch keinen neuen Azubi. Woran liegt das?

„Ich weiß es nicht“, gibt der Fleischermeister zu und berichtet von einer 17-jährigen Praktikantin, die neulich in seinem Betrieb reinschnuppern wollte. Tepaß hatte Hoffnung, sie für eine Ausbildung zu begeistern, doch schon nach wenigen Tagen winkte sie ab. „Den Rücken“ habe sie als Grund genannt und sich dann lieber nach einer anderen Lehrstelle umgesehen.

„Das Handwerk hat nicht mehr den Stellenwert wie früher“, sagt der 53-Jährige, der vermutet, dass viele Eltern sich wünschen, dass ihre Kinder nicht schwer körperlich arbeiten müssen. Dabei gebe es heutzutage so viele Hilfsmittel, die auch Fleischer und Metzger die Arbeit enorm erleichtern.

Handwerkliches Geschick von Vorteil

Ein wenig handwerkliches Geschick ist allerdings zum Start in die Ausbildung durchaus von Vorteil, wie auch der frischgebackene Geselle Tom Juschkat berichtet: „Ich habe schon immer gerne an Mofas rumgeschraubt“, so der Büdericher, der außerdem eine eigene Hühnerzucht betrieb.

Sein Ausbilder wirbt trotz der Flaute an Nachwuchskräften weiter für seine Zunft: „Viele essen gerne Wurst oder Grillfleisch, immer mehr sei auch die Herkunft wichtig“, erläutert Wilhelm Tepaß. Ohne Fleischer und Metzger gehe es einfach nicht. Tepaß hofft, in zwölf Jahren noch das 100-jährige Bestehen seines Betriebes feiern zu können. Dafür benötige es aber auch junge Leute wie Tom Juschkat, die sich für das Metzger-Handwerk begeistern.