Oberhausen. Das Oberhausener Sparpaket umfasst 34 Einschnitte - und wurde von einer breiten Ratsmehrheit genehmigt. Ein Punkt regt vor allem die Gemüter auf.
Höhere Hundesteuer, mehr Vergnügungssteuer, höhere Friedhofsgebühren: Die Finanznot der Oberhausener Stadtkasse ist so groß, dass sich die Politiker im Oberhausener Stadtrat am Montagnachmittag gezwungen sahen, ein über zehn Jahre laufendes Sparpaket durchzuwinken, dass Bürger stärker belastet und Dienstleistungen in der Stadt kappt.
Das 35-Millionen-Euro-Sparpaket der Stadtspitze fand im Wesentlichen die Zustimmung der Mehrheit der 53 anwesenden Ratspolitiker. Zugestimmt haben SPD (17 Sitze), CDU (17) und das Bürgerbündnis BOB (2): 36 von 53 Stimmen. Dagegen stimmten die Linken (3), die Grünen (8), die FDP (2) und die AfD (4). Der Rat wendete damit vorerst ein noch härteres Spardiktat durch die Kommunalaufsicht aus Düsseldorf ab. Denn die Einschnitte sorgen zusammen mit künftigen Steuermehreinnahmen dafür, dass das derzeitige 100-Millionen-Euro-Finanzloch innerhalb von zehn Jahren geschlossen werden kann. Damit werden die Haushaltsgesetze des Landes eingehalten, der Haushalt ist genehmigungsfähig.
Hohe Sozial- und Personalkosten machen Oberhausen zu schaffen
Die Ebbe im Haushalt 2024 ist angesichts von erwarteten Ausgaben in Höhe von 1,1 Milliarden Euro bei Einnahmen von knapp über einer Milliarde Euro entstanden, weil Steuereinnahmen durch die Wirtschaftskrise gesunken sind, zugleich aber Ausgaben drastisch steigen. So sind die Zinskosten für die Schuldenlast von zwei Milliarden Euro genauso geklettert, wie die Ausgaben für Flüchtlinge, Arbeitslose, Stadtbedienstete und die Betreuung schwieriger Familien. Die Sozialkosten machen bereits die Hälfte der Ausgaben aus, die Personalkosten ein Viertel.
Mit der Zustimmung des Rates am Montag sind nun die Leitplanken des Sparpakets festgezurrt, nach und nach wird die Rathaus-Führung die beschlossenen 34 Einschnitte umsetzen und zum Teil in Verordnungen einarbeiten, die dem Rat erneut vorgelegt werden.
Bei einigen Einschnitten setzen Fraktionen von CDU und FDP Änderungen durch, dabei durchaus überraschende. So fallen die Einführung der Bettensteuer und die geplante Parkgebührenanhebung weg. Nach der Entscheidung von Montag sieht die Sparliste so aus:
Vergnügungssteuer: Wer Glücksspielautomaten betreibt, Tanz-/Musikveranstaltungen organisiert oder Prostitution ermöglicht, muss künftig statt 22 Prozent an Vergnügungssteuer 24 Prozent zahlen – eine Mehreinnahme von 530.000 Euro im Jahr.
Grundsteuer C: Oberhausen führt die seit 2019 erlaubte Grundsteuer C für baureife Grundstücke ein – so wird eine halbe Million Euro ab 2025 mehr eingenommen.
Verpackungssteuer: Die neue Verpackungssteuer für Gastronomen, die bei Auslieferung oder Abholung ihrer Speisen und Getränke noch Einwegschachteln verwenden, soll ab dem Jahr 2026 rund 250.000 Euro einbringen.
Höhere Friedhofsgebühren: Die Stadt will auf ihren Friedhöfen die Gebühren für Bestattungen so weit erhöhen, dass 300.000 Euro mehr eingenommen werden können.
Hundesteuer: Wer einen Hund hält, zahlt in Oberhausen derzeit noch 156 Euro an Hundesteuer, bei zwei Hunden sind es schon 216 Euro je Hund, bei drei und mehr Hunden 252 Euro. Ein Hund sollte nach dem ursprünglichen Vorschlag der Stadtspitze ab diesem Jahr 180 Euro (ein Plus von über 15 Prozent), zwei Hunde jeweils 288 Euro (plus 33 Prozent) kosten – Mehreinnahme: 350.000 Euro. Dies hat die Politik am Montag mit ihrem Beschluss für Halter eines normalen Hundes abgemildert, auch weil Hundehalter schon gegen die Verteuerung für ihr Tier protestierten: Deshalb wird die Steuer für den ersten Hund nur auf 168 Euro erhöht, zum Ausgleich dieser Einnahmeminderung im Vergleich zum Ur-Vorschlag wird aber eine neue Steuer für Kampfhunde von 850 Euro eingeführt.
Insgesamt rechnet die Kämmerei nun mit 400.000 jährlich schon ab diesem Jahr. Zu diesen Listenhunden gehören Alano, American Bulldog, Bullmastiff, Mastiff, Mastino Espanol, Mastino Napoletano, Fila Brasileiro, Dogo Argentino, Rottweiler und Tosa Inu, ferner Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und Bullterrier sowie deren Kreuzungen untereinander und mit anderen Hunden.
Nimmt man die Stimmen auf den Facebook-Seiten im Internet zum Maßstab, erhitzt die Hundesteuer-Erhöhung besonders die Gemüter. Hundehalter halten diese für ungerecht, weil sich einsame Ältere künftig keinen Hund mehr halten könnten, zumal auch die Gebühren der Tierärzte explodiert seien. Die hohe Kampfhunde-Steuer treffe diejenigen, die sich zufällig „für eine falsche Hunderasse“ entschieden hätten. Ergebnis der Hundesteuer-Erhöhung sei, dass mehr Hunde an Tierheime abgegeben würden.
Bei der Ausgestaltung der Hundesteuer-Tarife haben sich die Stadtspitze und die CDU auch an den Hundesteuer-Sätzen der Nachbarstädte orientiert. Zum Vergleich: In Bottrop sind es bei einem Hund 120 Euro, bei zwei Hunden 144 Euro je Hund und bei drei und mehr Hunden 180 Euro je Hund. In Mülheim/Ruhr kostet ein Hund 160 Euro, zwei Hunde je 220 Euro und drei Hunde je 250 Euro Steuer. Für Pitbull, American Staffordshire, Staffordshire und Bullterrier sind dort 850 Euro fällig.
Bettensteuer: Fünf Prozent mehr sollten Touristen und Geschäftsleute auf die Übernachtungskosten in Hotels und Pensionen zahlen, der Stadtkämmerer Apostolos Tsalastras hoffte auf eine Mehreinnahme von 900.000 Euro im Jahr. Doch den gerade wieder durchstartenden Städtetourismus wollte die Mehrheit des Rates nicht gefährden, die Bettensteuer wurde abgelehnt.
Neue Blitzer sollen mehr rasende Autofahrer erfassen
Neue Blitzer für Autofahrer: Neue Blitzer sollen drei Millionen Euro mehr einbringen, dabei ist Oberhausen bereits jetzt bundesweit mit besonders vielen Radarfallen ausgestattet – in einem Ranking landete die Stadt auf dem zweiten Platz. Mehr Bußgelder erhofft man sich durch verstärkte Kontrollen der Parkplätze: 250.000 Euro.
Höhere Parkgebühren/neue E-Scooter-Abgabe: Die Parkgebühren sollten nach dem Vorschlag der Stadtspitze auf 1,50 Euro von derzeit 1,00 Euro pro Stunde steigen. Mehreinnahme: 500.000 Euro. Doch CDU und FDP konnten ihren Vorschlag am Montag durchbringen, auf höhere Parkgebühren zu verzichten, um den Besuch der Innenstädte nicht zu gefährden. Einen kleinen Ausgleich (30.000 Euro) für diesen Einnahmeausfall bringt nun die Einführung einer neuen Abgabe für E-Scooter-Verleiher ab 2024, die für die Nutzung des öffentlichen Raums pro Gerät drei Euro je Monat in die Stadtkasse zahlen sollen.
Stadtkämmerer Apostolos Tsalastras (SPD) musste aber noch weitere Einsparmöglichkeiten finden, um im Sparpaket den Wegfall der Hotelsteuer und der Parkgebühren-Erhöhung auszugleichen. Dafür sollen beim Stadtpersonal statt zwei Millionen Euro nun 2,5 Millionen Euro gewonnen werden – durch weniger Stellen. Zudem will man ehrgeiziger Energie in öffentlichen Gebäuden und auf Straßen reduzieren – etwa duch LED-Lampen und Bewegungsmelder. So will die Stadt 1,5 Millionen Euro statt nur eine Million Euro sparen.
Politik spart bei sich selbst: Die Gesamtaufwendungen für Rats-, Fraktions- und Ausschusssitzungen werden um 5 Prozent gekappt – Ersparnis: 120.000 Euro jährlich ab 2026. Die Zahl der ehrenamtlich tätigen Bürgermeister bleibt bei drei. Die CDU setzte sich mit ihrer Idee, nur noch zwei statt drei Bürgermeister zu berufen, nicht durch. Nur CDU, FDP und AfD stimmten dafür, SPD, Linke und Grüne waren gegen diese Einsparung.
Weniger direkt treffen die Bürger andere Einschnitte des Sparpakets. So sollen die Sparkasse und die Energieversorgung Oberhausen (EVO) mehr Gewinn an die Stadt abgeben, die Wirtschaftsbetriebe Oberhausen WBO, zuständig für Müllabfuhr und Straßenreinigung, 500.000 Euro wegkürzen, die Stoag erhält bis zu fünf Millionen Euro weniger Zuschuss.
Und Flüchtlinge, die bisher nur einen Duldungsstatus haben, aber durch neue Gesetze einen besseren Aufenthaltsstatus erlangen können, sollen von der Stadt motiviert werden, diesen Papierkram anzugehen – und wechseln dann zum Kostenträger Jobcenter (zwei Millionen Euro Ersparnis). Millionen Euro einsparen will man auch durch eine andere Organisation bei der Betreuung von problemreichen Familien.
Im Gegensatz zur CDU und zur FDP legten weder die SPD noch die Grünen einen eigenen Antrag mit Änderungen des Sparpakets vor. Begründet wird dies von der SPD-Ratsfraktion so: „Wer einen Punkt streicht, muss einen realistischen Vorschlag vorlegen, wie man anders die Summe hereinholt. Doch aus einer ausgequetschten Zitrone kann man keinen Saft mehr herausdrücken.“
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